Britspotting 2011 – Lachen gegen die Terror-Angst

Die CSU – bekanntermaßen ein bayerischer Zusammenschluss von Filmexperten und Medienwirkungs-forschern – will die Terror-Satire „Four Lions“ nicht in deutschen Kinos laufen lassen, weil der Film Moslems verärgern könnte. Damit rückt im Jahr 2011 – neben reaktionär-autoritären Maßnahmen wie Verbot und Zensur – letztlich der Straftatbestand ‚Blasphemie‘ wieder ins Zentrum einer säkularen, westlichen Gesellschaft. Dabei heißt es doch sonst gerade von rechter Seite, die Terroristen hätten ’schon gewonnen‘, wenn wir aus Rücksicht auf sie unseren Lebensstil einschränken würden. In Großbritannien, Frankreich und den Niederlanden – allesamt Staaten mit einem hohen muslimischen Bevölkerungsanteil – lief der Film bereits, zur Überraschung der CSU folgten keinerlei Selbstmordattentate. Ganz im Gegenteil: Kunst kann eine befreiende, Ängste kurzzeitig überwindende Wirkung haben, indem sie uns dazu bringt, über die Gegenstände unserer kollektiven Ängste zu lachen. „Britspotting 2011 – Lachen gegen die Terror-Angst“ weiterlesen

… just a little déjà-vu!

»It’s like freedom and democracy. In the end, China will take over, and none of this will matter.«

Die ersten Minuten kommen äußerst bekannt vor: ein Paar in einem Restaurant, eine Szene voller gegenseitigem Unbehagen, er schenkt ihr einen antiken Aschenbecher. Doch sie scheint ein wenig abgelenkt. Er soll sich nicht sorgen: »… just a little déjà-vu!« Mit einer nahezu identischen Sequenz hatte Todd Solondz bereits „Happiness“, 1998 inszeniert und noch immer sein Meisterwerk, begonnen, jenes Horrorkabinett aus sexuellen Obsessionen und gescheiterten Existenzen, das er nun, eine gute Dekade später, mit „Life during Wartime“ fortschreibt.

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Schuld & Sühne

Er trage keine Waffe mehr, sagt Abu Jandal. Jetzt trage er nur noch einen Stift. Die Feder ist mächtiger als das Schwert, denkt sich da so mancher, und man möchte meinen, der ehemalige Bodyguard Osama Bin Ladens habe sich besonnen und seinen Hass gegen die westlichen „Ungläubigen“ aufgeben. Doch Abu Jandal ist regelmäßig Gastgeber für am Jihad interessierte Jugendliche, um ihre Fragen zu beantworten, und ihnen beizubringen, wie man vernünftig lebt, sich organisiert, mit anderen Menschen umgeht. Er lehrt geschicktere Gotteskrieger, denn er möchte sich dem Feind zwar gerne auf dem Schlachtfeld von Angesicht zu Angesicht stellen, doch Terrorangriffe initiieren möchte er nicht. Nicht jeder kann oder sollte ein Krieger sein, meint er, denn die Bewegung benötigt auch kluge Köpfe.

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Überwachen und Schlafen

Der Beginn von Benjamin Heisenbergs viertem Film „Schläfer“ weckt schon gleich passende Assoziationen: Wir sehen einen Park, durch den Menschen spazieren und belauschen eine Unterhaltung. Welche Position wir dabei einnehmen, bleibt zunächst in der Schwebe: Elemente des Subjektiven deuten sich in den suchenden leichten Schwenks an, objektiven Überblick über die Geschichte suggeriert die Situation des heimlichen Beobachter selbst. Der Verkehrslärm, die Unterhaltung und die Geräusche der Umgebung wecken Erinnerungen an Coppolas „The Conversation“ (1974) – und wie dort wird zwischen den beiden sich unterhaltenden schnell klar, dass es um einen Observationsauftrag geht.
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Ein guter Zuhörer

Die schlimmsten Alpträume sind diejenigen, die man zuerst nicht merkt. Man wähnt sich in Sicherheit und begreift erst allmählich, dass etwas nicht stimmt und die scheinbar vertraute Realität tiefe Brüche aufweist. Die rettende Rückkehr zur „normalen“ Ordnung der Dinge wird in diesem Moment problematisch, da die Gefahr genau dort lauert, wo man früher Normalität vermutete. Der Film von Benjamin Heisenberg bewegt sich in der Ästhetik eines solchen schleichenden Alptraums, der das Banale und Alltägliche ganz subtil durchdringt, um schließlich eine unlösbare Schlinge um die Protagonisten zu bilden.
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