Die unendliche Recherche

Anfang der 1970er Jahr erschütterte eine mysteriöse Mordserie die Region um San Francisco. Die Identität des Killers, der sich damals unter dem Pseudonym Zodiac mit kodierten Nachrichten an die Presse wandte, konnte trotz jahrelanger Spurensicherung nie eindeutig geklärt werden, da der Hauptverdächtige vor der Aufklärung einem Herzinfarkt erlag. Und so finden sich fast 40 Jahre später immer noch Gruppierungen und selbst ernannte Experten, die sich mit der Aufklärung dieses Traumas beschäftigen. David Fincher greift in seinem gleichnamigen Film die Geschichte der Zodiac-Morde auf und schafft eine teils gelungene teils langatmige Erzählung um vier Männer, deren Leben auf unterschiedliche Weise vom Killer beeinflusst worden sind.

zodiac3.jpg Robert Graysmith (Jake Gyllenhall) ist erst seit kurzem als Comiczeichner beim San-Francisco-Chronicle angestellt, als die Chefredaktion das erste Bekennerschreiben von Zodiac zugesandt bekommt. War Graysmith zuvor noch die graue Maus im Büro, entwickelt er zunehmend eine Obsession für die Aufklärung der rätselhaften Gestalt des Killers und vor allem für dessen codierte Hinweise mit denen dieser sich über das Medium der Zeitung an die Öffentlichkeit wendet. Dabei freundet sich Graysmith mit dem von Macho-Attitüden eingenommenen Starreporter Paul Avery (Robert Downey Jr.) an, der gerade eine exklusive Recherche zu den Mordfällen betreibt. Zusammen konstruieren sie in mühevoller Kleinarbeit ein Geflecht von Hinweisen, das bei der Mordkommission nicht gerade auf Gegenliebe stößt.

Zu sehr verlaufen die Hinweise für den zuständigen Beamten Inspektor Dave Toschi (Mark Ruffalo) und seinen Partner Bill Armstrong (Anthony Adwards) ins Ungewisse. Keiner der Hinweise, die der Zodiac-Killer hinterlässt, führt auf eine verlässliche Spur; auch dann nicht, als die Codenachrichten schließlich doch noch entschlüsselt werden können. Und damit beginnt eine Spurensicherung auf beiden Seiten, die ob ihres obsessiven Charakters Armstrong schließlich dazu veranlasst, seinen Job zu quittieren. Avery, der selbst zur Zielscheibe des Killers wird, zieht sich in den Alkoholismus zurück. Toschi resigniert und Graysmith, der durch seine Hartnäckigkeit schließlich beinahe seine Familie zerstört, schreibt im Laufe der Jahre, die seine Nachforschungen andauern, ein Buch über Zodiac.

css14a.jpgDer Perspektivwechsel zwischen Polizeiarbeit und schriftstellerischer Recherche, den Fincher hier verfolgt, und die parallele Spurensicherung der beiden Interessengruppen war in seinem Film „Se7en“ bereits Thema. Anders als dort rückt hier dieser Aspekt der Erzählung aber zu sehr in den Vordergrund. Hielt Fincher in „Se7en“ noch die Balance zwischen Elementen des Suspense und einer ausgeklügelten Kriminalgeschichte, geht er bei „Zodiac“ nach dem ersten Drittel weg von der Darstellung der Morde und verlagert sich zusehends auf eine Mixtur aus Thriller und Drama und damit leider auf die Langatmigkeit einer unendlichen Recherche. Was er im ersten Teil durch exzellente Kameraarbeit und Erzähldynamik an Spannungsbögen aufbaut – von den liebevoll inszenierten Details einmal ganz abgesehen -, lässt er später wieder fallen, um so zu einer Geschichte über den drögen aufklärerischen Impetus rechtsstaatlichen Hermeneutikzwangs zu gelangen. Der zu entschlüsselnde Code steht dafür bereits am Anfang des Films als Metapher – alles muss interpretierbar sein -, die Notwendigkeit, dies bis zum Exzess weiterzuführen, entbehrt aber leider der Begründung.

Zugegeben, Fincher bringt eben genau die Langwierigkeit der Aufarbeitung, die der Fall in Anspruch genommen hatte, auf den Punkt. Für eine solche Darstellung fehlt es den Charakteren jedoch an Schliff. Weder Graysmiths Motivation wird hierbei deutlich, noch schafft es der Regisseur die Frauenrolle (Graysmiths spätere Frau; gespielt von Chloë Sevigny) über das Bild eines wandelnden moralischen Zeigefingers hinaus zu entwickeln. Ganz zu schweigen davon, dass auf ästhetischer Ebene die exzellente Kameraarbeit aus der ersten Hälfte des Films ohne ersichtlichen Grund in der zweiten Hälfte standardisiert wirkt. Fincher fällt damit dem eigenen Bemühen um Authentizität zum Opfer und bringt trotz guter Ideen einen Film auf die Leinwand, der schlichtweg zu langatmig ist.

Zodiac
USA 2007
Regie: David Fincher
Buch: James Vanderbilt, Robert Graysmith (Buch)
Kamera: Harris Savides
Musik: David Shire
Darsteller: Jake Gyllenhaal, Mark Ruffalo, Anthony Edwards, Robert Downey Jr., Brian Cox
Länge: 158 Minuten
Verleiher: Warner Bros. Entertainment

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