Ende gut alles schlecht

Daniel Stieglitz studiert an der Kunsthochschule in Kassel und hat mit „Happy End.“ eine Art Semesterarbeit produziert. Für das minimale Budget von 10.000 Euro ist sein Film wirklich bemerkenswert professionell geraten und wenn man sich vergegenwärtigt, dass es sich um eigentlich um die Arbeit eines noch unerfahrenen Regisseurs handelt, bekommt man direkt Respekt vor dem Ergebnis. Dennoch muss sich auch ein solcher Film, einmal in den Diskurs gebracht, Kritik gefallen lassen. Und zu kritisieren gibt es an „Happy End.“ einiges.

Da wäre zunächst die Charakterisierung des Hauptdarstellers Leo (Matthias Schwerwenikas), der uns als urkomischer Kautz vorgestellt wird, welcher eben eine Mansardenwohnung in einem Mehrfamilienhaus angemietet hat, um dort seinen ersten Roman zu schreiben. In der Wohnung hat zuvor ein allein erziehender Vater (Erwin Leder) mit seiner depressiven Tochter gewohnt. Überall findet Leo die Spuren seiner Vormieter, die bei einem Autounfall gestorben sind. Er überlegt, die Geschichte zu seiner Romanhandlung zu machen und beginnt eine Recherche, an deren Ende einige Geheimnisse gelüftet werden und eine Gespenster-Geschichte zu ihrem Ende gelangt. Es findet also eine recht krasse Wandlung Leos statt: vom lausbubenhaften Tagedieb zu einem moralisch geläuterten jungen Mann. Ein etwas zu starkes Gefälle könnte man meinen. Die anderen Charaktere, allen voran Leos Freundin, machen ähnliche, nur wenig motivierte Wandlungen durch. Es entsteht der Eindruck, als wäre dies alles etwas sehr erzwungen herbeigeführt, weil die Handlung des Films nicht ausreicht, sich die Charaktere entwickeln zu lassen.

Und genau das stimmt nicht: Die Story von „Happy End.“ ist durchaus interessant und voller Fußangeln. Fast könnte man meinen, Autor-Regisseur Stieglitz wolle sein Publikum mit den zahlreichen, in die erste Hälfte des Films drapierten Klischees aufs Glatteis führen, um sie dann zum Ende hin das Fürchten zu lehren. So entpuppt sich etwa die Leo von der ehemaligen Therapeutin Joanas geliehene „Sixth Sense“-Videokassette nicht als das Gruselfilm-im-Gruselfilm-Klischee, das man erwartet, sondern als ein aus der Praxis geschmuggeltes Interview mit dem toten kleinen Mädchen. Ab diesem Moment wenden sich so ziemlich alle zuvor aufdringlichen Momente des Films hin zum „Bösen“ und ein wirklich überraschender und gut inszenierter Schluss beendet, was so schlecht begann.

Dennoch: Das Overacting des Hauptdarstellers, die klischeereiche Musik, die schablonenhafte Montage und die überaus nervigen Off-Kommentare der Leo-Figur machen aus „Happy End.“ einen recht ärgerlichen Versuch an die Tradition des J-Horrorfilms anzuknüpfen. Und trotzdem möchte man den Film nicht vollständig abschreiben – vielleicht gerade weil er als Erstlingswerk vorausdeutet, was da von Stieglitz vielleicht noch kommen kann, wenn er mehr Routine hat. Ohne diese Hoffnung und das „positive Ressentiment“, dass es ein deutscher Film immerhin einmal versucht (absichtilich) gruselig zu sein, wird man an „Happy End.“ allerdings nur wenig Freude haben.

Happy End.
(D 2005)
Regie & Buch: Daniel Stieglitz, Musik: Daniel Wehr, Kamera: Thomas Förster
Darsteller: Erwin Leder, Matthias Scherwenikas, Katharina Schwarz
Länge: 100 Minuten
Verleih: n.n.

Stefan Höltgen

2 Antworten auf „Ende gut alles schlecht“

  1. hi stefan!

    ich bin daniel, der regisseur von happy end!
    finde deine kritik sehr konstruktiv und vor allem versiert!
    werde an all meinen schwächen arbeiten und hoffe dass der nächste film besser wird :)

    grüße aus kassel

    daniel

  2. Hallöchen, also ich muss ehrlich sagen, dass der Film unglaublich gut ist!!!
    Hätte nicht gedacht einen so guten Film von einem Student der Kunsthochschule
    zu sehen. Mein Freund ist ein guter Bekannter von Daniel Stieglitz und ich hoffe,
    dass ich ihn irgendwann mal kennenlernen kann.
    Ohne Zweifel ist Happy End, auch mit seinen kleinen,nebensächlichen Fehlern, mein
    Lieblingsfilm!!!

    Mach weiter so Daniel!
    Liebe Grüße aus der Pfalz
    Jule

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