Zusammen mit der Einladung zur Pressevorführung von „Kill Bill Pt. 2“ erreichte uns die Vorgabe des Verleihers, dass für Filmkritiken zu „Kill Bill Pt. 2“ eine „Sperrfrist“ bis zum 16.04.04 besteht. „Sperrfristen“ werden normalerweise von Presseagenturen für Personalmeldungen, termingenaue politische Informationen und ähnliches erteilt. Journalisten sind gehalten, sich an die vorgegebenen Sperrfristen zu halten, da es sonst zu rechtlichen Problemen kommen kann. Im Fall des Filmjournalismus stellen „Sperrfristen“ unseres Wissens nach ein Novum dar, das es in der Vergangenheit so noch nicht gegeben hat.
Auf eine Rückfrage bei der betreuenden Presseagentur erhielten wir die Antwort, dass die Sperrfrist bestünde, damit keine Kritiken vor dem US-Start von „Kill Bill Pt. 2“ erscheinen. Was zunächst etwas unlogisch wirkt (warum sollte eine deutsche Filmkritik einen Einfluss auf den US-Start des Films haben?) wirft bei bei genauerer Betrachtung eine Vermutung auf: Blockbuster wie „Kill Bill Pt. 2“ holen ihre Einspielergebnisse zumeist am ersten Startwochenende und kurz danach. Sie finden ihre Zuschauer durch den PR-Hype, der im Vorfeld um sie gemacht wird. Wird der Film danach von der Kritik verrissen oder stellt er sich beim Publikum als „doch nicht so toll“ heraus, hat er sich dann zumeist schon amortisiert. „Sperrfristen“ hierzulande könnten demnach eine Art PR-Testballon darstellen, ob das Verhindern (negativer) Vorabkritik Umsätze sichert.
Davon sind natürlich nicht die gedruckten Filmzeitschriften betroffen: Diese werden allein schon durch die enge Terminierung der Pressevorführungen vor den Bundesstarts (oft beträgt die nur eine Woche) zur „Nachkritik“ gezwungen. Nein: Mit den „Sperrfristen“ sind vor allem die Online-Filmzeitschriften gemeint, die keinerlei Redaktionsschlüsse kennen und oft – wie auch bei uns – schon am Tag der Pressevorführung eine Kritik veröffentlichen. Und dieses Medium zeigt zusehends seine Wirkung: Bei uns haben einzelne Kritiken über 2000 Zugriffe innerhalb kurzer Zeit nach der Veröffentlichung … und eben manchmal vor dem offiziellen Start des Films in den Kinos.
Über die Rolle, die Wichtigkeit und die Wirksamkeit der Filmkritik ist in den vergangenen Jahrzehnten ausführlich diskutiert und gestritten worden. Reduziert man diese Rolle auf ein Minimum, indem man annimmt, der Leser informiert sich in Filmkritiken lediglich darüber, wie der Film, den er sich sowieso anschauen wird, denn durch andere wahrgenommen wurde … dann bestünde keine Gefahr, dass Filmkritik einen potenziellen Zuschauer davon abhalten könnte, einen Film zu sehen. Die Verhängung von „Sperrfristen“ spricht jedoch eine andere Sprache: Online-Filmkritik scheint zu wirken. Und deshalb bekommen die Verleiher und ihre PR-Agenturen wieder „Angst“, ihre Produkte könnten sich im Vorfeld als das entpuppen, was sie im Nachhinein besehen manchmal waren: Geldverschwendung für die Zuschauer.
Wir haben nicht vor, uns für die Geschäftsstrategien der Verleiher einspannen zu lassen und uns zu einem PR-Werkzeug degradieren zu lassen. Wir sehen keinen Sinn in „Sperrfristen“ – außer, den Zuschauer durch gezielte PR hinter’s Licht führen zu wollen. Und aus diesem Grund gibt es von uns auch keine Filmkritik zum Kinofilm „Kill Bill Pt. 2“. Dafür bitten wir unsere Leser um Verständnis und hoffen, dass die Verleiher einsehen, dass das die falsche Art ist, eventuell schlechte Filme an dem Zuschauer zu bringen.
Die Redaktion der Zeitschrift
F.LM – Texte zum Film