I opened Pandora’s Box

Es soll Ereignisse in der Zukunft geben, die das Leben der Gegenwart allein dadurch, dass sie mit Sicherheit eintreten werden, nachhaltig beeinflussen können. Das weiß der erfahrende Science Fiction-Enthusiast nicht erst seit Back to the Future II. Der Film Terminator 3 – Rise of the Machines ist solch ein Ereignis. Monate vor seinem Erscheinen hat er die cineastische Gerüchteküche in allen Töpfen brodeln lassen; die Frage ging um, wie die Geschichte weiter erzählt würde, welchen Grad an Gefährlichkeit der Widersacher des T-101 dieses Mal aufbieten würde, wie sehr das Kino-Ereignis den ereignislosen Kino-Sommer erschüttern würde. Vorstellbar ist, das als Auswirkung auf dieses künftige Ereignis bereits vor Monaten Fan-Clubs Karten bestellt haben, Zeitschriften ihre Schwerpunktthemen fixiert haben und sich US-Soldaten im Irak auf den Besuch Schwarzeneggers gefreut haben. Der Terminator kommt aus der Zukunft …

John Connor, mittlerweile ein junger Mann Mitte Zwanzig, gerät wie durch einen Zufall an seine ehemalige Mitschülerin Kate Brewster, deren Vater kein geringerer als der (kurzfristige) Befehlshaber über Skynet ist und die kurz vor der Vermählung steht. Aber alles kommt anders, denn gerade als Kate und John aufeinander treffen, taucht eine weibliche Terminatorin T-X aus der Zukunft auf, deren Ziel es ist, John und wenn nicht diesen, so doch wenigstens seine künftigen Gefolgsleute zu eleminieren. Zu diesen gehört auch Kate, weil sie „in Zukunft“ eine wichtige Rolle an Johns Seite einnehmen wird, aber das weiß keiner der betroffenen. Ebenfalls aus der Zukunft kommt das T-101-Modell mit der aus den beiden Prequels gewohnten „organischen Hülle“. Und wieder einmal gilt es, John Connor für die Zukunft zu retten.

Der Angriff der Zukunft auf die übrige Zeit ist in Terminator 3 eine Variation des Altbekannten. Einzig ein Schuss Fatalität ist hinzugekommen, denn es geht für den T-101 gar nicht mehr darum, die globale Katastrophe zu verhindern, also Skynet abzuschalten. Er soll einzig dafür zu sorgen, dass Connor und seine Gefährtin diese Katastrophe überleben. Das schmeckt den menschlichen Beteiligten jedoch gar nicht, weil sie abermals das Recht für sich beanspruchen, die Welt zu retten. Connor, der anders als im zweiten Teil dieses Mal keine Befehlsgewalt über die Maschine hat, bringt den ihn beschützenden Terminator in ein Dilemma, als er dessen primäres Ziel („Bring John Connor in Sicherheit vor dem sehr nahen Atomkrieg“) zu Gunsten der angestrebten Weltrettung mit Selbstmorddrohung ändern will: Stirbt John Connor durch die eigene Hand, so ist das primäre Ziel ebenfalls nicht erreicht – also gibt der T-101 der Bitte nach und der übliche Wettlauf mit der Zeit beginnt.

Dilemmata sind auch wichtige Ingredenzien der restlichen Filmhandlung: T-X verfügt über nanotechnologische Hardware-Viren, mit denen sie den T-101 infiziert und ihm auf diese Weise befiehlt, Connor zu töten. Abermals bricht ein Gewissenskonflikt in der Maschine aus (diesen kennen wir jedoch bereits zu gut aus Verhoevens Robocop, aus dem es auch einige andere visuelle Elemente in Terminator 3 geschafft zu haben scheinen). Und schließlich sind es auch die Menschen selbst, die vor einem Dilemma stehen, denn parallel zur Erzählung von John, Kate und T-101 breitet sich weltweit ein Computer-Virus aus, das sämtliche Kommunikationselektronik befällt und lahmlegt. Die einzige Lösung, die USA vor der Schutzlosigkeit gegenüber feindlichen Angriffen zu retten, sieht das Verteidigungsministerium darin, Skynet zu aktivieren, das als neues, intelligentes System in der Lage wäre, den Virus zu stoppen. Doch Skynet ist noch nicht reif für den Praxistest und entpuppt sich nach dem voreiligen Start schnell als die Büchse der Pandora …

Terminator 3 bietet wie gesagt nicht viel Neues. Das Faszinosum, mit dem er lockt, rekrutiert er aus der bösen Maschine (T-X), deren Hülle dieses Mal eine recht attraktive junge Frau ist (bei der aber der unterkühlte, bösartige Charakter nur wenig glaubwürdig ist und die daher ganz und gar kein würdiges Nachfolgemodell des T-1000 aus Terminator 2 ist). Indes kaschiert der Film seine narrativen Mängel gekonnt mit ironischen Anspielungen: Wenn etwa Anfangs T-101 wie in Terminator 1 nackt in eine Bar eindringt, in der zufällig gerade Ladie’s Night ist, dort einen offensichtlich homosexuellen Stripper entkleidet, dergestalt mit Leder überzogen die Bar wieder verlässt und draußen feststellen muss, dass die Sonnenbrille nicht ganz seinen Vorstellungen entspricht. Oder wenn wir zum Ende des Films den Polizei-Psychologen Dr. Silberman (wieder gespielt von Earl Boen) aus Terminator 1 wiedersehen, der darüber lamentiert, dass es manchmal Jahre dauern kann, unangenehme Erinnerungen wieder los zu werden (nur echten Fans dürfte diese Besetzung aufgefallen sein).

Doch auch das Zelebrieren seines „Kultpotenzials“ (der Verleih verschickte bereits vor dem Start E-Mails an die Presse, in der die markigsten Terminator 3-Sprüche versammelt waren) hat allenfalls einen faden Beigeschmack. T-101 überreizt sein aus den Vorgängerfilmen so humorvoll eingesetztes Understatement und feiert sich selbst und seine trockene Schlagfertigkeit. T-X ist sogar fast ganz stumm und die übrigen Darsteller erwecken den Eindruck, als wären sie einzig dazu da, rhetorische Vorlagen für die Gags Schwarzeneggers zu liefern. Sicherlich: An Materialschlacht übertrifft dieses Sequel seinen Vorgänger (wie auch schon dieser seinen Vorgänger übertroffen hat). Doch fällt die Diskrepanz zwischen der Inszenierungund der Erzählung dadurch noch mehr ins Gewicht. Fast meint man, es mit einem spektakulären Ablenkungsmanöver zu tun zu haben, das verbergen soll, dass die Erzählung des Terminator-Stoffes am Finale angekommen ist … allein, der Cliff-Hanger bietet eine andere düstere Prognose für die Zukunft.

Terminator 3 – Rebellion der Maschinen
(Terminator 3: Rise of the Machines, D/USA 2003)
Regie: Jonathan Mostow
Buch: james Cameron, Kamera: Don Burgess, Musik: Marco Beltrami
Darsteller: Arnold Schwarzenegger, Nick Stahl, Clair Danes, Kristanna Loken u. a.
Verleih: Columbia TriStar, 110 Minuten.

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