Uncanny Planet

James Camerons 3D-Epos „Avatar“ ist der Film dieses Kinojahres, der die Spekulationen des vorfreudigen Publikums am heftigsten anheizt. Soviel ist bereits knapp vier Monate vor dem weltweiten Starttermin klar. Es wird sich bei „Avatar“ um Camerons ersten langen Spielfilm seit zwölf Jahren handeln – und somit um den Film, der auf „Titanic“, den erfolgreichsten Film der Kinogeschichte, folgt. Und um den Film, für den Cameron über den Zeitraum von insgesamt 14 Jahren erst eine ganz neue 3D-Technologie entwickeln musste. Nun ist sie ja seit einigen Monaten auch zunehmend präsenter in deutschen Kinosälen, die beeindruckende digitale RealD-Technologie, ist jüngst mit der Platzierung von Pixars »Up!« als Eröffnungsfilm des Filmfestivals von Cannes auch zu höheren cineastischen Weihen befördert worden – und doch scheint noch niemand so recht zu wissen, was nun davon zu halten ist. Das Spektrum der Meinungsäußerungen reicht von der »Zukunft des Kinos« (Jeffrey Katzenberg) bis zur Auffassung, es handle sich hierbei lediglich um ein Gimmick, eine vorübergehende Modeerscheinung. Tatsächlich stellt die neue 3D-Technologie zunächst einmal eine bedeutende Erweiterung der Möglichkeiten der Kinosprache dar – was freilich künftig damit geschieht, ob das Potenzial verwirklicht oder verwirkt wird, das scheint momentan auch und vor allem an Camerons „Avatar“ verhandelt zu werden. Wird dieser eine Film künstlerisch und kommerziell zum erwarteten Erfolg, dann scheinen die Möglichkeiten für künftige, ambitionierte 3D-Filme unbegrenzt. Enttäuscht er auf einer der beiden Seiten der Medaille, könnte die Seifenblase einen neuen Alleinstellungsmerkmals des Kinos gegenüber dem Heimkino schneller platzen, als es Hollywood lieb sein dürfte.

avatar_posterDer 21. August 2009 wurde nun, nachdem der Hype um „Avatar“ lang durch die strenge Nichtherausgabe von Bildmaterial angeheizt wurde, zum weltweiten „Avatar Day“ erklärt: Nur wenige Stunden nach der Veröffentlichung des ersten (zweidimensionalen) Teasers in den Weiten des Internet wurde einer begrenzten Zahl glücklicher Zuschauer die Möglichkeit gegeben, in 3D-fähigen Kinos eine ca. 20minütige Auswahl von Sequenzen aus der ersten Hälfte von „Avatar“ zu sehen – dreidimensional, und somit erstmals wirklich etwas aus dem Film zu sehen. Das Wichtigste vorab: Ja, die Welt, die Cameron für „Avatar“ hat programmieren lassen, ist wunderschön. Der Großteil der im Showcase gezeigten Sequenzen spielt in einem Dschungel, in dem die Helden auf allerlei farbenfrohes, meist feindlich gesinntes, Fabelgetier treffen. Diese fremde Vegetation erscheint plastisch und ästhetisch eindrucksvoll komponiert. Einen Kontrastpunkt hierzu setzen leider die Character Animations, die durch eine Motion-Capture-Technik auf dem derzeitigen state of the art vorgenommen wurden. Diese erinnern durchaus noch an die wenig überzeugenden Versuche der jüngeren Robert-Zemeckis-Filme „The Polar Express“ oder „Beowulf“ und haben es somit noch immer nicht geschafft, dem Uncanny Valley zu entrinnen.

Zum Tonfall der gezeigten Ausschnitte ist zu sagen, dass noch nicht viel zu sagen ist. Wie alle Filme von James Cameron enthalten diese Sequenzen Ideen, die ein großes Potenzial bergen. Cameron ist ja keineswegs ein dummer Filmemacher. An anderen Stellen treten mit Sentiment und Humor an der Grenze zum Klamauk weitere verlässliche Kennzeichen von Camerons Stil zutage. Zum Plot ist beim besten Willen noch nicht einmal zu mutmaßen, nach der Ansicht von 20 Minuten von kolportierten 200 des finalen Films. Letztlich ist festzuhalten, dass „Avatar“ ohnehin von vornherein einer der Filme war, die man sich in diesem Jahr würde anschauen müssen. Nun kann man sich auch noch darauf freuen – denn zumindest der Verfasser dieser Zeilen hätte nach dem Ende der 20 Minuten gern noch weitere drei Stunden in dieser fremden Welt verbracht.

Eine Antwort auf „Uncanny Planet“

  1. Hatte auch das Glück bei einer dieser Erstpräsentationen dabei sein zu dürfen und muss sagen: es war beeindruckend. Hätte mir auch gewünscht, dass es noch ein paar Stunden weiter gegangen wäre …

    :-)

    Auch wenn man die Story einstweilen nur erahnen kann, die gezeigten Sequenzen haben zumindest schon einige Schlüsselelemente verraten, aus denen man sich zusammen mit dem Trailer einiges zusammenreimen kann (wenn eine gewisse Filmgeschichten-Logik eingehalten wird).

    Ich freue mich auf alle Fälle schon sehr auf den Dezember!

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