Black Serenade

Bestraft wurde im Slasherfilm seit jeher gerne und viel, vor allem Jugendliche und Twens, besonders jene, die sich nur allzu sehr hedonistischen Gelüsten hingeben, wurden und werden für ihren Lebensstil gerne mal mit dem Tode sanktioniert. Meist sind es übermäßige Partylaune, Drogenkonsum oder pubertäre Promiskuität, die zur tödlichen Bestrafung im Namen des Puritanismus führten, schlechte Noten im Studium waren indes bislang noch nicht auf dieser Liste zu finden. BLACK SERENADE aus Spanien macht sich auf, diesem Umstand ein Ende zu bereiten.

Im Kern beruft sich BLACK SERENADE auf die mittelalterliche Sage der „Los Tunos Negros“, jener Gruppierung von spanischen Bettelstudenten, die für den Lebensunterhalt musizieren gehen mussten, um dann später aber auch reichere, ungleich mühsigere Studenten, die ihnen mit ihre, Spiel den Markt unnötig wegnahmen, aus dem Weg zu schaffen. Dafür wurden sie schließlich hingerichtet. Im Salamanca der Jetztzeit geht nun ein Serienkiller um, der sich in Auswahl seiner Opfer, Kleidung und Ritual dieses Mythos’ annimmt, sich selbst den „Tuno Negro“ nennt und unter den Studenten blutige Auslese betreibt, nachdem er über das Internet mit ihnen Kontakt aufgenommen hat. Eine kleine Gruppe von Studenten, ihnen voran die junge, begabte Studentin Alex, findet sich in der Not zusammen und forscht dem „Tuno Negro“ nach – der Weg führt dabei genauso in die labyrinthartige Altstadt wie auch in die Tiefen der Katakomben ihrer Kathedrale.

BLACK SERENADE versucht den Slasher, jenes Genre, das sich durch endlose Selbstwiederholungen schon längst eigentlich endgültig in der Nische der Beliebigkeit und des Fandoms begraben hat, mit einigen, eigentlich sogar ganz netten Ideen ins nächste Jahrhundert zu hieven. Zu diesen gehört auch die, das Internet und DigitalVideo mit einzubeziehen: so meldet sich der „Tuno Negro“ bei nicht wenigen seiner Opfer zunächst per Internet-Chat und mit über diesen Kommunkationskanal übertragenen Videos an. Dabei entwickelt der Film durchaus an einigen Stellen gruselige Qualitäten, die der Verschiebung von Raum und Zeit gedankt sind – woher weiß der „Tuno Negro“ schließlich, wer seiner potentiellen Opfer sich unter welchem Nickname in welchem Chatroom zu welchem Zeitpunkt aufhält und wie kann er gleichzeitig sowohl im Internet als auch nur noch wenige Meter entfernt sein? Was den baldigen Opfern zunächst als makabrer Scherz erscheint, wandelt sich binnen kürzester Zeit in einen Kampf um Leben und Tod mit genre-bekanntem Ausgang. Das Problem dabei ist alleine, dass der Film die Wesensarten des herangezogenen Mediums eigentlich kaum im Geschehen thematisiert oder reflektiert. Vielmehr scheint er ihm gleichsam magische Qualitäten zuzusprechen zu wollen, die aber weder durch die Geschichte legitimiert noch befriedigend aufgelöst werden. Warum man eigentlich Internet und DigitalVideo – der Mörder nimmt nicht nur seine Morde auf, sondern überträgt seinen Opfern auch Aufnahmen, die belegen, dass er nicht nur weiß, wo sie sich befinden, sondern auch, dass er näher kommt – überhaupt zu thematisieren versucht, bleibt eher schleierhaft: Weder spielt die dem Mord voranstehende Medialisierung des Kontaktes Mörder-Opfer in der finalen Auflösung des Geschehens eine tragende Rolle, noch erklärt sie sich aus der grundlegenden Motivation zum Morden. Der Verdacht drängt sich auf, dass hier lediglich etwas moderner Anstrich für ein eigentlich recht anachronistisches Genre bemüht wurde, etwas mediale spookiness – den Kanälen, denen medialisierte Informationen in der Regel folgen, traut man ja eh nur selten, waren oft schon Gegenstand von Genre-Spekulationen – in den Film gebracht werden soll, die man aber als Zuschauer in der hier vorliegenden Form eigentlich nicht so recht ernst nehmen möchte, zu sehr sind sie Konstrukt des Drehbuchs, zu wenig im Filmgeschehen eingebettet.

Auch ansonsten wirkt der Film, selbst für das Genre, in dem er sich bewegt, leider etwas zurechtkonstruiert, ein Eindruck, den auch die Demaskierung des „Tuno Negro“ gegen Ende nur sehr bedingt zurechtrücken kann. Die Motivation für die Gräueltaten ist eine klar offensichtliche, gegen Ende auch in der Logik des Mörders gewissermaßen rational ausformulierte – warum der Mörder dann aber diesen ganzen Arbeitsaufwand, diesen ganzen Hokuspokus – Internet, Video, mittelalterliche Mythos, aufwändige Kostümierung – betreibt, das wird mit der Auflösung leider nicht erklärt, erscheint bei näherer Betrachtung eigentlich auch gar nicht sinnig, riecht ein solcher Pomp doch eher nach klassischen Genre-Mustern der Vülgär-Psychologisierung – der Mörder ist halt ein narzistischer Irrer – anstatt nach dem Verfolgen eines klar umrissenen Zieles. Dadurch nimmt sich der Film leider stark den Wind aus den Segeln, ist das Gezeigte dergestalt eben doch nur allzu deutlich Ergebnis des Willens zum Bild, das man auf die Leinwand bannen will, nicht aber zur Atmosphäre. Dass der Mörder im Film stellenweise auch reichlich wahllos seinem „Handwerk“ nachzugehen scheint, widerspricht ebenfalls der beinahe schon idealistischen Formulierung seines Zieles, Bildung und Intellekt nicht dem dekadenten Pöbel vor die Füße zu schmeißen.

So bleibt BLACK SERENADE leider nur ein leidlich spannender, eher durchschnittlicher Slasherfilm, der zwar ambitioniert genug ist, um neues zu wagen, dieses Neue aber nur bedingt gelungen einzusetzen weiß, es vielmehr lediglich zum oberflächlichen Anstrich des doch nur allzu Bekannten nutzt. Treue Genrefans werden, natürlich, dennoch ihren Spaß dran haben können, soviel ist sicher.

Black Serenade
( Tuno Negro, Spanien 2001 )
Regie: Pedro L. Barbero, Vincente Martin
Drehbuch: Pedro L. Barbero, Vincente Gomez
Kamera: Carlos Suárez
Musik: Roque Banos
Spezialeffekte: Reyes Asbades
Darsteller: Silke, Jorge Sanz, Fele Martinez,
Maribel Verdú, Patxi Freyez

Schreibe einen Kommentar

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.