Update/Upgrade

Pünktlich zum Start des vierten Teils der „Terminator“-Reihe veröffentlicht das Label Kinowelt den 1991 entstandenen „Terminator 2: Judgement Day“ auf Blu-ray-Disk. Der Film war damals eine Sensation in zweierlei Hinsicht: Zum Einen überführte Regisseur James Cameron den fatalistischen und überaus gewalthaltigen Stoff des Erstlings von 1984 in eine familienfreundliche und hoffnungsvolle Variante. Zum Anderen kam in „Terminator 2“ ein neuer Roboter-Typ zum Einsatz, der auch eine neue Filmtechnik erforderlich machte – oder war es umgekehrt?

Der T-1000, so die Serienbezeichnung des T-800-Nachfolgemodells, verfügt über eine ganz besondere Fähigkeit, die ihn nahezu unzerstörbar macht: Er besteht aus „flüssigem Metall“, das jedoch – anders als Quecksilber – seinen Aggregatzustand jederzeit „willentlich“ ändern kann. Der Vorteil der Flüssigkeit ist, dass sie jede Form annehmen kann. Wir sehen den T-1000 in Gestalt eines Polizisten, eines Irrenhaus-Wärters, einer Hausfrau und sogar eines Fußbodenbelags. Was er nicht kann, ist die Gestalt von komplexen Maschinen annehmen (warum, wird zwar nicht erklärt, erscheint aber sinnvoll: Sonst könnte er sich selbst „upgraden“). Der T-1000 kann durch die kleinsten Ritzen fließen, seine Extremitäten in metallene Hieb- und Stichwaffen verwandeln und seinen Körper von jeder Haltung in jede beliebige andere Haltung verformen ohne sich an die Bewegungsmöglichkeiten von Skelett oder Muskulatur halten zu müssen. Gegenüber dem T-800, der ja auch schon eine Weiterentwicklung der rein metallenen Roboter-Skelette, die in der Zukunft Jagd auf Menschen machen, ist, stellt der T-1000 ein echtes Upgrade dar.

Als Upgrade bezeichnet man im Computer-Bereich eine Weiterentwicklung von Hard- und/oder Software, die über die reine Verbesserung hinausgeht. Upgrades werden daher entweder anders betitelt als ihre Vorgänger oder sie erhalten eine Versionsnummern-Änderung vor dem Komma. Da die Terminator-Produktion sich offenbar nicht mit Detailverbesserungen befasst, wird der Versionssprung hier durch eine Zehnerpotenz in der Reihennummer verdeutlicht. „Terminator 2“ ist eine direkte Fortsetzung des Vorgängerfilms „Terminator“. Er greift dessen Erzählung auf und spinnt sie weiter. Das kann er aber eigentlich gar nicht, denn die Geschichte des ersten Teils ist im Wesentlichen fertig erzählt, wenngleich ihr Ende auch „offen“ – und damit anschlussfähig ist. Da die Fortsetzung jedoch erst sechs Jahre nach ihrem Vorgänger erschienen ist, muss gewährleistet sein, dass sich der Zuschauer auch dann in die Erzählung einfinden kann, wenn er sich nicht an deren Vorgeschichte erinnert oder diese gar nicht kennt. Deshalb erzählt „Terminator 2“ diese Vorgeschichte in wesentlichen Zügen noch einmal. Er nutzt dafür jedoch nicht das recht plumpe Mittel der Rückblende (und kopiert nicht einfach Szenen aus dem Vorgängerfilm in seine eigene Narration ein). Er „rekapituliert“ sie. Diese Rekapitulierung gerät unter der neuen Erzählsituation des zweiten Teils zu einem „Update“ der Vorgeschichte, denn es werden Erzählelemente so verändert, dass sich sich logisch-konsistent verhalten, also vom Zuschauer als Kausalität zwischen erstem und zweitem Teil akzeptiert werden können.

Wenn etwa Sarah Connor, die Mutter des künftigen Anführers der Revolution gegen die Maschinen, im ersten Teil noch eher als ängstliches Party-Girl der 80er gezeichnet wurde, die unter den Angriffen des Terminators und unter der Verfolgung des Zukunfts-Soldaten Kyle Reese leidet, dann wird ihr Charakter in „Terminator 2“ zu einer Art maskulinisierter Überfrau umdefiniert. Die Begründung dieses Personen-Updates ist leicht nachvollziehbar: Die Umstände und die Verantwortung haben Sarah Connor „hart gemacht“. Anders der Terminator Modell T-800. Im zweiten Teil ist er „weich geworden“: Er macht keine Jagd auf Menschen mehr, er tötet im ganzen Film keine einzige Person. Im Gegenteil: Er entwickelt sich zu einer Vaterfigur für John, beschützt ihn und opfert ihm sogar seine eigene Existenz. Dies zu akzeptieren ist für den Zuschauer nur möglich, wenn er davon ausgehen kann, dass sich zwar nicht die Hardware, wohl aber die Software geändert hat. Der T-800 hat in der Zukunft des zweiten Films (ein Update der Zukunft des ersten Films!) eine Umprogrammierung erfahren – auf Philanthropie. Man könnte diese Strukturbetrachtung zwischen dem ersten Teil und seinen Nachfolgern jetzt noch weitertreiben und würde auf zahlreiche Phänomene von Updating und Upgrading stoßen. Es ist das Wesen des Erzählens, sich im Fortgang zu verändern, zu erweitern, zu korrigieren und zu verbessern. Das gilt für die einzelne Erzählung (und nennt sich fachterminologisch dann: Hermeneutischer Zirkel) aber auch für den übergeordneten Erzählzusammenhang.

Maßgeblich ist nun, dass mit dem Update/Upgrade des Inhaltes auch stets eines der Form einhergeht. So nutzt „Terminator 2“ gegenüber seinem Vorgänger die damals noch in den Kinderschuhen ihre massenweisen Anwendung steckende Spezial-Effekt-Technik des CGI, bei der Bilder nicht mehr vor der Kamera, sondern im Computer entstehen und nachträglich in den Film einkopiert werden. Man kann nun rätseln, ob die Möglichkeit einer solchen Technologie die Fortsetzung des „Terminator“-Films ausgelöst hat oder ob der Stoff sechs Jahre lang auf die Entwicklung der Technologie gewartet hat. Der Einsatz einer anderen Technik, etwa des Zeichentricks, wäre auch möglich gewesen – nur hätte er dem Film ein unrealistisches Aussehen gegeben. Von einem Film über ein unmögliches Ereignis (wie der Zeitreise eines Roboters aus der Zukunft in die Gegenwart) erwartet der Zuschauer die „möglichsten“ Bilder. Die Science Fiction gelingt nur dann, wenn sie nicht als Fiktion zu erkennen ist. Doch auch auf einer zweiten Ebene der Form, die in der Diskussion um den ästhetischen Prozess des Filmemachens oft nicht mitbedacht wird, werden Updates und Upgrades nötig: der der Datenträger.

„Terminator 2“ heute noch einmal auf VHS zu veröffentlichen, wie es 1992 erstmals durch das Label VCL geschah, ist nicht bloß angesichts der technischen Möglichkeiten dieses Mediums praktisch unmöglich. Es ist auch die Tatsache, dass Video, Laserdisc (hier wurde der Film ebenfalls 1992 veröffentlicht) oder HD-DVD (auf diesem Medium erschien „Terminator 2“ 2008) vom Markt verschwunden bzw. verdrängt wurden. Der Verleih Kinowelt hat den Film daher in einer neuen Blu-ray-Disc-Variante auf den Markt gebracht. Diese bietet durch ihr Mehr an Speicherplatz gegenüber den Vorgängermedien vielfältige Möglichkeiten, dem Update der „Terminator“-Reihe auch auf der zweiten formalen Ebene zu entsprechen: So wurde die Bild-Zeilenzahl um das 1,7-fache gesteigert, die Speicherkapazität des Mediums versechs- bzw. verelffacht, es existieren mehr Tonkanäle, mehr Möglichkeiten für Zusatzprogramme und so weiter. Das Medium Blu-ray-Disc ist sich innerhalb kürzester Zeit jedoch selbst schon nicht mehr genug gewesen und wurde daher zu Blu-ray 2.0 softwareseitig upgegradet. Gegenüber der Vorgängerversion und dessen Update Blu-ray 1.1  verfügt dieses über die Möglichkeit sich dynamisch weiterzuentwickeln, indem es über das Internet Zusatzinformationen bereitstellt, Austausch der Filmsehenden untereinander ermöglicht und das Filmerlebnis somit schon rein auf der Datenenbene ständig „erweitert“.

Voraussetzung dafür ist, dass der Blu-ray-Player am Internet angeschlossen wird/werden kann. Tut man dies, so öffnet die Software auf der Disc mit einem „erweiterten Skynet-Logo“ – und man wird bereits vor Filmstart in den Diskurs des Films hineingezogen, wenn man sich daran erinnert, dass die apokalyptische Katastrophe der „Terminator“-Filme auch erst dadurch möglich wurde, dass sich die Computer des fiktivien „Skynet“-Konzerns an „das Netz“ angeschlossen haben. Die Mediengeschichte des Films „Terminator 2“ ist eine Geschichte der Updates und Upgrades, deren Zukunft unsicher ist. Man darf vermuten: Das Medium nähert sich mit seinen technischen Möglichkeiten der Ästhetik und dem Diskurs von „Terminator 2“ an – und  zwar asymptotisch. Dass gerade dieser Film so auffällig oft wieder veröffentlicht wird, ja regelrecht durch die Geschichte der audiovisuellen Heimmedien „durchdekliniert“ wird, ist letztlich auf seine inhaltlichen und formal-ästhetischen Eigenheiten zurück zu führen. Mit seinem seit dem ersten Teil stets wiederholten „I’ll be back!“ und dem ab dem zweiten Teil eingeführten „Hasta la vista, Baby!“ – was beides etwa „bis demnächst“ meint – gibt sich die „Terminator“-Reihe als gleichzeitig unabschließbar, ewig wiederkehrend (was sich vielleicht dadurch vergegenständlicht, dass in der Blu-ray-Edition auch die DVD des Films enthalten ist) und verdoppelt damit die zyklische Struktur seiner erzählten Zeitschleife gleichermaßen wie auch deren Zwang zu beständiger soft- und hardware-mäßiger Überarbeitung und Verbesserung.

Terminator 2: Tag der Abrechnung
(Terminator 2: Judgment Day, USA 1991)
Regie & Buch: James Cameron; Musik: Brad Fiedel; Kamera: Adam Greenberg; Production Design: Joseph C. Nemec III
Darsteller: Arnold Schwarzenegger, Linda Hamilton, Edward Furlong, Robert Patrick u.a.
Länge: 133 Minuten
Verleih: Kinowelt

Die Blu-ray-Disc von Kinowelt

Kinowelt veröffentlicht „Terminator 2“ als Blu-ray 2.0 und bietet derzeit vor allem Trailer und Videoclips mit Zusatzinformationen als Download an. Auf der Disc befindet sich der Director’s Cut und die wesentlich längere „Skynet-Edition“. Letzere enthält etwa 20 Minuten zusätzliche Szenen, die jedoch oft redundant, verwirrend oder teilweise widersprüchlich zum Rest des Films sind. Als Material zu einer „kritischen Ausgabe“ des Films betrachtet bieten sie jedoch interessante Einblicke in die Konzeption der Figuren. Markant ist die Verpackung der Edition – ein nachempfundener Terminator-Metallschädel, in dem sich neben der BD auch die  bekannte Director’s-Cut-Fassung des Films auf DVD befindet.

Die Ausstattung der Blu-ray-Disc im Einzelnen:

Bild: 2,35:1 Auflösung 1080/24p Full HD digitally remastered
Sprachen/Ton: Deutsch (7.1 DTS-HD Master Audio 2.0 headphone surround), Englisch (6.1 DTS-HD Master Audio 2.0 Dolby Headphone), Französisch (5.1 DTS-HD HR)
Untertitel: Deutsch, Englisch, Französisch, Türkisch
Extras: DVD mit T2 Director’s Cut; Audiokommentar von Cast & Crew; Audiokommentar von James Cameron und Co-Autor William Wisher; Deleted Scenes mit Audiokommentar; Seamless Branching von 3 Filmversionen: Kinofassung; Director´s Cut; Extended Special Edition; Interaktive Features: Picture-in-Picture-Mode; Produktionsdaten- und Triviadaten-Modul parallel zum Film; Exklusive Behind-the-Scenes-Kommentare zum Film (ca. 100 Min.); Original-Drehbuch und Original-Storyboard parallel zum Film; Interaktiver T2-Quiz-Mode; Interaktive Spiele zum Film; Restaurierte T2-HD-Trailer; Bookmarks; BD-Live D-Box Motion Codes; THX Optimizer (Bild und Ton sind THX zertifiziert)
FSK: ab 16 Jahren
Preis: 79,95 Euro

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