Maske gegen Muskel

„Qualität statt Quantität“ ist ein Leitspruch, der aus dem Handbuch des erfolgreichen Exploitationfilm-Produzenten garantiert mit dickem roten Strich ausgestrichen wurde, denn statt der Dezenz gilt für ihn meist eher die Devise des „Doppelt gemoppelt hält besser“.

zorrogegenmaciste.jpgDie wohl deutlichste Inkarnation dieser Lehre sind die in den letzten Jahren entstandene Zahl reiner Crossover-Filme wie „Alien vs. Predator“, „Freddy vs. Jason“, „Van Helsing“ oder aber die Comic-Verfilmungen, die mit ihren vielen handelnden Charakteren nicht nur eine Vielzahl an Identifikationsfiguren anbieten, sondern sich gleich noch die Hintertür für etwaige Sequels und Spin-offs offen halten. Der scheinbare Clou ist jedoch mitnichten neu: Der Drang zum kostengünstigen Doppelpack lässt sich bis zu den Anfängen der Filmgeschichte zurückverfolgen.

„Zorro gegen Maciste“ von 1963 ist eines der früheren europäischen Beispiele eines lupenreinen Crossover-Films. Er erzählt die Geschichte des Fantasiestaates Nogara, dessen König plötzlich verstirbt. Nun entbrennt zwischen seinen beiden Töchtern ein Machtkampf: Die intrigante Malva, die befürchtet übergangen zu werden, will das Testament ihres Vaters mithilfe des gutgläubigen Muskelmannes Maciste in die Finger bekommen, um es zu fälschen, ihre rechtschaffene Schwester Isabella wiederum macht sich auf die Suche nach dem gefürchteten Rebellen Zorro, der der guten Sache zu ihrem Recht verhelfen soll. Ein Treffen der beiden Helden lässt nicht lange auf sich warten …

… aber dennoch viele Wünsche offen, so könnte man obigen Satz zu Ende bringen. An „Zorro gegen Maciste“ lässt sich die Strategie des findigen Produzenten sehr gut nachvollziehen. Das verheißungsvolle Versprechen des Titels, der wohl allein die Menschen ins Kino ziehen sollte – der Kampf zweier Helden der Populärkultur – erschöpft sich in einer unspektakulären Balgerei und auch sonst war bei diesem Abenteuerschinken Meister Schmalhans Küchenmeister. Weder der monumentale Charakter des Sandalenfilms noch das Flair eines Zorrofilms wird auch nur annähernd erreicht. Das nur dem mickrigen Budget zuzuschreiben, wäre jedoch zu einfach, denn der Fehler liegt schon im Entwurf selbst: Die beiden Titelhelden wollen noch nicht einmal geografisch in denselben Film passen, von einer Chemie zwischen ihnen ist ganz zu schweigen. Dieses Manko suchten die Macher einerseits mit der Erschaffung des fiktiven Landes Nogara zu umschiffen, das man beim besten Willen nicht auf bekannten Karten verorten kann, andererseits nahmen sie billigend in Kauf, dass Zorro immer deplatziert wirkt und mit seinen mangelhaften Fechtdarbietungen eher Mitleid beim Zuschauer evoziert. Alles bleibt merkwürdig klein, seinen trashigen Höhepunkt findet der Film im Kampf des Muskelmannes Maciste gegen ein Plastikkrokodil.

So bleibt am Ende ein Film, der als historisches Zeugnis eurpäischer Exploitation-Filmkunst interessant ist, nicht zuletzt, weil man Pierre Brice vor seinem Durchbruch als Winnetou und den späteren Polizei-, Zombie- und Kannibalenfilm-Spezialist Umberto Lenzi mit einer frühen Regiearbeit erleben kann. Gleichzeitig fungiert er aber auch als Beweis für die These, dass Masse nicht immer auch Klasse bedeutet. Womit wir wieder am Anfang angelangt wären.

Zorro gegen Maciste
(Zorro contro Maciste, Italien 1963)
Regie: Umberto Lenzi, Drehbuch: Umberto Lenzi, Guido Malatesta, Kamera: Augusto Tiezzi, Musik: Les Baxter, Angelo Francesco Lavagnino, Schnitt: Jolanda Benvenuti
Darsteller: Pierre Brice (Zorro/Ramon), Alan Steel (Maciste), Moira Orfei (Malva), Maria Grazia Spina (Isabella de Alazon), Andrea Aureli (Rabek)
Länge: ca. 81 Minuten
Verleih: e – m – s

Zur DVD von e – m – s

e – m – s darf man in erster Linie dafür danken, einen solchen Film überhaupt ausgegraben zu haben. Die technische Umsetzung der DVD ist zwar nicht perfekt – das Bild weist einige Verschmutzungen und am oberen und unteren Bildrand unschöne Verfärbungen auf, die jedoch nur in dunklen Szenen richtig negativ auffallen –, Freunde europäischer Exploitation dürfen jedoch ob der schönen Aufmachung der DVD, deren Booklet das Programmheft von damals enthält, durchaus frohlocken.

Zur Ausstattung der DVD:
Bild: 2,35: 1
Ton: Deutsch (Dolby Digital 2.0)
Extras: Trailer, Bildergalerie, Darstellerinformationen
Länge: ca. 81 Minuten
FSK: Ab 12
Preis: 14,99 Euro

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Eine Antwort auf „Maske gegen Muskel“

  1. Obwohl der Film nicht die beste Kritik hat, bin ich dankbar ihn jetzt als DVD zu besitzen, da ich als großer Pierre Brice Fan ( seit über 43 Jahren) alles über ihn sammele was mir in die Finger kommt.Vieleicht werden noch andere alte Filme von ihm erscheinen, ich glaube die Pierre Brice Fans würde es freuen.
    MfG Rosi Weiler

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