Mehr Licht!

„Sit back and enjoy in total darkness“, diese Gebrauchsanweisung gibt Khavn de la Cruz, Multimediakünstler, Wunderkind und Filmemacher von den Philippinen, zum Auftakt seines Films „3 Days of Darkness“ mit auf den Weg. Dies ist ja ohnehin zum angemessenen Konsum von Horrorkino stets anzuraten, hier allerdings ist es unabdinglich, geht doch Khavn in seiner filmischen Bearbeitung der Urangst vor der Dunkelheit wohl weiter als jeder Filmemacher zuvor. Dabei fängt erst alles so abstrakt, so farbgesättigt und stilllebenhaft an, dass man sich für einen Augenblick in einem der enigmatischen Filme des Thailänders Apichatpong Weerasethakul wähnt: Die ersten Bilder von „3 Days of Darkness“ zeigen menschenleere Räume, in statischen Kameraeinstellungen streng kadriert. Und Fenster. Durch sie drängt sich gleißendes Licht in die leblosen Arrangements hinein, und doch scheint dieses nur die dunklen Ecken, die schattigen Winkel dieser Räume und dieser Bilder umso mehr zu betonen. Das Gleiche gilt für die Darsteller: Zwar wandeln sie anfangs noch im Licht, in der brennenden Sonne von Manila, doch ist dieses stets nur im Kontrast zu den schon immer von tiefen Schatten gefurchten Gesichtern zu denken. Dieser Film strebt von Beginn an dem Dunkel zu.
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Die Wiedererkämpfung der Heterosexualität

In den 1980er Jahren war Patrick Swayze für einen kurzen Moment ein Kinostar. Nach seinem Debüt auf der großen Leinwand im Kreise des durch Francis Ford Coppolas „The Outsiders“ formierten Brat Pack und dem legendären Desaster als faschistoider Pfadfinder in John Milius’ spektakulär gescheiterter Kalter-Krieg-Satire „Red Dawn“ war Swayze im Jahr 1987 plötzlich der Posterboy No. 1 des Weltkinos. „Dirty Dancing“ war einer der unglaublichsten Kassenhits der Dekade, und sein Hauptdarsteller plötzlich Schwarm aller Backfische zwischen 12 und 52 und Mittelpunkt einer der irritierendsten Camp-Phantasmagorien der Kinogeschichte. Gleichwohl schien Swayze selbst ein wenig erschrocken über den Erfolg des trashig-nostalgischen Musicals und setzte in den folgenden Jahren in seiner Rollenauswahl (recht erfolglos) alles daran, eine überbetonte Maskulinität ins Zentrum des Gezeigten zu rücken.

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… und die Hölle auf Erden.

Es gibt Menschen, die halten Filme von Douglas Sirk für seichte, schwülstige Melodramen, für Heulkino der übelsten Sorte. In seinem 1955 entstandenen Film „All That Heaven Allows“ (mit Jane Wyman und Rock Hudson in den Hauptrollen) erzählte Sirk die Geschichte der reichen Witwe Scott, die sich in einen viel jüngeren Mann verliebt, einen Gärtner. Nachbarn, Freunde, Bekannte, ihre ganze soziale Umgebung reagiert mit Aggression, Intrige, Druck. Sirk thematisierte in diesem Film, wie Verhalten, das nicht in die sozialen Normbereiche integriert ist, mit aller Gewalt bestraft wird. Vor allem aber tauchte Sirk seine Filme in Emotion. Das heißt, er ließ die Emotionen und die damit verbundenen Handlungen seiner Figuren die Szene beherrschen. Ein Melodrama der besonderen Art war geboren oder vielleicht nur weiterentwickelt.
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Sein Bruder

Patrice Chéreau interessiert sich auch weiterhin für die Momente der gegenseitigen Auslieferung, den Rissen in der Wahrung der Form des Miteinanders, in denen – so hieß bekanntlich auch sein letzter Film und der gewann vor zwei Jahren den Goldenen Bären in Berlin – Intimität entsteht. Und er interessiert sich für die unmittelbaren Konsequenzen für die Beteiligten, für die Bedingungen unter denen solche Grenzerfahrungen stattfinden, wie sie stattfinden.
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