Ring – Das Original

Seine ungemeine Faszinationskraft bezieht RING – DAS ORIGINAL vor allem aus der gelungenen Verquickung einer gruseligen Geistergeschichte mit der schieren Undurchdringlichkeit unserer modernen medialen Lebenswelten. Die Kanäle, über die die Menschen kommunizieren, Informationen erhalten, muten dem einzelnen nicht selten wie geisterhaft an. Nicht umsonst ranken sich zahlreiche Verschwörungstheorien rund um die Medienwelt. Die Skepsis ob der medialen Verfügbarkeit und Steuerung jedweder Information, ist selbst heute, im 21. Jahrhundert, eine noch immer häufig anzutreffende, mündet nicht selten in hysterische Paranoia vor Manipulation und Machtmißbrauch. Was Wunder also, dass gerade der Horrorfilm sich immer wieder unseren Kommunkationskanälen zuwendet, darin das Grauen sucht und nicht selten wirkungsvoll zutage fördert!

In RING – DAS ORIGINAL geschieht dies in zweierlei Hinsicht. Da ist einerseits natürlich, klar ersichtlich, die Geschichte: um ein Videoband geht es da, darauf seltsam-surreale Aufnahmen, nach dessen Sichtung man einen mysteriösen Anruf erhält, der den eigenen Tod in exakt 7 Tagen verkündet – die eigentlich voneinander losgelöst funktionierenden Kommunikationskanäle „Telefon“ und „audio-visuelle Medien“ verquicken sich in einer unheilvollen Allianz, der einzelne versinkt im Dickicht dieser medialen Stränge, verliert die Souveränität über die eigene Existenz, stirbt.

Doch dann geht es auch noch um urbane Mythen. Wie sie entstehen, ihren Weg zu uns finden. Jeder, vor allem natürlich die Teenager, denn die sind für solche Geschichten am empfänglichsten, stehen sie doch noch in der Welt zwischen kindlicher Traumwelt und dem Realismus der Erwachsenenwelt, weiß von jener ominösen Videokassette, jeder kennt jemanden, der jemanden kennt, der daran gestorben sei. Doch jeder erzählt die Geschichte anders, mit leichten Nuancenverschiebungen, neuen Deutungen. Als die Reporterin Reiko Asakawa diesen Mythos für ein TV-Magazin untersucht, werden ihr unterschiedliche Deutungen, unterschiedliche Herkunftsgeschichten erzählt. Als sie mit Hilfe ihres Ex-Ehemanns weiter forscht, gerät sie selbst in ein Dickicht dieses urbanen Mythos, tastet sich ihm aber dennoch bedächtig näher. An einer Stelle fragt sie, wo solche Geschichten ihren Anfang nähmen, eine Ur-Situation müsse es doch geben – ihr Ex-Gatte verneint dies etwas grimmig, solche Geschichten haben keinen Anfang – der Mythos als Käseglocke, der unheilvoll, todbringend über den Menschen schwebt, sich durch sie bewegt. Auch hier verliert sich der einzelne in der sozialen Atomisierung, analog zu den Großraumbüros, in denen Reiko ihrer Arbeit nachgeht. Dass sich im Zentrum des Geschehens zudem eine sich zunehmend auflösende Familie befindet, verwundert nur wenig. Zufluchts- und Rückziehungsmöglichkeiten gibt es in der Welt von RING nicht mehr – alles ist durchdrungen, offen, blank.

Reikos Suche nach dem Geheimnis führt schließlich raus aus der Metropole, hinaus zu einer Insel, wo die beiden Ex-Eheleute, zunehmend unter Zeitdruck, denn nicht nur Reiko, sondern auch der kleine Sohn hat das Videoband gesehen und ist bedroht, der Geschichte langsam auf die Spur kommen. Hier beginnt der Film schließlich in die klassischen Welten des gothischen Gruslers einzutauchen, erzählt eine melodramatische wie furchteinflößende Geistergeschichte. Um einen Geist geht es dann also, ein Geist, der die wiederum geisterhaften Verstrickungen unserer Medien- wie urbanen Mythenwelt gleichermaßen nutzt, um den Schrecken unter die Menschen zu bringen, sich für zu Lebzeiten erduldetes Leid zu rächen.

Eine Potenzierung des Schreckens also, hier das unfassbare, geisterhafte Wesen, dort das unfassbare, geisterhafte Medienrauschen, beides verquickt im grieseligen Videobild. Selten hat man sich, selbst ob, im wahrsten Sinne des Wortes, erschreckend einfachster, inszenatorischer Mittel, so gegruselt wie hier. Am Ende dann eine erschreckende wie, in Hinsicht auf den vorangegangenen Film, pessimistische Auflösung. Seit Linda Hamilton damals, am Ende von THE TERMINATOR, sah man keine Frau mehr mit einem Wagen so trostlos in einen Horizont voll dunkler Sturmwolken fahren.

Der Weg, den RINGU, wie er im Original heißt, von Japan in die weite Welt zurückgelegt hat, orientiert sich gewissermaßen am Film selbst. Schon seit Jahren spricht man unter Asia-Aficionados von diesem Film, von einem sensationellen Grusler war da lange Zeit die Rede, RINGU avancierte zum echten Geheimtipp, ein Mythos, den bislang nur wenige gesehen hatten, den aber jeder unbedingt sehen müsse. Legendenbildung durch Mund-zu-Mund-Propaganda also. Dass es der Film nun, 5 Jahre nach seiner Entstehung, auch in die hiesigen Gefilde geschafft hat, kann man nur als finalen Abschluß einer langen Reise durch unsere Kommunikationskanäle bezeichnen. Das ist nur konsequent.

Ring – Das Orginal (Ringu)
Japan 1998
Regie: Hideo Nakata; Buch: Hiroshi Takahashi, nach einem Roman von Kôji Suzuki; Kamera: Junichirô Hayashi; Musik: Kenji Kawai
Mit: Nanako Matsushima, Miki Nakatani, Hiroyuki Sanada, Yuko Takeuchi, Hitomi Sato, Yoichi Numata, u.v.a.

Zur DVD

Wenngleich man Anolis zur Veröffentlichung dieses auch in hiesigen Szenekreisen schon längst etablierten Kultfilmes gratulieren muss, kann man mit der DVD in der vorliegenden Form leider nicht vollkommen glücklich sein. So ist die Bildqualität doch eher bescheidener Natur und liegt nur knapp über VHS-Niveau. Die Kontraste sind nicht sonderlich stark, die Farben nicht allzu satt, das Schwarz, es kommt reichlich vor in diesem düsteren Film, ist eher matt statt kräftig. Hinzu kommt, dass die deutsche Synchronisation nur als eine mittelschwere Katastrophe bezeichnet werden kann. Selten hat man Stimmen monotoner, fatalerweise sogar untereinander austauschbarer reden gehört als im vorliegenden Fall. Dies geht nicht nur arg auf Kosten der grusligen Atmosphäre, es lässt den Film sogar stellenweise unverdient trashig wirken – es wird also dringend empfohlen, auf die japanische Originalspur mit deutschen Untertiteln zurückzugreifen! In beiden Fällen ist die Tonqualität absolut zufriedenstellend.

Ganz anders sieht der Fall mit der restlichen Ausstattung aus, hier war man spendabel und hat eine schöne Extrasektion auf die Beine gestellt: neben einem nicht sonderlich hidden feature (das Video aus dem Film), gibt es eine stattliche Trailer-Ecke, die nicht nur die verschiedenen, internationalen Trailer des eigentlichen Films sondern auch von dessen Fortsetzungen präsentiert, sowie eine Bildergalerie, die zwar nett anzuschauen ist, aber leider nur Stills aus dem Film aneinanderreiht. Als kleines Schmankerl gibt es dann noch ein Hörbuch einer Kurzgeschichte eines Fans, die im Ring-Universum – in Japan hat sich um den Stoff längst schon eine kleine Kultgemeinde geschart – angesiedelt ist. Auf die Hintergründe dieses Kults, ihre mittlerweile zahlreichen Objekte (weltweite diverse Remakes, Sequels, Prequels, eine TV-Serie, eine vitale Internetszene, etc.), geht schließlich der aus dem dvd-inside-Forum bekannte „altehrwürdige Jorge“ im kleinen Beiheft der DVD ein.

Die DVD steht seit Februar im Verleih, ab 15. Mai ist der Film versionsidentisch auch im Handel erhältlich.

Eine Antwort auf „Ring – Das Original“

  1. Hi,

    erstmal n Lob für die Anti-Spam Zeile *g

    Also „The Ring“ im Orginal is nur zu empfehlen. Ich finde man sollte allgemein immer die Orginale gesehen haben,
    auch wenn der Film als Neuauflage ins Kino kommt.

    greetz

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