Kaffee ohne Zucker ist kein Kaffee

Ressentiments über das Studentenleben und den Universitätsbetrieb existieren zu genüge. Man braucht bloß einen Blick in die einschlägige Campus-Literatur zu werfen oder sich Filme anzusehen, die in diesem Milieu spielen. Zumeist wird man dort auf Klischees vom Studentendasein und/oder bestimmten Studiengebieten treffen. Zum Bild der Literaturwissenschaft und der mit ihnen beschäftigten gehört offenbar die Vorstellung, dass es alles verhinderte Dichter sind, die nur mangels Gelgenheit die Seiten gewechselt haben, das Schreiben aber dennoch nicht lassen können. Desweiteren wird Geisteswissenschaft nicht selten auf das Daherbeten von Scheinparadoxien, die klug klingen, jedoch eigentlich dumm sind, reduziert. Emmanuel Bourdieus Film “Poison Friends” steht dem in nichts nach – im Gegenteil radikalisiert es dieses Bild noch dadurch, dass er seinen akademischen Protagonisten völlig unglaubwürdige Geschichten auf den Leib schreibt.

poisonfriends.jpg Der Film erzählt die Geschichte der Kommilitonen Eloi, Alexandre und André. Letzerer ist so etwas wie das intellektuelle Vorbild. Um diesem Bild gerecht zu werden, häuft er Unmengen an Bücher an, strebt ehrgeizige Projekte an und stellt provokative Thesen auf. Eine davon ist, dass ein wirklich kreativer Geist es nicht nötig hat “zu schreiben” (also literarisch zu schreiben) – ein Aphorismus, den er bei Karl Kraus entlehnt hat. Er stößt seine Kommilitonen regelrecht vor den Kopf und beleidigt sie, wenn sie sich ihm widersetzen. Was sie jedoch nicht wissen, ist, dass er André selbst große Probleme hat: Sein Professor will seine Abschlussarbeit wegen erheblicher Schwächen nicht länger betreuen und gibt ihm ein schlechtes Diplom. Anstatt nach Amerika zu gehen und bei einem seiner Idole zu studieren, verschlägt es André an eine Militärschule, wo er Soldaten Literaturunterricht erteilt und niedere Arbeiten erledigt. Seinen Freunden erzählt er davon nicht – sie glauben nach wie vor, dass er in Amerika ist. Als Alexandre den Professor wegen seiner eigenen Abschlussarbeit aufsucht, erfährt er von den Lügen seines Idols und wendet sich von diesem ab.

poison1.jpgDer Handlungsabriss zeigt bereits, dass “Poison Friends” erhebliche Probleme damit hat, eine interessante Geschichte zu erzählen. Ankedotenhaft fügt er Erlebnisse der Freunde zusammen, verwebt diese mit einer wenig aufregenden Liebesgeschichete und tut ansonsten alles, um nicht allzu realitätsnah zu wirken. Vor allem die Behauptung, dass ein Charakter wie André einen derartigen Einfluss auf seine Mitmenschen allein dadurch entwickeln kann, dass er sich als Intellektueller geriert, spottet wohl der Intelligenz nicht nur seiner akademischen Protagonisten, sondern auch der der Zuschauer des Films. Und so dümpelt der Film dahin, schafft es nicht, eine auch nur annähernd spannende Geschichte zu entwickeln oder auch nur interessante Bilder zu liefern. Seine Bildgewalt erschöpft sich in ein paar abendlichen Panorama-Aufnahmen von Paris, vom einem Hausdach beobachtet, auf dem die Studenten Marhiuana züchten und Kaffee trinken – natürlich mit Zucker, denn, so André, Kaffee ohne Zucker ist kein Kaffee.

Poison Friends
(Les Amitiés Maléfiques, F 2006)
Regie & Buch: Emmanuel Bourdieu, Kamera: Yorick Lee Saux, Schnitt: Benoît Quion, Musik: Grégoire Hetzel
Darsteller: Malik Zidi, Thirbault Vinçon, Alexandre Steiger, Thomas Blanchard, Dominique Blanc u. a.
Länge: 98 Minuten
Verleih: n. n.

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