Fantasy Filmfest 2011: Befreiung und Selbstbefreiung

„The Woman“ gelingt in den ersten Minuten eine großartige, weil doppelbödige Einstellung, bei der ein Mann im Wald durch das Guckrohr seines Gewehrs heimlich eine verwilderte Frau (Pollyanna McIntosh) beobachtet. Das Anstarren der nichts ahnenden Halbnackten aus der Ferne hat zunächst natürlich etwas Voyeuristisches, doch dadurch, dass hier ein Gewehr als Fernrohr fungiert, bekommt der bloße Sehakt von vornherein etwas Bedrohliches – es ist eine Ankündigung des nicht nur sinnlichen, sondern bald auch physischen Übergriffs. Dass Schusswaffen im Kino spätestens seit „Panzerkreuzer Potemkin“ als phallische Symbole, als Instrumente der Penetration angesehen werden, bestätigt diese Gefahr. Tatsächlich fängt Chris (Sean Bridgers) die Frau, schleppt sie in einen unterirdischen Schuppen auf seinem Grundstück und kettet sie in Kreuzigungsposition an die Wand, um sie sich gefügig zu machen, sie „zu zivilisieren, wie er sagt. Seinen Plan, sie „von sich selbst zu befreien“, das Andersartige zu unterwerfen und assimilieren, könnte man auch als Kommentar zur US-Außenpolitik verstehen, doch McKee – der bereits in „May“ eine gesellschaftlich inkompatible, gefährliche Frau in den Vordergrund rückte – bleibt auf der individuellen Ebene. „Fantasy Filmfest 2011: Befreiung und Selbstbefreiung“ weiterlesen