Kompromissfreudige Vorarbeit

Zwei der wohl interessantesten Filmemacher der Gegenwart erhalten die hierzulande längst überfällige Publikation. Der Freude über diese folgt aber schon nach einem flüchtigen Blick die Ernüchterung. Der Band bringt es gerade einmal auf schmale 200 Seiten, von denen 20 auf Bio-, Filmo- und Bibliografien entfallen.

Da man angesichts der komplexen Filme der Künstler gut und gern die doppelte Seitenanzahl hätte füllen können, wird das Buch getreu dem Motto „In der Kürze liegt die Würze“ zwar niemals langweilig oder redundant, als Leser fühlt man sich aber schon etwas gehetzt, wenn Mammutthemen wie die chinesische Filmgeschichte und -industrie im Vorbeigehen auf fünf Seiten abgehandelt werden. Ein Manko, das man nicht unbedingt den Autoren ankreiden möchte, denen man die Leidenschaft zum Thema jederzeit anmerkt (auch wenn Wong Kar-Wais Kino gegenüber Zhang Yimous eher traditionellen Filmen die deutlich spannenderen Texte inspiriert). Vielmehr zeigt sich schon in der Entscheidung, zwei über ihre Herkunft hinaus kaum miteinander vergleichbare Regisseure in einem Band zu behandeln, welches Schattendasein das chinesische bzw. asiatische Kino bei uns trotz aller marginaler Erfolge immer noch führt.

So müssen Josef Schnelle und Rüdiger Suchsland neben dem eigentlichen Thema ihres Buches noch Grundlagenarbeit leisten, die in der gebotenen Kürze einfach gar nicht zu leisten ist. Ihre Beschreibungen, Beobachtungen und Interpretationen können noch so faszinierend und geistreich sein: Das Buch macht leider einen etwas zerfahrenen Eindruck. Kurzen, den Appetit anregenden Aufsätzen über die Charakteristika der Filme Wong Kar-Wais und Zhang Yimous folgen pflichtschuldig abgehakte Ausflüge in die Geschichte des Martial-Arts-Films, Kapitel über bevorzugte Stammschauspieler und Kollaborateure sowie Interviews mit den Regisseuren, die die zweifelsfrei vorhandene Substanz unweigerlich verwässern. So wird das Themengebiet zwar gut abgesteckt (was laut der Einleitung ja auch der Zweck des Bandes sein sollte), tiefere Einsichten bleiben dabei aber leider auf der Strecke. Letzten Endes bleibt eine wahrscheinlich zwar unumgängliche, aber nichtsdestotrotz unbefriedigende Grundlagenarbeit, der hoffentlich umfangreichere, weniger durch Kompromisse eingeschränkte Arbeiten folgen werden.

Josef Schnelle/Rüdiger Suchsland:
Zeichen und Wunder – Das Kino Zhang Yimous und Wong Kar-Wais
Marburg: Schüren 2008.
208 Seiten (broschiert), 19,90 Euro.

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