Das Un-Ding aus den 80ern

Der im Rückblick oft reaktionär anmutende Horrorfilm der 1980er Jahre speiste seine Erzählungen oft auf drängende politschen und gesellschaftliche Probleme. Mit dem Erstarken des Umweltbewusstseins (und vor allem des Bewusstseins für die Folgen der Umweltverschmutzung) begannen damals so genannte „Ökohorror“-Filme die Videorekorder zu erobern. Vor allem Monsterfilme wie Lewis Teagus „Alligator“ (1980) oder Cravens „Swamp Thing“ (1982) waren die ästhetischen und ideologischen Vorlagen für das Sub-Genre. Wie letzterer basiert auch Brett Leonards „Man-Thing“ auf einem seinerzeit populären Comic und ebenso wie Cravens Film schlummert auch das Mannding in den Sümpfen des us-amerikanischen Südostens und wacht nur auf, wenn es Umweltzerstörungen zu rächen gibt. Der wesentlichste Unterschied zwischen beiden Filmen ist, dass der „Man-Thing“-Film dieses Jahr entstanden ist.

Die zwanzigjährige „Verspätung“ bringt es mit sich, dass am Plot des Films aber auch gar nichts überrascht. Wie eine Quersumme aller Ökohorror-Filme offenbart sich die Erzählung: Ein geldgieriger Öl-Magnat raubt amerikanischen Ureinwohnern ihr als heilig betrachtetes Sumpf-Land. Ein neuzugezogener Sheriff soll mysteriöse Todesfälle an Arbeitern der Firma untersuchen. Eine in engem Kontakt zu den Ureinwohnern stehenden hübsche Blondine tut sich mit dem Sherrif zusammen. Beide entdecken einen uralten Mythos, demzufolge eine Rachedämon im Sumpf lebt, der für die Morde verantwortlich ist. Im finalen Konflikt beseitigt der Dämon den Öl-Baron, verschwindet und hinterlässt ökologisch geläuterte Überlebende.

Zu einer zeit, in der man solche Filme noch originell hätte finden können wäre Man-Thing auch für den zwar nicht außergewöhnlichen, aber doch beachtlichen Grad an Splatter ein populärer Genre-Beitrag gewesen. Sicherlich hätte die Kritik ihm damals wohl auch schon vorgeworfen, sich einzig und allein an schon vorhandenen Tableaus abzuarbeiten, aber er hätte sein Publikum gefunden – beziehungsweise dieses ihn, weil er wohl gleich in zwei direkt nebeneinander stehenden Videokassetten auf Augenhöhe im Neuheiten-Regal der Videothek platziert worden wäre. Heute aber ist so etwas wie „Man-Thing“ ein Ding der Unmöglichkeit.

Die völlig überkommene Erzählung, die in einem bierernst und ohne jede erkennbare Selbstironie, jedoch mit einem für die 80er typisch moralinsaurem politischen Gestus präsentiert wird, dürfte so ziemlich jeden ärgern, der nicht erst seit gestern Horrorfilme schaut. Dass „Man-Thing“ routiniert erzählt und handwerklich makellos inszeniert ist, ist in diesem Fall kein positiver Aspekt, sondern verstärkt sogar noch die Kritik: Wer finanziert solche Drehbücher? Warum fällt niemandem auf, dass so ein Film heute vollständig anachronisitsch ist? Wäre „Man-Thing“ das Werk eines Debütanten, herausgebracht von einem Amateur-Label, könnte man ein wenig Verständnis dafür aufbringen, dass er sich zunächst auf sicherem Terrain, sprich: ausgelatschten Pfaden bewegen wollte. So aber lässt die Produktion eines solchen Films befürchten, dass man das Publikum ganz falsch einschätzt und es künftig mit weiteren solcher Aufgüsse beleidigen wird.

Man-Thing
(USA 2005)
Regie: Brett Leonard, Buch: Steve Gerber & Hans Rodionoff, Musik: Roger Mason, Kamera: Steve Arnold, Schnitt: Martin Connor
Darsteller: Matthew Le Nevez, Rachel Taylor, Jack Thompson, Rawiri Paratene, Alex O’Lachlan, Steve Bastoni u.a.
Länge: 97 Minuten
Verleih: Artisan & Lions Gate Films

Stefan Höltgen

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