Kritik der Kult-Industrie

Spätestens wenn eine Film-Erzählung in ihre zweites Fortsetzung geht, haben die Produzenten mit sicherem ökonomischen Gespür diejenigen Handlungselemente und Figuren ermittelt, die „Kult-Charakter“ haben und betonen diese besonders. Das hat vor Kurzem Terminator 3 schmerzlich ins Gedächtnis gerufen, der zu einer waren Kult-Kanonade cooler T-101-Sprüche mit irrelevanter Filmumrahmung geworden ist. Bei Re-Animator 3, der seinem Vorgänger Bride of Re-Animator (1990) mit ähnlich weitem Abstand wie T3 dem T2 folgt, deutet sich ein ähnliches Malheur an.

Dr. Herbert West sitzt wegen seiner Menschen-/Leichen-Experimente im Gefängnis, mittlerweile schon 13 Jahre, als der junge Gefängnisarzt Howard Philips das Terrain betritt. Dieser hat es in der Vergangenheit bereits mit West zu tun gehabt, als einer der vom Mad Scientist geschaffenen Zombies seine Schwester umbrachte und er dabei zusehen musste. West wurde im Zuge dessen verhaftet, hat am Tatort aber eine Spritze mit phosphoresziered-grünem Inhalt zurückgelassen. Diese Spritze hat die wissenschaftliche Karriere Howards bestimmt – und seinen Wunsch im selben Gefängnis zu arbeiten, in dem West einsitzt. Doch auch dieser ist nicht untätig gewesen und hat mit Rattenexperimenten herausgefunden, was an seinen damaligen Versuchen fehlgelaufen ist: Zwar hat er die Körper der Toten reanimiert, nicht jedoch deren „Seele“, die er als „Nanoplasma“ aus den Körpern der Ratten extrahiert. Was bei Ratten funktioniert, funktioniert auch bei Menschen und so schließen sich West und Philips zusammen und experimentieren im Gefängnis weiter. Als eine Revolte ausbricht, die zahlreiche Tote fordert, ist auch die materielle Basis für eine Ausdehnung der Experimente am Menschen geschaffen.

Beyond Re-Animator versucht neben der Geschichte von Herbert Wests Re-Animationsexperimenten verzweifelt eine zweite zu erzählen: die vom jungen Arzt und seiner noch jüngeren Liebe zur Gefängnis-Reporterin Laura sowie vom bösen Gefängnisdirektor Jones, der als Hardliner am liebsten jeden Insassen des Gefängnisses auf den elektrischen Stuhl bringen möchte. Doch dies gelingt dem Film nicht, denn West und sein Mad Scientist-Flair sind einfach zu präsent und drängen sich im Laufe immer weiter in den Vordergund. Und so wird Re-Animator wieder das, was seine Vorgängerfilme bereits gewesen sind: Splatter-Kommödie mit Handlungshäppchen.

Hier allerdings hat der Film einiges an Ideen zu bieten. Die Gefängnisinsassen, die zu West schon immer besonders misstrauisch Verhältnis pflegten, werden bei der Revolte von dessen zweifelhaften Ambitionen vollends überzeugt. Eine durch den Missbrauch der Re-Animationsdroge große Anzahl an Zombies wütet durch das Gefängnis. Und West ist bemüht, seine neueren wissenschaftlichen Erkenntnisse vom Nanoplasma an einigen anzuwenden und sie zu beseelen. Ihren Verstand gewinnen sie dadurch zwar wieder, ihre Aggressionen verlieren sie aber nicht. Dies wird besonders an der durch den Direktor getöteten Reporterin Laura besonders deutlich, die – vom verzeifelten Philips re-animiert – zu einer wahren Furie geriert, die ihrem Liebhaber ordentlich zusetzt. Auch Gefängnisdirektor Jones kommt in den Genuss der erweiterten Re-Animation, muss sich jedoch mit dem Nanoplasma einer Ratte zufrieden geben, was seine negativen Charaktereigenschaften nicht gerade unterdrückt.

Beyond Re-Animator ist mit Kalkül daraufhin ausgelegt, den Kult seiner Prequels von 1985 und 1990 zu wiederholen und wiederzubeleben. Doch in diesem Experiment (das ja immer auch ein Experiment mit dem wissenden Zuschauer ist), trägt Regisseur Brian Yuzna ein wenig zu dick auf. Zwar hat er der Figur Herbert Wests die altbekannte amoralische Wissenschaftlerrolle passend auf den Leib geschrieben, doch wirkt die dramatische Geschichte – die es ja auch bei den Vorgängerfilmen immer wieder gab – in Beyond Re-Animator zu sehr als Erfüllgunsgehilfe für die narrativen Eskalation. So interessiert es nach dem Ausbruch der Revolte weder Yuzna noch den Zuschauer, was aus seinem Kollegen Philips und dessen berserkerhaft agierenden Freundin geworden ist. Zwar wird deren Geschichte immer mal wieder vom Film eingeblendet, doch dies recht lustlos. Das Faszinosum sind eindeutig die Zombies und – im wahrsten Sinne des Wortes – Halbwesen und deren Treiben im Gefängnis.

Damit schafft es der Film nicht, dem Exploitation zu entkommen und wiederholt nur Altbekanntes. Denn Altbekanntes wollen die Leute sehen, wenn sie sich eine zweite Fortsetzung anschauen. Das nennt man Kalkül. Die Faszination scheint geradezu in der (eigentlich langweiligen) Wiederholung des Immergleichen zu liegen. Der Wiedererkennungswert übertrifft den Wert der Originalität. Und das nennt man Kult. Mit dem kalkulierten Kult schlittert Yuzna nur haarscharf an der Grenze zur Unglaubwürdigkeit vorbei. Denn Kult wird allein vom Zuschauer zuerkannt – was geschieht, wenn dieses Prinzip verletzt wird, zeigt sich an Terminator 3: Peinlichkeit bis zur Selbstentstellung. Davor konnte sich die Re-Animatorgeschichte dieses mal noch bewahren … aber das offene Ende deutet bereits auf eine weitere Wiederbelegung des Stoffes hin.

Beyond Re-Animator
Regie: Brian Yuzna
Buch: Brian Yuzna, José Manuel Gómez und Miguel Tejada-Flores nach Motiven von H. P. Lovecraft
Kamera: Andreu Rebés, Musik: Xavier Capellas
Darsteller: Enrique Arce, Nico Baixas, Jason Barry, Jeffrey Combs, Bárbara Elorrieta u. a.
Verleih: filmfax international / e.m.s new media, Länge: 95 Minuten

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