1-18-08

Viren und Monster scheinen auf den ersten Blick recht verschiedene Stoffwechsel zu haben. Auf der einen Seite wäre das meist aus natürlichen oder auch hausgemachten Umständen, oder von Atomstrahlen zum wachsen gebrachte Ungetüm, dessen übernatürliche Kraft ausreicht, um es locker mit einer ganzen Armee aufzunehmen; auf der anderen das Virus, das eigentlich gar keinen eigen Stoffwechsel hat und sich definitionsgemäß in einer Zwischenwelt von Leben und Tod verorten lassen muss. Das Virus ist allerdings in der Lage, die Sprache seines Wirtes zu sprechen, um sich in dessen Zellen zu reproduzieren, wohingegen das Monster weitestgehend auf die Überzeugungskraft seiner nackten Präsenz setzt. Matt Reeves‘ „Cloverfield“ schafft es in gewisser Hinsicht, beides zu vereinigen und überschreitet dabei die Grenzen seines eigenen Films.
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Froschperspektive

„Die Menschen müssen das sehen“, sagt Hud, der mit der Videokamera festhält, wie Manhattan von einem gigantischen Ungeheuer dem Erdboden gleichgemacht wird. Damit paraphrasiert er nicht nur das Versprechen der Marketingabteilung, die für die „Cloverfield“ -Kampagne alle Register gezogen hat, um die Menschen ins Kino zu locken, er knüpft auch unmittelbar an die Lesart ist, die nach „I am Legend“ nun schon zum zweiten Mal in diesem Jahr das größte amerikanische Trauma der Gegenwart zum Thema eines Genrefilms macht. Der Monsterfilm scheint sich für solche Allegorien besonders gut zu eignen. Frei nach dem Wortstamm „demonstrare“ begreift der Zuschauer das Monster automatisch als Zeichen für etwas anderes. Das funktionierte schon 1954 mit Inoshiro Hondas „Godzilla“, der personifizierten atomaren Bedrohung, der für „Cloverfield“ Pate stand. „Froschperspektive“ weiterlesen

David Holzman’s Diary

Zu Beginn der Vorführung herrscht Verwirrung im Saal. Bis wenige Minuten später der Anmoderator der Retrospektive mit Mikrofon die Situation kurz erläutert und sich beim Publikum für die technische Panne entschuldigt, läuft der Film ohne Ton. Ironie des Schicksals, denn man weiß ja eigentlich, dass David Holzman’s Diary die Bedingungen von Produktion, Wahrnehmung und Einschätzung audiovisueller Medien untersucht und reflektiert. Was also sind diese stummen Bilder, die doch eigentlich, ihr Inhalt legt es zumindest nahe, Ton haben müssten? So gewollt, also erster künstlerischer Kniff dieses überaus cleveren Films? Verunsichertes Hüsteln im Saal, erste Aufforderungen, dass doch einer bitte mal dem Vorführer bescheid sagen soll, werden, wenn auch mit leichtem Timbre in der Stimme, geäußert. Wie gesagt: Verwirrung. Man darf wohl davon ausgehen: Dem Regisseur Jim McBride hätte das gefallen. „David Holzman’s Diary“ weiterlesen