Diesel brennt nicht!

Man könnte meinen, man durchlebt die alptraumhafte Zusammenfassung des Teen-Horrorfilms von seinen Anfängen bis in die Gegenwart: Der Prolog von „Trespassing“ zeigt uns, wie ein junger Mann, der mit seinen Eltern in den Sümpfen von Louisiana lebt, zum wahnsinnigen Serienmörder wird. Seinen Vater ersticht er mit einer Heckenschere (von da ab sein bevorzugtes Mordinstrument), seine Mütter überschüttet er mit Diesel und zündet sie bei lebendigem Leibe an. Dann – eine Einblendung verrät uns „20 Jahre später“ – unternehmen fünf Studenten einen Wochenendausflug in das Haus, wo das alles begann. Von den dort stattgefundenen Taten wissen sie nichts – ihr Ausflug hat ein sozialpsychologisches Forschungsmotiv: „Stimmt es, dass das illegale Eindringen in ein gesperrtes Gebiet zwangsläufig Hysterie und Gewalt bei den Eindringlingen auslöst, wie gängige Horrormythen behaupten?“ Da die Eindringlinge nun zufällig in das Territorium und Haus des dort noch lebenden wahnsinnigen Killers eindringen, bestätigen sich die Thesen auf gleichsam wunder- und grausame Weise.


Einem derartig dünnen und fadenscheinigen Vorwand für eine Horrorfilmhandlung begegnet man in der Geschichte des Genres nur selten. Das Drehbuch ist sich für keinen Einfall zu schade, die angeblich unheimliche und aggressive Stimmung unter den fünf Jugendlichen zu forcieren: Da werden Streits über Nichtigkeiten zum Zerbrechen der ganzen Gruppe und herumliegende Leichen zum Moment des gegenseitigen Verdächtigens. Zudem zerfällt der Film schon kurz nachdem die Studenten beim Haus angekommen sind. Die beiden Frauen machen einen Waldspatziergang während die Männer im Haus ihre komplizierten Gerätschaften (zur Untersuchung des sozialpsychologischen Gegenstandes??) aufbauen. So plätschern die beiden Handlungsstränge eine ganze Zeit lang dahin bis die Frauen nach einem „Horrortrip durch Fußfallen-Gebiet“ wieder am Haus angekommen, wo die Männer mittlerweile allesamt umgekommen sind. Die Frauen fallen dann kurzerhand in ein Loch, von wo aus sie in die Möglichkeit geraten, den Killer zu überwältigen.

Das alles sind die Zutaten für einen überaus uninteressanten Film. Und man könnte angesichts der Legionen dieser Filme, die die letzten Jahre in die Kinos geschwemmt sind, auch schon fast darüber hinweg sehen. Doch „Trespassing“ belässt es nicht bei der Einfallslosigkeit – er kopiert ohne ersichtlichen Grund Motive und Bilder aus Horrorfilme wie „Blair Witch Project“ oder „The Texas Chainsaw Massacre“. So gibt es mysteriös in den Bäumen baumelnde Flaschen (in denen Geister eingefangen werden sollen) oder eine Szene, in der eines der beiden weiblichen Opfer sich eine Taschenlampe ins Gesicht hält und drauflosheult und -gesteht. Das Final Girl schließlich wird von dem heckenbescherten Killer in seit 1974 sattsam bekannter Kamerafahrt quer durch die Botanik gejagt, gerät schließlich in eine Hütte, in der ihr der anwesende Redneck nicht glauben will, und von dort auf eine Straße, wo sie einen LKW zum Anhalten-und-sie-mitnehmen zwingt. Aufflälliger und ärgerlicher wird nur selten plagiiert. Und als wäre das alles noch nicht genug, streckt der Regisseur des Film sein Werk durch eine wenigstens zehnfach wiederholte „Kamerafahrt am unheimlichen Haus vorbei“, die immer mal wieder eingestreut wird, wenn gerade nichts besseres zu zeigen ist … und das ist oft der Fall.

Als Fazit muss leider stehen bleiben, dass dieses äußerst plumpe und uninspirierte Werk in Sachen Plausibilität, Plagiatie und Langweiligkeit wirklich seines Gleichen sucht – oder, wie das Ankündigungsheft des Fantasy Filmfestes schreibt: „[Es] besteht wenig Zweifel, dass wir es mit der Horror-Entdeckung des Jahres zu tun haben.“

Trespassing
USA 2004
Regie: James Merendino

Stefan Höltgen

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