Melanche

Die Themen Kochen und Essen sind ein für den Film besonders dankbare Motive, weil sie es ermöglichen an synästhetische Erfahrungen des Zuschauers in Bildern und Tönen anzuknüpfen und auf diese Weise zwei weitere Sinne mit anzusprechen. Wenn zur Oppulenz festlicher Mahlzeiten und deren Zubereitung, die auf eine filmgeschichtlich lange Tradition zurückblicken kann, auch noch die Zutaten ins Bild rücken, stellt sich nicht selten ein Farben- und Formenspiel besonderer Eindringlichkeit ein. XXXs Film „The Mistress of Spices“ erzählt von der indischen Küche und ins besondere von den in dieser Küche reichhaltigen Gewürzen und verbindet dieses Thema mit einer sozialen Frage.

Tilo wird bereits als Kind aus ihrem Zuhause gerissen, als ihre Eltern getötet werden. Auf ihrer Suche nach einem neuen Heim gerät die hellseherisch begabte in eine Gewürzschule und lässt sich als „Hüterin“ ausbilden. Ihre Aufgabe ist es fortan, die Würz-, Wunder- und Heilkraft der indischen Gewürze zum Positiven für die Menschen einzusetzen. Um den mysthischen Kontakt mit den Gewürzen nicht zu verlieren, muss sie sich an drei Regeln halten: Sie darf ihre Kunst nie für eigene Zwecke anwenden, sie darf den Ort, an dem sie arbeitet nie verlassen und sie darf nie fremde menschliche Haut berühren. Tilo wird nach Amerika (San Francisco) geschickt, um dort tätig zu werden. Dort fällt ihr das Einhalten dieser Regeln besonders schwer – erst recht, als sie Doug kennen und lieben lernt. Als sich ihre emotionale und soziale Situation zuspitzt, bricht sie eine der Regeln nach der anderen und läuft damit in Gefahr, ihre Berufung zu verlieren.

hdg.jpg„The Mistress of Spices“ lebt auf den ersten Blick von der Exotik des indischen Mystizismus, der an nicht wenigen Stellen des Films bis ins Kitschige verzerrt wird. Dies dient jedoch hauptsächlich dazu, eine optische Basis für das eigentliche Thema des Films vorzubereiten: Die Problematik des Kulturtransfers und –importes bei Einwandererfamilien. Gerade ein interkultureller Schmelztigel wie Los Angeles bietet hier den idealen Hintergrund einer Emigrationserzählung. Tilo hat nicht nur selbst mit dem Problem der Kultur und deren in einer solchen Gesellschaft kaum einzuhaltenen Regeln, die sie mit sich trägt, zu kämpfen – auch ihre Kunden sind im Wesentlichen dadurch bestimmt. So wird sie immer wieder von dem älteren indischen Herren besucht, der ihr sein Leid über die allzu angepasste Enkelin klagt (die schließlich sogar die elterlichen Heiratspläne für sie in den Wind schlägt und sich mit einem Mexikaner zusammentut) oder mit den Intetragtionsproblemen des jungen Jagit, der, um Anschluss an Altersgenossen zu finden, seine Kultur vollständig verleugnet und zu einem Kriminellen zu werden droht.

Die Gewürze, mit denen Tilo handelt, sind die Katalysatoren dieser Erzählfäden – mit ihnen versucht die Händlerin die Schicksale ihrer Kunden zu beeinflussen, was ihr nur insoweit gelingt, wie diese bereit sind, sich dem mystischen Glauben anzuschließen. Als Tilo meint, den Kontakt mit ihren Gewürzen und damit zum Schicksal ihrer Kunden zu verlieren, schafft sie es erstmals echtes soziales Engagement an den Tag zu legen und den Verlauf der Dinge tatsächlich zu beeinflussen – nicht zuletzt hiermit gelingt es ihr, vollständig in der neuen Kultur anzukommen und diese in eine lebbare Koexistenz mit ihren indischen Wurzeln zu bringen. Der Film erzählt diese Geschichte in malerisch-schönen Bildern. Immer wieder sind die geheimen Hauptdarsteller, die Gewürze, das Zentrum des Bildes. In Groß- und Detailaufnahmen fängt die Kamera die leuchtenden Farben ein und verhilft dem Film zu einer selten gesehenen optischen Magie. Vor allem diese ist es, die die teilweise etwas holzschnittartige Charakterisierung und den eingangs monierten kitschigen Unterton der Erzählung schnell vergessen machen.

Die Hüterin der Gewürze
(The Mistress of Spices, USA/UK 2005)
Regie & Buch: Paul Mayeda Berges; Musik: Craig Pruess; Kamera: Santosh Sivan; Schnitt: Alex Rodríguez
Darsteller: Aishwarya Rai, Dylan McDermott, Nitin Ganatra, Adewale Akinnuoye-Agbaje, Caroline Chikezie u.a.
Verleih: Universum
Länge: 92 Minuten

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