But what are we?

Mexiko weist eine der höchsten Kriminalitätsraten weltweit auf. Entführungen zur Gelderpressung und Morde durch sich bekriegende Drogenbanden gehören zu den täglichen Nachrichten aus dem Land. Dass die dort vor allem in den Städten um sich greifende allgemeine Angst einen kulturellen Ausdruck im Horrorfilm finden würde, war nur eine Frage der Zeit; dass sich daraus allerdings ein Film wie „We are what we are“ entlädt, erscheint schon als Überraschung, denn die Gewalt und das Elend werden hier in einer ganz anderen Soziosphäre identifiziert, als man es erwarten würde: in der Familie.

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Lola spinnt

The Loved Ones
(Aus 2009)
Regie & Buch: Sean Byrne; Kamera: Simon Chapman; Schnitt: Andy Canny
Darsteller: Xavier Samuel, Jessica McNamee, Robin McLeavy, Richard Wilson, Victoria Thaine, John Brumpton, Fred Whitlock, Eden Porter
Länge: 84 Minuten
Verleih: Koch Media

Kamera: Maik Rauhmann

A Nightmare at Melrose Place

Am Anfang wähnt man sich zunächst für ein paar Minuten in „A Nightmare at Melrose Place“. Der Vorspann, die Settings, die Ausleuchtung, die jugendlichen Protagonisten – all das ist auf jene Weise hochgestylt, die Produzent Michael Bay in den 1990er Jahren in das Blockbusterkino eingebracht hat und die im Grunde heute schon hoffnungslos gestrig wirkt. Aber, es wird besser: nur ein bisschen besser zwar, und es dauert auch eine Weile, bis sich dies in Samuel Bayers Remake von Wes Cravens Klassiker „A Nightmare on Elm Street“ von 1984 – einem der besten amerikanischen Filme der 1980er Jahre – bemerkbar macht. Dennoch wird offensichtlich, dass Bayer das Remake-as-usual-Business der Bay’schen Produktionsschmiede Platinum Dunes, die vom „Texas Chainsaw Massacre“ bis zu „The Last House on the Left“ nach und nach den Kanon des sozialkritischen 70er-Jahre-Splatters geglättet und für ein gegenwärtiges Popcornpublikum aufgehübscht hat und nun also in der Folgedekade angekommen ist, hier nicht so ganz mitmachen mag.
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Regarde-Moi

Ein Tag in den Banlieus, im Mittelpunkt die Jugendlichen aus einem Wohnblock. Der Raum ist beengt, überall gibt es Überschneidungen: Man hört die Nachbarn von unten, und unten hört man von oben. Alle kennen sich, vor dem Hause kann man sich nicht bewegen, ohne in irgendeinen zu kennen, den man rennt, mit dem man symbolische Gesten oder (deftigen) Slangtalk austauscht. Man muss etwas hermachen, die Codes kennen. Die älteren sagen den jüngeren, wo’s lang geht. Die Schwarzen – sie sind in der Überzahl – den Weißen, warum sie keine Frauen abkriegen. Die Brüder den Schwestern, was sie zu tun und zu lassen haben. Alter, Geschlecht, sexuelle Präferenz, Hautfarbe stellen den Rahmen all dessen, was getan, gesagt werden kann und darf. Und die Sanktionen bei widerspenstigem Verhalten.

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Dialektik der Aufklärung

Der „Schulmädchen-Report“, eine zwischen 1970 und 1980 entstandene 13-teilige Filmserie, ist ein Phänomen: Mit minimalem Aufwand gedreht, entpuppte sie sich zum absoluten Publikumsmagneten und steht bis heute exemplarisch für den deutschen Softsex-Film der Siebzigerjahre. Basierend auf dem gleichnamigen Aufklärungsbuch von Günther Hunold, das im Zuge der Oswalt-Kolle-Welle erschien (aber durchaus zwiespältig rezipiert wurde), wurde „Schulmädchen-Report“ für rund 250.000 DM in nur wenigen Tagen produziert und erreichte sechs Millionen Zuschauer allein in der Bundesrepublik; wie die schleunigst nachgekurbelten Teile 2 und 3 erhielt er eine Goldene Leinwand. Insgesamt erreichten alle 13 Teile zusammen weltweit mehr als 100 Millionen Zuschauer und machten Hartwig zu einem der erfolgreichsten Filmproduzenten Deutschlands. „Dialektik der Aufklärung“ weiterlesen

Was Urgroßeltern nicht für möglich halten!

Für Produzent Wolf C. Hartwig war es „das Geschäft meines Lebens“, als der deutsche Film 1970 entgültig von der (Aufklärungs)Rolle fiel. Sein pseudodokumentarischer Episodenfilm „Schulmädchen-Report“, der ein Dutzend Sequels und nahezu 50 ähnliche „Report“-Filme nach sich zog, war ein voller finanzieller Erfolg. Grund dafür war einerseits die einfache Idee, die in der Luft zu liegen schien: Was treiben Mädchen zwischen 14 und 18 Jahren nach (und manchmal sogar während) der Schule? Solche Mädchen stellten Hofbauer und Hartwig vor die Kamera und zeigten es den Zuschauern einfach. Die jungen Darstellerinnen – und das ist der andere Grund für den Erfolg des Films – wurden seinerzeit mit Gagen von 300 DM abgefertigt. Auf diese Weise verzahnte das Produzenten-Team des „Schulmädchen-Report“ Ästhetik und Ökonomie derart miteinander, dass das eine das andere voraussetzte.
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