Butterfly Effect

Der „Butterfly Effect“, wie eine Texteinblendung zu Beginn des Films verkündet, besagt, dass selbst kleinste Ereignisse wie das Flügelschlagen eines Schmetterlings den Lauf der Geschichte signifikant verändern können.

Rund um dieses – dankenswerterweise im weiteren Film nicht weiter erwähnte – Phänomen entfaltet sich also ein Plot um vier Jugendliche, deren Leben durch unterschiedlichste Tragödien eng verbunden ist. Da wären Kayley und Tommy Miller, ein Geschwisterpaar mit pädophilem Vater (Eric Stoltz), Lenny Kagan, ein introvertierter Junge mit Hang zum Melodrama und Evan Treborn. Evan ist es auch, der schließlich eine Möglichkeit entdeckt, die Vergangenheit zu verändern, und somit versucht, sein eigenes Leben und das seiner Freunde zu verbessern.

Womit wir wieder beim Anfang wären: Wenn schon kleine Ereignisse so große Auswirkungen haben sollen, warum betreffen dann hier Evans Veränderungen, die auch gerne mal zwischen Leben und Tod entscheiden, stets nur die vier Protagonisten?

„The Butterfly Effect“ will in jeder Minute etwas Großes sein: Schon der Name seines Protagonisten, „Evan Treborn“ – „Event Reborn“, der Charakter sollte in einem ursprünglichen Drehbuchentwurf sogar „Chris Treborn“ heißen, aber das schien wohl selbst den Autoren als zu billiges Wortspiel -, suggeriert einen metaphysischen Anspruch, dem der Film kaum gerecht werden kann. Stattdessen entfaltet sich ein leidlich wirres Netzwerk aus platten psychologischen Zusammenhängen: Entfernt man die eine, unabsichtliche, Straftat aus der Vergangenheit eines Menschen, so wird aus dem 20-jährigen Gewaltverbrecher ein 20-jähriges Mitglied einer konservativ-christlichen Campus-Partei; erteilt man dem pädophilen Vater als achtjähriger Steppke eine elaborierte Lektion über die psychodestruktive Wirkung seines Missbrauchs, so rettet man die gepeinigte Tochter damit zwölf Jahre später nicht nur vor ihrem Selbstmord, sondern ermöglicht ihr überdies die Rolle als College-Queen irgendeiner Studentinnenverbindung, während dafür der arme Bruder (besagter Gewaltverbrecher) das ganze zerstörerische Potential des Vaters ausbaden muss.

Solche uninspirierten Kausalzusammenhänge sind es schließlich auch, die den Filmtitel und damit sein ganzes Konzept ad absurdum führen: das stets reizvolle „was wäre wenn“-Szenario hätte durch eine Beschränkung auf eben kleine Ursachen deutlich konsequenter gewirkt und weniger den Eindruck erweckt, seinem Zielgruppenpublikum bloß ja nicht zu viel zumuten zu wollen.

In inszenatorischer Sicht kann man Bress’ und Grubers Film höchstens die bemerkenswerte Einfallslosigkeit und biedere Ästhetik vorwerfen, welche aber immerhin auch nicht störend ins Gewicht fallen. Zwar versuchte man schon beispielsweise, die unterschiedlichen Zukunftsvisionen durch deutliche Farb- und Lichtgestaltung voneinander zu trennen, geht dabei aber leider recht inkonsequent vor und erschafft damit eher unnötige Verwirrung denn eine klare Strukturierung des Plots.

Immerhin, einen einzigen echten – und nachvollziehbaren – „Butterfly Effect“ hat der Film am Schluss dann doch zu bieten, wenn es plötzlich nichts Großes mehr sein muss, um alles zu ändern, sondern eine kleine, harmlose Aussage tatsächlich nachvollziehbar den gesamten Werdegang der Vier verändert. Zwar ist die damit erreichte Moral von der Bereitschaft zum selbstlosen Verzicht alles andere als subversiv, lenkt aber immerhin von der Holzhammer-Metaphorik der vergangenen 100 Minuten ab. Gerade noch an der Themaverfehlung vorbeigeschlittert…

The Butterfly Effect
USA 2004
Regie: Eric Bress & J. Mackye Gruber

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