Der Held, der aus der Hölle kam

Er sieht aus wie die rotgesichtige Mischung aus Klingone und Belzebub, sein Lieblingsausdruck ist „Oh crap!“ (zu deutsch: Oh Kacke!) und er ist Hollywoods jüngster Comic-Book-Hero, der den Sprung auf die große Leinwand geschafft hat. Gestatten: HELLBOY!

Um es vorweg zu nehmen – für Fans von Pulp-Comics und Sci-Fi-Fantasie hat der Film sicherlich einiges zu bieten; die düsteren Kulissen, irgendwo zwischen Gotham City und Geisterbahn, sind visuell absolut gelungen und die zahlreichen Action- und Verfolgungsszenen streckenweise durchaus mitreißend. Wahre Fans werden dem Film daher vielleicht auch die lausig schlechte Dramaturgie des Drehbuches nachsehen. Wer sich jedoch allein von visuellen Effekten und einer Horde teils Computer generierter Monster nicht beeindrucken lässt, der wird sich mangels einer kohärenten Geschichte und fehlendem Spannungsaufbau zum Gähnen langweilen.

„Geboren“ wird Hellboy 1944. Die Nazis haben sich mit der Reinkarnation des bösen Russen Rasputin (Karel Roden) verbündet, um das Tor zur Hölle zu öffnen; eine Art Energieportal, durch das eine böse Kreatur auf die Erde geschleust werden soll, um die drohende Niederlage Hitlers zu verhindern. Doch der Plan wird vom kleinen, schlauen Professor Dr. Trevor Bruttonholm (John Hurt), einem Okkultismus-Spezialisten, vereitelt. Das Tor wird wieder verschlossen und Rasputin – zumindest zeitweise – außer Gefecht gesetzt. Zurück bleibt nur ein dickes, rotgesichtiges Baby mit einem rechten Arm wie eine Panzerfaust, dem es irgendwie gelungen ist, durch das Tor zu schlüpfen: Richtig geraten – Hellboy.

Wir springen in die Gegenwart, wo sich der Kleine mittlerweile zur eingangs beschriebenen Kreatur ausgewachsen hat und von nun an gespielt wird von Ron Perlman, der dem europäischen Publikum wahrscheinlich noch als buckliger Mönch aus der Eco-Adaption „Der Name der Rose“ in Erinnerung ist. Hellboy lebt inzwischen mit seinem Daddy, alias Professor „Broom“, in einem geheimen Labor des Bureau for Paranormal Research and Defense (B.P.R.D) in New Jersey. Wie schon seine Leinwandkollegen Super-, Bat- und Spiderman, ist auch Hellboy Freund und Rächer der Menschheit, und bekämpft mit Hilfe des F.B.I. die düsteren Gestalten, die den New Yorker Untergrund bevölkern. Ihm zur Seite steht dabei ein intuitiv begabter Fischmensch namens Abe Sapiens (Dough Jones), der in einem großen Aquarium im Hauptquartier des B.P.R.D lebt. Früher lebte hier auch noch Hellboys Herzensdame, die Pyrokinetikerin Liz Sherman (Selma Blair). Doch weil Liz mit ihrer bisweilen unkontrollierbaren Fähigkeit, Feuer zu legen, schon eine Menge Schaden angerichtet hat, zieht sie es seit einiger Zeit vor, ihre Depression in einer New Yorker Nervenheilanstalt zu pflegen. Sehr zum Leidwesen Hellboys, der aus seiner Liebe für die hohlwangige Pyromanin kein Hehl macht. Als der Professor merkt, dass seine Tage gezählt sind, zieht er den jungen F.B.I.-Agenten John Myers (Rupert Evans) zu der Geheimoperation hinzu, damit sich nach seinem Ableben jemand um seine Ziehkinder kümmert. Von Hellboy zunächst skeptisch beäugt, wird Myers schon bald zum festen Bestandteil der Monsterbrigade.

Natürlich ist alles auf eine Wiederbegegnung zwischen Hellboy und dem Bösewicht Rasputin angelegt, der sich auch schon bald von den „Toten“ zurückmeldet. Was Hellboy nicht weiß, ist, dass sein Panzerfaustarm, der Schlüssel zum Tor des Bösen ist, und Rasputin ihn unbedingt braucht, um seinen Plan endgültig in die Tat umzusetzen. Um Hellboy zu sich zu locken, sendet er Sammael, den Dämonen der Wiedergeburt. Ein glitschiges, krakenartiges Wesen, das sich ständig reinkarniert und schleimige Eier hinterlässt, aus denen seine Nachkommen schlüpfen. Die Monstersquad und das F.B.I heften sich an seine Fersen und eine wilde Jagd durch den New Yorker Untergrund beginnt.

Irgendwann, irgendwie taucht dann auch Rasputin auf, tötet den Professor und hinterlässt eine Fährte, die Hellboy an den Ort locken soll, wo das Portal zur Hölle auf seinen „Schlüssel“ wartet: Ein düsterer Friedhof in Moskau. Die Monsterjäger inklusive Liz, die sich mittlerweile auch wieder im B.P.R.D einquartiert hat, und nicht nur Hellboy sondern auch dem jungen Myers den Kopf verdreht hat, machen sich auf den Weg, um dem Dämonen endgültig den Garaus zu machen. Wird es Hellboy gelingen, Rasputin zu besiegen? Und wer wird Liz am Ende in die Arme schließen können – der schmucke F.B.I.-Agent oder der große, rote Höllenbube?

Man muss es den Amerikanern lassen: Die völlige Unbefangenheit, mit der historische Fakten, Mythen und Filmzitate hier miteinander verkocht werden, ist schon kunstvoll. Zwar würde sich jeder Historiker angesichts der Begegnung von Rasputin, den Nazis und der „Nachfahrin“ von Stephen Kings “Feuerkind“, der Magen herumdrehen, doch wir bewegen uns ja im Bereich von Pulp und Fantasy und da ist ja bekanntlich fast alles erlaubt.

Nicht erlaubt, und damit wären wir wieder bei der vorangestellten Kritik, ist jedoch eine absolut ärgerliche Schlamperei mit dem Drehbuch. Nicht nur gehen ständig Plot-Elemente unter und Nebenhandlungen verlaufen im Leeren, auch fehlt der Handlung insgesamt der logische, rote Faden. Die Funktion Sammaels ist von Anfang an unklar, und was mit all den glitschigen Eiern geschieht, die nie vernichtet werden, erfahren wir auch nicht. Die in der Komikvorlage von Mike Mignola überhaupt nicht vorkommende Liz Sherman, wird irgendwann spät im zweiten Akt eingeführt, und die ganze Liebesgeschichte zwischen ihr und Hellboy wirkt wie der aufgesetzte Versuch, dem roten Muskelprotz einen romantischen Touch zu verpassen. Irgendwie passt das alles nicht zusammen.

Hellboy sollte laut Aussage Mignolas ein neuer Typ von Comic-Book-Hero sein: Ein Monster, das sich für das Gute entschieden hat, ein Held der Arbeiterklasse, der trotz seiner äußerlichen Grobheit einen weichen Kern hat. Doch ein liebestoller Teufel mit einem Wortwitz auf Trailerpark-Niveau ist dann doch auf Dauer etwas anstrengend.

Hellboy
(USA 2004)
Buch und Regie: Guillermo Del Toro
Nach der Comicvorlage von: Mike Mignola
Kamera: Guillermo Navarro; Schnitt: Peter Amundson
Darsteller: Ron Perlman, John Hurt, Selma Blair, Rupert Evans, Dough Jones, Karel Roden
Länge: 122 Minuten

Marion E. Kotzenberg

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