Viel Blut – Wenig Hirn

Alle paar Jahre kommt es vor, dass ein übermütiger Regisseur den Splatterfilm um eine Komödie bereichern will. Um die Körper-Grotesken herum werden dann reichlich skurrile Erzählungen ersonnen, die die Gewalt auf möglichst komödiantische Weise in diese einbetten sollen. Dass Gewaltdarstellung und Körperzerstörug selbst schon ab einem gewissen Grad in den Slapstick abgleiten, hat der Sam Raimi schon 1982 mit „The Evil Dead“ bewiesen – einer Splatterkomödie, deren komisches Potenzial auf Grund ihrer Gewalteskapaden zunächst nur schwer als solches zu erkennen war. Doch mit Stuard Gordons „Re-Animator“ und sätestens 5 Jahre später mit Peter Jacksons „Bad Taste“ ist das Komödiatische am Horriblen nachdrücklich deutlich geworden.


Splatter-Komödie setzen natürlich voll auf das Wissen und die Gunst ihrer Fans. Um den Blut-Effekt von seiner komischen Seite würdigen zu können, muss nicht nur der Ekel vor ihm passé sein, sondern auch filmhistorisches Fachwissen vorliegen. Die Übertragung des grotesk-karnevalesken Lachens in die verschiedenen Sub-Genres ist auf solch einer Grundlage dann nur noch eine Fingerübung für den Regisseur. Mit „Mucha Sangre“ hat es nun ein Spanier versucht – Ziel der ko(s)mischen Attacke ist der Alienfilm. Leider scheint Regisseur Pepe de las Heras aber übersehen (wahrscheinlicher aber bewusst ignoriert) zu haben, dass genau zu diesem Sujet bereits 1987 in „Bad Taste“ gelacht wurde – viel fügt er seinem Film nämlich nicht hinzu, was sich von Jacksons Debüt abgrenzen ließe.

Die Handlung des Films ist recht eindimensional geraten und ordnet sich dem „Zweck“ (dem Splatter) des Films unter: Ein Undercover-Polizist und ein geflohener Sträfling versuchen sich bei einer Unterwelt-Gruppe einzuschleichen. Der Sträfling will eine Millionen Euro, die der Pate ihm angeblich noch schuldet; der Polizist ist auf der Suche nach zahllosen entführten Frauen, die sich in der Gewalt des Despoten befinden sollen. Mit Hilfe einer rassigen, bis an die Zähne bewaffneten Frau und eines Gebrauchtwagen-Händlers dringen die beiden Helden in die Unterwelt ein und müssen entdecken, dass sie es mit einer riesigen außerirdischen Verschwörung zu tun haben: Der Pate und seine gelb-jacketierten Gehilfen fangen Frauen, um sie zu verspeisen. Die Aliens sind nur schwer zu vernichten, da ihnen jedes abgetrennte Körperteil sofort nachwächst. Erst als die Helden den neuralgischen Punkt der Außerirdischen dort finden, so man üblicherweise nicht danach gesucht hätte, bekommen sie die Situation in Griff.

Abgestanden sind nicht nur die Splatter-Gags, die Mucha Sangre seinen Fans vorsetzt, sondern auch die Story. Sie erinnert einerseits mehr als fatal an den bereits erwähnten „Bad Taste“, andererseits versucht sie ihren zusätzlichen Reiz aus einem unverholenen Chauvinismus zu schöpfen: Die Frauen, die von den Außerirdischen entführt werden, sind nur beiläufiger Gegenstand der Erzählung und dienen auch nur zum Durchexerzieren von sexistischen Sprüchen bis der AlienChef/Pate sie kurzer Hand in ihren Kellergefängnis vergast(!). Die Heldin, die sich den beiden Männer angeschlossen hat, wird nicht nur ständig mit Vergewaltigung bedroht – als sich herausstellt, dass sie ebenfalls Polizistin im Undercover-Einsatz ist, gefällt sich der Film darin, sie zu „phallisieren“, bis es wirklich auch noch dem letzten Waffenfetischisten aufgefallen sein dürfte, wie „sexy“ eine Kanone angeblich auf nackter Frauenhaut wirken soll. Das könnte ja witzig sein – wenn es denn nur mit genügend ironischer Distanz inszeniert worden wäre.

Doch darin mangelt es „Mucha Sangre“ an allen Ecken und Enden. Sein Humor ist völlig humorlos sich selbst gegenüber. Der Witz entsteht einzig und allein aus der angeblichen „Unfassbarkeit der Brutalität“ der Helden und Antihelden. Doch das reicht nicht für eine Splatter-Kommödie – ja, ist sogar vielmehr der Beleg ihres Scheiterns als reaktionärer und spießiger Film für reaktionäre und spießige Zuschauer. Doch die wird es im extrem reflektierenden Genrepublikum des 21. Jahrhunderdts kaum noch finden. Vor 20 Jahren hätte der Film bessere Chancen bei seinen Zuschauern gehabt. So erweist er sich als Flop und schlimmer noch nahezu als Plagiat.

Mucha Sangre
(Spanien 2002)
Regie: Pepe de las Heras

Stefan Höltgen

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