Bilder/Schrift/Sprache

Peter Greenaways Filme zählen zu den schillerndsten Werken der Filmgeschichte. Ästhetisiert bis ins kleinste Detail, versessen auf Oppulenz, musikalisch rhythmisiert, organisch, kalt – mit kaum einem Attribut wurden sie nicht versehen. Die einen unterstellen ihnen unendliche Tiefgründigkeit, die anderen geschwätzige Oberflächlichkeit. Der Variantenreichtum der Kritik zeigt bereits, dass Greenaways Filmen nicht leicht auf die Spur zu kommen ist – am wenigsten mit der Sprache, denn diese problematisieren sie von Beginn an.


Etwa 25 Kurz- und Experimentalfilme hat der britische Regisseur ab 1962 veröffentlicht, bevor er mit seinem ersten Spielfilm „Der Kontrakt des Zeichners“ (1982) reüssierte. Das in Motiven und Äshtetiken äußerst variantenreiche Spielfilmwerk Greenaways findet sich in nuce bereits in jenen frühen Beiträgen. Der Verleiher absolutMEDIEN hat nun eine BFI-Greenaway-Kompilation mit acht der frühen Werke (1969-1980) unter dem Titel „The Early Films of Peter Greenaway“ in Deutschland auf DVD veröffentlicht.

Durchgängig bei allen Filmen findet sich jener von Greenaway immer wieder thematisierte Konflikt zwischen Schrift und Bild: „Es gibt keine Filmgeschichte – nur 107 Jahre illustrierten Text“, fasst er in der Einleitung von „Dear Phone“ (1975) sein Projekt zusammen. Dort reflektiert er anhand schriftlicher Telefonprotokolle jenes Missverhältnis zwischen Schrift und Bild ebenso wie in einer „kartografischen Kamerafahrt“ durch eine Grafiken-Sammlung, („A Walk Throug H“, 1978) oder in dem Versuch, aus Zeichnungen und Niederschriften des fiktiven Filmregisseurs Tulse Luper einen seiner experimentellen Filme zu rekonstruieren. Ein Projekt, das mit jedem weiteren Dokumentenfund revidiert und schließlich vollständig infrage gestellt werden muss („Vertical Feature Remake“, 1976).

Das Zentrum der Veröffentlichung bildet die dreistündige experimentielle Mockumentary „The Falls“ (1980), in der Greenaway 92 Einzelschicksale betrachtet, die durch so genannte „Violent Unknown Events“ miteinander in Verbindung stehen, und alle auf die eine oder andere Weise mit Vögeln, Flugzeugen oder dem Fliegen zu tun haben. In „The Falls“ kreuzen sich all jene Motivstränge der Kurzfilme und der im späteren Filmwerk verarbeiteten Obsessionen Greenaways zu einem großartigen intellektuellen Geflecht von Zitaten, Referenzen und Allusionen.

Die DVD-Kompilation ist durchgängig in mehreren Sprachen (u. a. auch englisch und deutsch) untertitelt. Zu jedem Film gibt es eine Einführung des Regisseurs, der die jeweiligen Themen und Äshtetiken der einzelnen Filme film- und wissenschaftsgeschichtlich einordnet. Als besonderes Bonbon eröffnet ein Untermenü zu „The Falls“ die Möglichkeit, den Film thematisch umstrukturiert zu sehen.

The Early Films of Peter Greenaway
Kurz- und Esperimentalfilme 1969-1980
2 DVDs, 27,99 Euro (auch einzeln à 17,99 Euro)
absolutMEDIEN

Stefan Höltgen

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