Von Serienkillern und Terroristen

Es ist kein Zufall, dass die Geschichte vom „Zodiac Killer“ drei aktuellen Produktionen als Vorlage dient. David Fincher bringt seine Adaption des Stoffes im kommenden Jahr in die Kinos, und Uli Lommel lieferte mit seinem „Zodiac Killer“ einen Film ab, in dem ein Nachahmungstäter auf den Spuren des realen Serienmörders wandelt. „The Zodiac“ heißt der Beitrag von Alex Bulkley, und bereits er macht deutlich, warum sich dieser Serienmordfall gerade besonders gut für eine Verfilmung eignet.

Die letzte Szene des Films zeigt eine Gruppe besorgter Eltern, die ihre Kinder zum Schulbus bringen. Die Türen des Busses schließen sich, die Eltern schauen dem Bus und den Streifenwagen, die ihn eskortieren, noch hinterher. Grund für diese Angst ist ein Serienmörder, der in einem Brief an die lokale Presse angekündigt hatte, einen Schulbus anzugreifen. Der „Zodiac Killer“, wie er sich selbst nennt, sucht sich seine Opfer rein zufällig, es kann jeden treffen, immer und überall.

Es ist der Mechanismus der Angsterzeugung, der Regisseur Alex Bulkley an diesem Stoff besonders fasziniert hat. Für die – letztlich misslungene – Mörderhatz interessiert sich der Film nicht. Anstatt den „Zodiac Killer“ als Antagonisten zu inszenieren, bleibt dieser stets abstrakt, stilisiert ihn zum Sinnbild einer diffusen Bedrohung für jedermann. Bulkley verwendet seinen kriminalhistorischen Stoff als Metapher für den Terrorismus und erklärt dessen Funktionsweise gleichzeitig. Die Methoden seines Killers sind nicht greifbar oder gar verlässlich, und Motive scheint es für ihn keine zu geben. „Should we start locking our door“, fragt eine Frau einmal ihren Mann, zuerst noch im Scherz, später tut sie es aber tatsächlich. Dieses Gefühl von Freiheit und Sicherheit ist das größte Opfer, das der Zodiac fordert. „This ist he Zodiac speaking“, meldet sich der Mörder am Telefon, wenn er der Presse mal wieder eine Stellungnahme gibt. Nicht seine Taten stehen im Vordergrund – und das weiß dieser Mörder -, sondern ihre Auswirkungen. Und um diese zu maximieren, muss die Medienwirksamkeit im Vordergrund stehen.

Auch die besonderen Umstände der Morde dienen als Sinnbild für den Verlust von Intimität zu Gunsten (vermeintlicher) Sicherheit: Der „Zodiac Killer“ greift seine Opfer in ihren Autos an, und wählt dabei bevorzugt junge Liebespaare auf abgelegenen Parkplätzen. Oder dann, später im Film, tötet er einen willkürlich ausgewählten Taxifahrer, nachdem ihn dieser am Fahrziel abgesetzt hatte. Das Auto als liebstes Statussymbol der Amerikaner wird zur Zielscheibe des Terrorismus – denn nichts anderes ist es, was der „Zodiac Killer“ hier betreibt. Den im Serienkillerfilm üblichen psychologischen Tatursprung führt Bulkley nämlich schon früh ad absurdum: Da darf ein Profiler nach den ersten beiden Morden den Täter analysieren, und kommt zu dem Schluss, dass der „Zodiac“ seine Opfer wohl erschießt, um körperliche Unzulänglichkeiten zu kompensieren. Prompt folgt der Mord an oben erwähntem Taxifahrer – mit einem Messer. Es ist also nicht die eigentliche Tat, die den „Zodiac Killer“ zufrieden stellt, sondern die Angst der noch lebenden, potentiellen Opfer.

Vor diesem Hintergrund scheint die Flut der Zodiac-Adaptionen beinahe Sinnbild einer Resignation zu sein. „Ich frage mich, wann es einen guten Film über mich geben wird, und wer mich darin wohl spielt“, sinniert der Killer in seinem letzten Brief an die Öffentlichkeit. Der Film tritt mit diesem Zitat in direkten Dialog zu seiner realen Vorlage und beantwortet beide Fragen gleichzeitig. Jetzt ist die Zeit für einen Film darüber, weil es genau jetzt wieder diese diffuse Angst gibt. Ihr Gesicht – und damit auch der Schauspieler des Zodiac-Killers – ist dabei egal.

The Zodiac
USA 2005
Regie: Alexander Bulkley
Buch: Kelley Bulkeley, Alexander Bulkley
Kamera: Denis Maloney; Musik: Michael Suby
Mit: Justin Chambers, Rory Culkin, Philip Baker Hall, Robin Tunney, u.v.m.
Laufzeit: 92 Minuten
Verleih: SquareOne Entertainment
noch kein Starttermin

Matthias Huber

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