Fantastic Four – Feuer, Gummi, Luft und Erde

Fantastic Four, USA/D 2005, Tim Story

Soviel steht fest: Das Comic-Zeichnen hat sich im Computerzeitalter endgültig von der 2. Dimension verabschiedet und ist nahezu unmerklich in den Bereich der Simulation hinüber gedriftet. Dass diese Zeit einmal anbrechen würde, musste Bernd Eichinger in weiser Voraussicht schon geahnt haben, als er vor 20 Jahren die Filmrechte an dem Marvel Klassiker „Fantastic Four“ erstanden hatte. Damit bringt er etwas zusatnde, dem viele Comicfans (und Computerfans) seit nunmehr vier Jahrzehnten entgegen fiebern.

Nachdem bereits die Marvel-Klassiker „Spiderman“ (2002), „X-Men“ (2000) und „The Incredible Hulk (2003)“ ihren Weg auf die Leinwände des Kinos gefunden hatten, stimmt Tim Story das Publikum nun auf die „Mutter aller Comics“ ein. „The Fantasic Four“ waren seinerzeit der wahrscheinlich größte Wurf von Marvel-Verleger Martin Goodman, der den Ausnahmezeichnern Stan Lee und Jack Kirby 1961 die Idee für die vier Figuren darlegte und somit der Riege der Comic-Ikonen eine weitere Konstellation von Superhelden hinzufügte, die bis heute nichts von ihrer Popularität eingebüßt haben dürften.

Der Wissenschaftler Dr. Reed (Ioan Gruffudd) plant eine Weltraumexpedition, um ein kosmisches Ereignis zu beobachten, das ihm Erkenntnisse über die elementarsten Bausteine des Lebens geben soll. Zusammen mit seinem Freund Ben Grimm (Michael Chiklis) wird er bei seinem Erzrivalen Vincent von Doom (Julian McMahon) vorstellig, um an das nötige Kapital für das Unternehmen zu kommen. Gemeinsam mit der erotischen Sue Storm (Jessica Alba) und ihrem extrovertierten Bruder Johny Storm (Chris Evans) bricht das Team zur Raumstation von Van Doom auf, wo sie durch einen Unfall mit kosmischer Strahlung verseucht werden. Was ihnen eigentlich die weltverändernden Ergebnisse liefern sollte, lässt sie nun mutieren und bringt so ein Team von Superhelden hervor – Mr. Fantastic, Invisible Woman, Human Torch und The Thing – das sich, nach seiner Rückkehr auf die Erde, den finsteren Machenschaften von Dr. Doom entgegenstellen muss.

Der Film erzählt eine Geschichte von vier Individuen, deren Persönlichkeiten durch höhere Fügung zur Oberfläche werden und die dadurch in eine mehr oder minder starke Identitätskrise stürzen. Das Los des modernen Menschen, der seine Selbstverwirklichung anstrebt, dies aber letzten Endes nur durch die Durchstreichung des eigenen Selbst erreicht, wird von den mit den Attributen der Allmacht ausgestatteten Figuren durchbrochen. Damit werden sie aber zu Außenseitern, deren gesellschaftliche Akzeptanz einzig auf dem Status ihrer ethischen Orientierung begründet scheint. Ihr Ruhm erwächst aus ihren Taten und für den Zuschauer im Kino freilich aus den Momenten von Identifikation mit den vier Übermenschen, die jeder insgeheim in sich selbst vereint sehen möchte.

Fantastic Four bedient sich damit des alten Narzissmus-Themas: Den Traum vom Übermenschen, den Nietzsche zum programmatischen Ziel allen menschlichen Strebens erhebt und der hier in seiner idealisierten Elementarform auftritt. Doch ist der Nietzsche’sche Übermensch kein Freund des Kollektivs, sondern vielmehr ein Eroberer, der sich nimmt was er will. Diese zweite Seite des Phantasmas findet sich in Form des technisch-maschinellen Hybridmenschen Dr. Doom, der als gesellschaftliches Zeichen von Naturbeherrschung den Vier Wohltätern den Kampf ansagt. So wie das Böse in Form der Technik auf den Plan tritt und damit die Urangst von der revoltierenden Maschine unterstreicht, können die vier Kräfte des Guten nur gemeinsam den Feind besiegen. Die Fantasic Four sind also auch eine Sigle für die Möglichkeiten des kollektiven Handelns.

Bei aller Theoretisierung dieses ästhetischen Phänomens, sollte man jedoch nicht aus den Augen verlieren, dass „Fantastic Four“ vor allem von der humorvollen Inszenierung lebt. Spannend ist „Eichingers Kind“ allemal und für jeden Marvelfan, dürfte sich ein Stück weit Genugtuung einstellen, wenn er erfährt, dass The Thing kein bloßes CGI-Produkt ist, sondern als einzige Figur den Sprung aus der Comicwelt in den realen Raum eines, für die heutige Zeit schon fast anachronistisch wirkenden, Kostüms geschafft hat. Meine Sympathie hat der Koloss jedenfalls, ob nun simuliert oder nicht.

Fantastic Four
(USA/D 2005)
Regie: Tim Story; Drehbuch: Michael France, Mark Frost
Darsteller: Ioan Gruffudd, Michael Chiklis, Julian McMahon, Jessica Alba, Chris Evans
Verleih: Constantin Film; 108 min

Florian Reinacher

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