Tobe Hooper auf dem Weg zum nächsten guten Film

Von Tobe Hooper ist man es gewohnt, einen guten und dann wieder eine Hand voll schlechter Filme präsentiert zu bekommen. Fast wirkt es so, als müsse er für jeden größeren Wurf ein wenig Atem holen, indem er ein paar wenig-sagende und schlecht inszenierte Genre-Beiträge herunter kurbelt. Von dieser Warte aus gesehen wundert es also nur wenig, dass Hooper nach dem großartigen „Toolbox Murders“ mit „Mortuary“ wieder eine hunterprozentige Niete aus dem Hut gezogen hat. Die Regelmäßigkeit bringt es jedoch auch mit sich, dass man den filmästhetischen Fehlgriffen ein gewisses Wohlwollen entgegen bringt.

Die Familie Doyle, deren allein erziehende Mutter ihre beiden Kinder als Leichenbalsamiererin durchbringt, zieht in eine neue Stadt. Das Haus, das sie sich als Lebensmittelpunkt ausgesucht haben, liegt am Rand eines Friedhofs, ist umsäumt von den Fäkalien-Seen einer übergelaufenen Klärgrube und in einem äußerlich wie innerlich desolaten baulichen Zustand. Das Ambiente für einen horrible Erzählung stimmt also schon einmal perfekt und alsbald stellt sich heraus, dass in einer auf dem Friedhof befindlichen Gruft ein untoter Mörder haust. Dieser infiziert zunächst eine Reihe sich dort zu sexuellen Vergnügungen einfindenden Teenagern und lässt sie zu Zombies werden, um dann auch Mutter Doyle ins Untotendasein zu befördern. Zusammen mit seiner neuen Freundin steht nun der fast erwachsene Sohn und seine kleine Schwester allein einer immer größer werdenden Gruppe von Untoten gegenüber. Der Ursprung des Grauens ist zwar schnell ausgemacht, doch scheint es nicht so, dass dessen Beseitigung schon gleich wieder zu normalen Zuständen im Hause Doyle führt.

Tobe Hooper setzt seinen Zuschauern – und wohl selbst denen unter ihnen, die seine Filme vorbehaltlos mögen – mit „Mortuary“ einen schwer verdaulichen Brocken vor. So gut wie gar nichts stimmt an diesem Film. Vor allem das Timing, in dem die Charaktere entwickelt werden, der Horror sich in der Normalität etabliert und die Katastrophe samt Höhepunkt ihren Gang geht, ist holpriger und ungeschickter kaum zu bewerkstelligen. Ein gutes Beispiel dafür ist, wie der Film mit Mutter Doyle verfährt: Kaum hat sie sich in der Filmhandlung als gut strukturierte und plastische Figur etabliert, wischt Hooper sie mit einem Handstreich vom Tableau und macht aus ihr eine Gefahr für ihre Kinder, denen das Drehbuch wiederum aber kaum das Zeug zum Helden mitgegeben hat. Indes spukt ein Untoter in der Gegend herum und aus dem Fußboden rankt sich eine schwarze Flechte durch das ganze Haus, die auf der Suche nach frischem Blut ist. Hier gleich drei Gefahrenquellen ins Feld zu führen, anstatt sich auf eine zu konzentrieren, ist einfach zuviel des Bösen.

Zum Ende des Films hin häufen sich die Beliebigkeiten für den Zuschauer und die Gefahren für die verbliebenen Protagonisten derartig, dass es schon fast gleichgültig ist, wie diese jetzt umkommen. Dass sich zuguterletzt einfach der Boden auftut und einen von ihnen ohne Vorwarnung verschluckt, während der andere vom längst beseitigt geglaubten Mutter-Zombie überwältigt wird, überrascht da wenig. Hier Absicht – im Sinne eines dialektischen Hinweises darauf, dass das Schlechte auf das fehlenden Gute des Genres verweisen soll – zu unterstellen, verlangt schon besonders großes Wohlwollen. Das kann „Mortuary“ aber nicht jeder Zuschauer entgegenbringen und so bleibt für Nicht-Hooper-Fans der Trost, dass der Film vielleicht als eine Zählmarke im Count-Down zum nächsten guten Hooper gesehen werden kann.

Mortuary
(USA 2005)
Regie: Tobe Hooper, Buch: Jace Anderson & Adam Gierasch, Kamera: Jaron Presant, Musik: Jospeh Conlan
Darsteller: Dan Byrd, Stephanie Patton, Alexandra Adi, William Alva, Denise Crosby, Lee Garlington u.a.
Länge: 90 Minuten
Verleih: Bronson Entertainment

Stefan Höltgen

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