Harry Potters Analytiker

Robbie Coltrane ist Dr. Eddie Fitzgerald, ein spielsüchtiger, kettenrauchender und äußerst trinkfester Psychologe, der neben der ihn nicht ausfüllenden Dozenten- und Therapietätigkeit der Polizei von Manchester mit seinen profunden Analysen tatkräftig zur Seite steht. Die Fälle, zu deren Aufklärung er hinzugezogen wird, haben meist mit sexuell motivierten Verbrechen zu tun: Lustmörder, Vergewaltigungen, Kindesmissbrauch.

 „Für alle Fälle Fitz“ unterscheidet sich in vielerlei Hinsicht von vergleichbaren Krimiformaten. Zunächst fällt auf, dass jede Folge mindestens Spielfilm-, wenn nicht gar Überlänge hat. Bei insgesamt zehn Folgen – jeweils drei in den ersten drei Staffeln, eine in Staffel vier – erhält der Zuschauer ein weitaus detaillierteres Bild der handelnden Personen, die einzelnen Folgen stehen mehr im Dienst einer übergreifenden Dramaturgie. Zwar widmet sich jede Episode einem einzelnen Kriminalfall, dieser ist aber immer sehr eng mit dem übergreifenden Handlungsstrang verwoben, der sich mit Fitz, seiner Familie und eben den Kriminalbeamten befasst. „Für alle Fälle Fitz“ bedient sich also vor allem des Stilmittels der Dopplung: Die Ereignisse der jeweils in sich abgeschlossenen Fälle spiegeln die Geschichten der Figuren. Das Profiler-typische Eintauchen Fitz’ in die Psyche der Verdächtigen fördert immer auch seine eigenen Dämonen zutage. So ist es nicht weiter verwunderlich, dass in einigen Episoden der Kriminalfall mal mehr im Vordergrund steht, mal zugunsten der Charakterentwicklung des Figurenensembles in den Hintergrund tritt.

Am Ende der Serie ergibt sich ein sehr stimmiger Gesamteindruck, den man in dieser Form eher vom Film, denn von einer Serie kennt. Das bedeutet aber nicht, das „Für alle Fälle Fitz“ eine als Krimiserie getarnte Familiensaga ist, im Gegenteil. Was psychologische Genauigkeit und Glaubwürdigkeit angeht, dürfte „Für alle Fälle Fitz“ wohl einzigartig sein, vor allem weil die Serie stets um Ambivalenz bemüht ist und niemals den moralischen Zeigefinger erhebt. Wo etwa die derzeit angesagten positivistischen Ermittler des CSI im Fernsehen recht deutlich einer „Crime does not pay“-Strategie verpflichtet sind – die Spuren sind immer lesbar, führen die Ermittler zwangsläufig zum richtigen Täter –, verdeutlicht die britische Krimiserie um Fitz, dass sich bei der Ermittlungsarbeit gerade nicht zwei starre Fronten – der quasi „schreibende“ Täter und der „lesende“ Polizist – gegenüberstehen, sondern beide Seiten in Interaktion treten. Die Ereignisse aus dem Privatleben der Ermittler haben immer Einfluss auf den Ermittlungserfolg, mal in positiver, mal in negativer Hinsicht. Und im Vergleich zu den porentief reinen, beinahe übermenschlichen CSI-Beamten aus den Staaten weichen ihre britischen Kollegen auch mal vom Pfad der Tugend ab, ohne gleich als „böse“ abgestempelt werden. Das gilt vor allem für Robbie Coltranes Fitz, der wohl eine der faszinierendsten Figuren des Krimigenres ist, gerade weil er die Sympathie des Zuschauers mehr als einmal auf eine harte Probe stellt.

Für alle Fälle Fitz
(Cracker, GB 1995 – 1997)
Regie: Michael Winterbottom, Charles McDougall, Tim Fywell u .a. , Drehbuch: Jimmy McGovern u. a., Kamera: Dick Dodd, Musik: Rick Wentworth, Schnitt: Edward Mansell u. a.
Darsteller: Robbie Coltrane (Dr. Eddie Fitzgerald), Judith Fitzgerald (Barbara Flynn), Geraldine Somerville (DS Jane Penhaligon), Ricky Tomlinson (DCI Charlie Wise), Lorcan Cranitch (DS Jimmy Beck)
Verleih: Kinowelt


Zur DVD von Kinowelt

Mit der dritten Staffel hat Kinowelt nun die ersten neun Folgen der Serie komplett vorgelegt, sieht man von einer 1997 nachgeschobenen Episode ab. Darüber sollte man sich freuen und darüber hinwegsehen, dass weder Ausstattung noch technische Qualität zu Begeisterungsstürmen hinreißen. Bonusmaterial ist in keiner der drei Boxen enthalten – bei so viel Sparsamkeit freut man sich dann über den englischen Originalton und die gelungenen deutschen Untertitel. Das Bild ist leider etwas bewegungsunscharf, aber immerhin akzeptabel. Am Ton gibt es nichts auszusetzen. In der dritten Box sind die Episoden "Bruderliebe", "Racheengel" und "Liebesfalle" enthalten. 

Zur Ausstattung der DVD:

  • Bild: 1,66:1
  • Ton: Deutsch (Dolby 2.0), Englisch (Dolby 2.0)
  • Länge: ca. 356 Minuten
  • Extras: keine
  • FSK: ab 16
  • Preis: 24,95 Euro

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