Der Film ohne Grund

Zack Snyder gelang vor vier Jahren mit „Dawn of the Dead“ das außergewöhnlich gute Remake des gleichnamigen und unsterblichen Klassikers von George Romero, obwohl einem doch schon die Idee, dass sich jemand an diesem vergreifen wollte, wie ein Sakrileg erschien. Was für ein unwahrscheinlicher Glücksfall diese Neuauflage tatsächlich war, wird einem schmerzhaft bewusst, wenn man das nach deren Erfolg unvermeidliche Remake von „Day of the Dead“, dem dritten Teil von Romeros ursprünglicher Zombie-Trilogie und dem direkten Nachfolger von „Dawn“, durchleidet. Das einzige, was man diesem ohne Sinn und Verstand zusammengeschusterten Rohrkrepierer zugutehalten kann: Er versucht gar nicht erst, ein echter Film zu sein, sondern begnügt sich ganz mit der Funktion des Wegwerfprodukts für Splatternerds. Aber auch als solches versagt er auf ganzer Linie.

Eine Kleinstadt in Colorado: Eine rätselhafte Seuche ist ausgebrochen, niemand weiß, was genau es damit auf sich hat, und das Militär erhält die Anweisung, die komplette Stadt abzuriegeln. Eine der zuständigen Soldatinnen, Sarah Bowman (Mena Suvari, neun Jahre nach „American Beauty“ endgültig auf dem Boden der Tatsachen angekommen), hat noch Familie vor Ort und ihre Mutter stellt sich auch als von der Seuche befallen heraus: Die Infizierten spucken Blut, werden apathisch. Im völlig überfüllten Krankenhaus geht aber eine plötzliche Veränderung mit den Opfern vor: Ihr Fleisch verfault binnen Sekunden und sie werden von einer blutgierigen Raserei befallen, mit der sie Jagd auf alles machen, was noch gesund ist. Für Sarah, ihren Bruder und einige weitere Bewohner der Stadt beginnt ein erbitterter Kampf ums Überleben – und die Suche nach der Ursache der Seuche …

Romeros „Day of the Dead“ erzählte davon, wie die letzten versprengten Überlebenden der Zombieseuche – Wissenschaftler und Soldaten – in einem Bunker die Normalität probten, während innere Konflikte die Gruppe mehr und mehr aufrieben. Wie schon in „Dawn of the Dead“ stellten sich dabei die Menschen, die ihre niederen Instinkte nicht einmal im Angesicht der völligen Auslöschung aufzugeben bereit waren, als die eigentlichen Monster heraus. Den Schwarzen Peter schob Romero vor allem dem Militär zu, das sich in Vertretung des größenwahnsinnigen Captain Rhodes von jeder Vernunft befreit zeigte, aber auch die sich selbst verabsolutierende Wissenschaft bekam ihr Fett weg. Am Ende von „Day“ stand die Auslöschung der Gruppe und die Flucht der letzten drei Überlebenden auf eine einsame Karibikinsel, auf der der Neuanfang versucht werden sollte. In Steve Miners (u. a. „Freitag, der 13. Teil 2“, „Und wieder ist Freitag, der 13.“, „House“, „Halloween H20“, „Lake Placid“) Version ist von diesem Konzept außer sehr willkürlichen und rein oberflächlichen Zitaten rein gar nichts mehr übrig und auch zu Zack Snyders Remake steht er in keinerlei Verbindung. Die Abkehr vom Original zeigt sich schon ganz oberflächlich, indem Miner ausgerechnet eine Soldatin zur Protagonistin und Sympathieträgerin macht: Ja, man ist endlich wieder wer, in den US of A. Auch Romeros Kernaussage – der Mensch ist die wahre Bestie –, die sich durch die ganze Trilogie (und auch durch die mittlerweile hinzugekommenen beiden weiteren Sequels) zieht, wird hier nicht nur nicht aktualisiert, sie wird geradezu in ihr Gegenteil verkehrt.

„Day of the Dead“ suhlt sich in seinen miserablen Digitaleffekten und im Gore, verfehlt aber jegliche transgressive Wirkung. Ein Protagonist bringt es auf den Punkt, nachdem er einem Zombie den Kopf mittels eines gezielt geworfenen Stuhls vom Kopf gerissen hat: „Hey, that’s kinda fun!“ Im Gegensatz zu etwa „Dawn of the Dead“, in dem diese Art von „Fun“ für die Protagonisten noch üble Konsequenzen nach sich zog, vor allem aber ihre Inhumanität offenlegte, geht Miners Film ganz in der Triebabfuhr des Funsplatters auf, die ihn als Remake endgültig disqualifiziert. Zombies sind hier nun tatsächlich die gesichts- und charakterlos herumstaksenden Horden, die es mit Verve, (mäßiger) Kreativität und ohne schlechtes Gewissen umzumähen gilt. Dieser „Day of the Dead“ hat mehr mit „Planet Terror“ gemeinsam als mit seiner nominellen Vorlage. Mit der Ausnahme, dass Rodriguez nicht auf jedes schon vor 20 Jahren als solches identifizierbare Drehbuchklischee zurückgriff – und das dann auch noch – wie Miner – vollkommen Ernst meinte. Die Planlosigkeit von „Day of the Dead“ ist evident: Da nimmt man sich einen der visionärsten Horrorfilme der Achtzigerjahre für ein Remake vor und weiß nichts Besseres damit anzufangen, als von „28 Days Later“ und „Resident Evil“ jeden Zombiefilm der letzten Jahre zu plündern.

Und genau so sieht Miners Film dann auch aus. Formal ist er eine mittlere Katastrophe, Stückwerk, dem man die Erfahrung seines Machers nicht im Geringsten anmerkt. Mit seiner hässlichen Digivideo-Optik, den nervtötend überstrapazierten Avid-Effekten und seiner grotesk verzerrten Farbpalette – Stilmittel, mit denen man wohl hoffte, das schmale Budget kaschieren zu können – reiht sich der in Bulgarien mit einer amerikanisch-bulgarischen Crew gedrehte Film nahtlos in die Reihe der in den vergangenen Jahren mit US-Geldern im ehemaligen Ostblock realisierten Direct-to-DVD-Werke ein, wie man sie etwa von Steven Seagal reihenweise aufgetischt bekam. Es ist wirklich so schlimm: Nicht nur bleibt es ein Rätsel, was die Macher von „Day of the Dead“ eigentlich erzählen wollten, hinzu kommt noch, dass ihr Film nahezu unansehbar ist. So bleibt am Ende nur das Fazit, dass Miners „Day of the Dead“ dann doch auf eine denkbare verquere Art den Spirit der Originale in sich trägt: Denn eine Menschheit, die solche Filme produziert, hat eine Rettung wirklich nicht verdient.

Day of the Dead
(Day of the Dead, USA 2008)
Regie: Steve Miner, Drehbuch: Jeffrey Reddick, Kamera: Patrick Cady, Musik: Tyler Bates, Schnitt: Nathan Easterling
Darsteller: Mena Suvari, Nick Cannon, Michael Welch, AnnaLynne McCord, Stark Sands
Länge: ca. 82 Minuten
Verleih: e – m – s

Zur DVD von e – m – s

Es gibt keinen Grund zur Beanstandung, aber auch keinen, die DVD besonders lobend zu erwähnen.

Zur technischen Ausstattung der DVD:
Bild: 1,85:1
Ton: Deutsch (Dolby Digital 5.1, DTS 5.1), Englisch (Dolby Digital 5.1)
Extras: Trailer, Behind the Scenes, Interviews
Länge: ca. 82 Minuten

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