Medienwirkungen

Der Sinn der Medien ist es zu wirken. Informationen sollen zum Nutzer gebracht, Emotionen ausgelöst, Einstellungen geändert und Handlungen forciert werden. Soweit zur Sichtweise der Medienproduktion. Aber was kommt beim Nutzer an und wie „wirken“ Medien und ihre Inhalte tatsächlich? Welchen Einfluss auf das Weltbild und das Verhalten haben Medien? Diese Fragen beschäftigen die sozialwissenschaftliche Medienwirkungsforschung, von der oftmals nur die Frage der „Gewaltwirkung“ als Spitze des Forschungseisberges wahrgenommen wird. Im Westdeutschen Verlag ist nun die zweite Auflage von Michael Jäckels Studienbuch „Medienwirkungen“ erschienen, die eine Einführung in die Theorie(n) und einen Abriss der Forschungsgeschichte liefert.


Ausgehend von der Entwicklung der Massenmedien im Zusammenhang der Entwicklung der Gesellschaft stellt Jäckel eine Forschungsgeschichte voran, in der die zentralen Fragestellungen der Medienwirkungsforschung als die technische Entwicklung begleitende Problemgeschichte verstanden werden. Bis kurz nach dem zweiten Weltkrieg haben sich dabei zwei grundsätzliche Positionen herauskristallisiert, die vom jeweiligen Bild des Rezipienten abhängig sind: Zum einen der Ansatz, der den Mediennutzer als tabula rasa, grundsätzlich beeinflussbar und passiv versteht, zum anderen ein transaktionaler Ansatz, der das Verhältnis zwischen Medien und Nutzer eher als dialogisch beschreibt. Gerade dieser zweite konstruktivistische Ansatz ist der von der Forschung bis heute favorisierte. Jäckel spiegelt die Positionen der Forschung in einem gesamten Kapitel an „spektakulären Beispielen“ – er greift dazu den Fall des Radiohörspiels „Invasion vom Mars“ auf und fragt, inwieweit die Zuhörer die Radioübertragung damals (1938) tatsächlich als „Nachricht“ verstanden haben und ihr Verhalten danach gerichtet haben. Jäckel zitiert einige zeitgenössische Erhebungen und stellt die daraus ableitbaren Wirkungen dem Mythos der „Massenflucht vor den außerirdischen Invasoren“ gegenüber.

Den Großteil des Bandes nehmen weniger „spektakuläre“ Beispiele und Arbeitsfelder der Medienwirkungsforschung ein: So stellt Jäckel die folgenden Forschungsrichtungen nebst deren Geschichte und Vertretern in jeweils einem Kapitel dar: Die Frage der Glaubwürrdigkeit von Medieninhalten, die Frage der Realitätsdarstellung und –beeinflussung, die Frage der Public Relations als Mittel um öffentliche Meinung zu bilden und zu lenken, die makrosoziale Perspektive auf den gesellschaftlichen Wandel durch Massenmedien und die Frage nach der Rolle der Medien bei der Entstehung von Wissenklüften. Auch innerhalb dieser theoretisch ausgerichteten Kapitel bilden Beispiele und Probleme den Aufhänger der Theorie-Entwicklung, so dass stets die „praktische Relevanz“ der Unterdisziplinen betont bleibt.

Der Band erfüllt seinen Zweck als Studienbuch dabei hervorragend: Jedes der Kapitel verfügt über ein Literaturverzeichnis, in dem die referierten Positionen „im Original“ weiterstudiert werden können. Innerhalb der Abhandlungen finden sich eingeschobene Blöcke, die diese Literatur in Auszügen zitieren und die Grundlage der darauf folgenden Auseinandersetzung mit den Positionen bilden. Abbildungen, Tabellen und ein umfangreiches Literaturverzeichnis runden den Eindruck eines soliden und plastischen Einführungswerkes, das durchaus auch zum Selbststudium geeignet ist, ab.

Michael Jäckel
Medienwirkungen
Ein Studienbuch zur Einführung
2., überarbeitete und erweiterte Auflage
Opladen: Westdeutscher Verlag, 2002
351 Seiten (Paperback), 24,90 Euro

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