Das Schweigen der Bilder

Dem Diktum Hitchcocks, dass ein Film auf das gesprochene Wort zugunsten der Bilder möglichst verzichten sollte, scheint das moderne Effektkino relativ nahe zu kommen.shinobi.jpg Auch „Shinobi –Heart under Blade“ macht gar keinen Hehl daraus, dass es ihm um die Bilder und nicht viel mehr geht. Schon der Plot – zwei rivalisierende Stämme des kleinen Volks der Shinobi, mit mysteriösen Kräften ausgestatteten Supermenschen, werden vom herrschenden japanischen Kaiser gegeneinander ausgespielt – ist nicht viel mehr als eine grobe Skizze, die einzig und allein dazu dient, die handelnden Figuren in zahlreiche Schlachtenszenarien zu führen, die mehr oder weniger spektakulär ausgestaltet sind. Der bildliche Einfallsreichtum ist dann auch fast alles, was „Shinobi“ anzubieten hat. Neben den zahlreichen, etwas inflationär eingesetzten und technisch mittlerweile zum Standard gehörenden CGIs weiß lediglich die Farbgestaltung zu überraschen und zu begeistern: Regisseur Ten Shimoyama taucht das Geschehen oft in dunkle Farben und weckt so seiner asiatischen Herkunft zum Trotz mehr als einmal Erinnerungen an die europäische Schauerromantik. Es bleibt jedoch leider bei dieser rein optischen Verwandtschaft, denn Atmosphäre kommt in seinem Film zu keinem Zeitpunkt auf.

Das ist das eigentlich Erstaunliche an dieser Art des Kinos der Attraktionen: Die Bilder hinterlassen über die rein ästhetische Wahrnehmung hinaus keinerlei Wirkung. Man staunt vielleicht kurz, bevor man schon vom nächsten Effekt überrollt wird. Nichts hat Zeit zu wirken, vielmehr muss es in dem Moment beeindrucken, in dem es sich ereignet. Nachhaltigkeit geht anders. „Shinobi“ ist von einer frappierenden Emotionslosigkeit und ökonomischen Sachlichkeit, an der nahezu alle Filme der Generation von Werbe- und Videoclip-Regisseuren kranken. Diese haben gewiss ein Talent dafür, die Dinge gut aussehen zu lassen und Bilderwelten zu erschaffen, aber nicht unbedingt dafür, diese Bilder auch erzählen zu lassen. Bevor das Spektakel in Bewegung kommt, muss sich der Zuschauer daher erst durch eine ellenlange Exposition kämpfen, in der vor allem viel geredet wird. Dabei kommt diesen Dialogen keine andere Funktion zu als die, ihn mit Informationen zu versorgen, die letzten Endes überhaupt keine Rolle spielen. Die Geschichte um die beiden Clans setzt sich nämlich aus so vielen Versatzstücken zusammen, dass man sich von Beginn an gut auch „blind“ zurechtfindet: Da gibt es die gefährliche Liebe zwischen vermeintlichen Gegnern aus „Romeo und Julia“, die einzelnen Figuren – den aufrechten Kämpfer, den mysteriösen Gestaltwandler, den grunzenden Tiermenschen – kennt man aus zahlreichen Fantasy- und Actionfilmen und die Grundidee der übermächtigen Shinobi, die von den Menschen gefürchtet und deshalb gegeneinander aufgehetzt werden, ist mehr als nur von den „X-Men“-Filmen inspiriert. Das ist vielleicht das Interessanteste an Shimoyamas Film: dass sich das Hollywoodkino jetzt nicht mehr nur in der Oberfläche asiatischer Filme spiegelt, sondern sogar schon den Inhalt bisher genuin asiatischer Stoffe befällt. Ansonsten ist „Shinobi – Heart under Blade“ keineswegs ein besonders schlechter Film, sondern vielmehr symptomatisch.

Shinobi – Heart under Blade
(Shinobi, Japan 2005)
Regie: Ten Shimoyama, Drehbuch: Kenya Hirata, Futaro Yamata, Kamera: Masasai Chikamori, Musik: Taro Iwashiro, Schnitt: Isao Kawase
Darsteller: Yukie Nagama, Jo Odagiri, Tomoka Kurotani, Erika Sawajiri, Kippei Shiina
Länge: 98 Minuten
Verleih: I-On New Media

Zur DVD von I-On

Der japanische Erfolgsfilm wird von I-On im noblen Steelbook als Doppel-DVD veröffentlicht. Bild- und Tonqualität sind hervorragend, auch die deutsche Synchronisation ist gut gelungen.

Zur Ausstattung der DVD:

Bild: 1:2,35
Ton: Deutsch (DTS 5.1, Dolby Digital 5.1), Japanisch (Dolby Digital 5.1)
Extras: Trailer, Die Spezialeffekte, Die Waffen, Storyboardvergleiche, Vorbereitungen zum Dreh, Die Kampfszenen, Internationale Trailer & TV-Spots
Länge: 98 Minuten
FSK: Ab 16
Preis: 18,95 Euro

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