Wolken aus Blut

Drei Killer stehen am hellichten Tag auf der Straße und warten auf die Ankunft ihrer Zielperson. Es handelt sich um einen alten Freund und Weggefährten, der wegen Verrats auf der Abschussliste des Triadenbosses steht. Was dieser jedoch nicht weiß: Auch einer seiner Killer war an diesem Verrat beteiligt, wurde aber von der Zielperson gedeckt. Als das Opfer ankommt, begleiten die Killer ihn in seine Wohnung, wo dessen Frau mit einem Säugling auf dem Arm wartet. Eine unangenehme Stille belastet die Situation. Bis das Baby beginnt zu schreien …

exiled.jpgJohnnie To ist einer der produktivsten und vielseitigsten Regisseure des gegenwärtigen Hongkong-Kinos. Seine Produktionsfirma Milkyway steht für Box-Office-Erfolge wie „Running out of Time“ oder den zuletzt von Scorsese adaptierten „Internal Affairs“, er selbst machte sich einen Namen mit New-Wave-of-Hongkong-Klassikern wie „The Heroic Trio“ oder „Executioners“. Am engsten mit seinem Namen verbunden sind aber seine Action- und Triadenfilme wie „The Mission“, „A Hero never dies“, „PTU“, „Election“, „Breaking News“ oder eben „Exiled“, die eine radikale Neuinterpretation dessen darstellen, was im Fahrwasser von John Woo in den frühen Neunzigerjahren als „Heroic Bloodshed“ bezeichnet wurde. Wie dieser erzählt auch Johnnie To Geschichten über Freundschaft, Bestimmung und Tod, die sich im Ton jedoch gravierend von ihren Vorbildern unterscheiden. Wo sich bei Woo alle Emotionen in den tänzerisch-martialischen Shootouts und filigran choreografierten Actionsequenzen Luft machen, die Helden sich sehenden Auges und mit viel Getöse in die Schlacht und den Tod stürzen, da bietet sich den Helden von Tos Filmen auch in diesen Extremsituationen keine Erlösung mehr. Während die starren patriarchalischen Riten sich bei Woo im Rausch der Bewegung auflösen, werden sie in den eiskalt durchgeführten Mordplänen bei To nur wieder bekräftigt. In seinen in ihrem Aufbau und ihrer Statik an das Theater erinnernden Shootouts bekommt jeder seine Position, seine Rolle zugewiesen, die er nicht verlassen kann. Schießereien sind bei To dem Western entlehnte, klassische Duellsituationen, bei denen Ökonomie und Präzision im Vordergrund stehen.

Die Killer in „Exiled“ beschließen die Erfüllung ihres Auftrags aufzuschieben, nachdem sie das Baby gesehen haben. Sie möchten ihrem Freund dabei helfen, vor seinem Tod noch genug Geld für seine Familie aufzutreiben. Ein Auftrag muss her, vielleicht ein Mord oder ein Überfall. Doch die Beschaffung des Geldes stellt sich als schwieriger heraus als man gedacht hatte und bald bekommt auch der Boss Wind davon, dass sein Auftrag immer noch nicht ausgeführt wurde. Es kommt zur finalen Auseinandersetzung, die natürlich keinen Gewinner kennt.

Mit „Exiled“ kehrt Johnnie To zu der klaren Struktur seines bahnbrechenden „The Mission“ zurück. Mit wenigen Pinselstrichen skizziert er Charaktere und Handlung, lässt viel eher die Stimmung sprechen als Worte oder Taten. Eine sanfte Melancholie durchzieht den Film, eine Traurigkeit, die jedoch ohne Pathos auskommt. Tos Protagonisten haben ihren Weg gewählt und müssen ihn bis zur letzten Konsequenz beschreiten. Am Ende des Weges werden sie sich im Nichts verlieren, so wie die Blutwolken, die nach jedem Einschuss in der Luft zerstäuben.

Exiled
(Fong yuk, Hongkong 2006)
Regie: Johnnie To, Drehbuch: Szeto Kam-Yuen, Yip Tin-Shing, Kamera: Cheng Siu-Keung, Musik: Dave Klotz, Guy Zerafa, Schnitt: David M. Richardson
Darsteller: Anthony Wong, Francis Ng, Simon Yam, Lam Suet, Nick Cheung
Länge: 110 Minuten

Zur DVD von Kinowelt

Ausstattung:

Bild: 2,35:1 (anamorph)
Ton: Deutsch, Kantonesisch (Dolby Digital 5.1), Deutsch (DTS 5.1)
Extras: Trailer, Teaser, Making of, Director’s Note, Starinfos, Fotogalerie
Länge: 110 Minuten
FSK: Keine Jugendfreigabe
Preis: 18,98 Euro

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