besessen – besitzen

Der 1974 erschienene Film „Besessen“ (Originaltitel „Deranged“) stand von Beginn an im Schatten seines Konkurrenten „The Texas Chainsaw Massacre“ aus demselben Jahr. Beide Filme basieren auf Motiven eines Serienmordfalls, der zwischen 1945 und 1957 in Plainfield (Wisconsin) stattfand. Ed Gein, so der Name des Täters, plünderte Gräber, raubte Leichen und entführte und tötete Frauen. Sein hat Fall wurde zum Gründungsmythos des modernen Horrorfilms, auf dessen Geschehnisse selbst Hitchcocks „Psycho“ referiert.

„Deranged“ ist die erste realitätsnahe filmische Adaption des Stoffes. Nur wenige Details haben die Produzenten gegenüber den historischen Ereignissen geändert: die Namen der Beteiligten und ein paar Handlungselemente, was dem Film einen befremdlichen Zug verleiht. Doch genau diese Änderungen sind es, die ganz wesentliche Motive in die Genrestruktur des Serienmörderfilms eingeschrieben haben: Aus den etwas dicklichen Frauen im mittleren Alter, die Ed Gein als Opfer bevorzugte, werden in „Deranged“ junge, schlanke Schönheiten – typisch für den Serienmörderfilm. Ja, selbst die Psychopathologisierung des Täters als ödipales Monster, die bereits im Epilog zu „Psycho“ betrieben wurde, wird in „Deranged“ noch einmal radikalisiert: Die Filmhandlung wird des Öfteren unterbrochen, indem ein Journalist kommentierend ins Bild tritt, der dem Zuschauer erklärt, wie es um den Verstand des Filmmörders beschaffen ist.

„Deranged“, der in einer gekürzten Fassung vor ein paar Jahren im deutschen TV ausgestrahlt wurde, liegt jetzt in einer um eine Szene erweiterten „unrated“-Fassung als Kauf-DVD vor. Ergänzt wird die in Bild- und Tonwiedergabe tadellose Veröffentlichung um einige Dokumentationen zum Film und zum Serienmörder Ed Gein sowie Trailer und ein 24-seitiges Booklet über die Fall- und Rezeptionsgeschichte. Die deutsche Tonspur sowie die Freigabe ab 16 Jahren dürften dafür sorgen, dass „Deranged“ auch hier zu Lande nun endlich die ihm gebührende Rezeption als kulturelle Verarbeitung des Ed Gein-Falls zuteil wird.

Deranged
(USA 1974)
Regie: Jeff Gillen & Alan Ormsby; Buch: Alan Ormsby; Kamera: Jack McGowan; Musik: Carl Zittrer
Darsteller: Roberts Blossom, Cosette Lee, Leslie Carlson,
Robert Warner, Marcia Diamond
Länge: 78 Minuten
Ausstattung: Bildformat: 1,85:1, Ton: dt. und engl. (mit dt. UT). (86 Min. Zusatzmaterial)
Anbieter: Legend Films Int.

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