Redundanz

Nicht erst, aber vor allem seit Matrix ist der Genrefilm wieder interessant geworden für die Philosophie. Die Konzepte, die sich vor allem im fantastischen und besonders im Science Fiction-Film finden, eröffnen dem geneigten Betrachter Anknüpfungspunkte zu philosophischen Debatten. Die hängt natürlich zum einen damit zusammen, das die „Science“ im Science Fiction nicht von ungefährt kommt; zum Anderen reagiert die Produktion auf ein intelligenteres, medien- und selbstbewusstes Publikum mit höheren Ansprüchen, die nicht zuletzt im Verarbeiten philosophischer Gedanken Eingang in den Film finden.


Der Terminator und seine beiden Sequels haben diesbezüglich eine Fragestellung popularisiert, die zwar schon zuvor (zum Beispiel bei Chris Markers La Jetée) im Film zu finden war, nun jedoch „breitenwirksam“ wird: Wie ist unser Verständnis der Zeit beschaffen, wie wird es in den Medien problematisch und problematisiert. Dadurch, dass es in den Terminator-Filmen um Reisen in die Vergangenheit geht, wird auf paradoxe Weise unser lineares Zeitdenken hinterfragt. Und weil es zudem in den Filmen noch darum geht, dass eine Maschine aus der Zukunft einen Menschen in der Vergangenheit jagt, der sie in der Zukunft vernichten will – der aber gleichzeitig der Grund für seine Existenz ist (denn seinetwegen wurde die Maschine in die Vergangenheit geschickt und konnte dort durch Ihre Entdeckung erst erfunden werden) -, tauchen Fragen nach Identität, Kausalität, Bewusstsein, Existenz, Teleologie, Willensfreiheit und nicht zuletzt Theologie auf.

Theo Ligthart versucht diese Fragen in seinem knapp 130seitigen Essay „Terminator …“ zu sammeln und zu beantworten. Er fasst sie dabei als genuin philosophische Probleme auf: „Denn die [Denk]Figuren, die für die Analyse der Filme herangezogen werden, sind motivisch in den Filmen schon vorhanden.“ (12) Seine Grundthese ist dabei: „John Connor ist der Sohn seiner selbst.“ (25) Gemeint ist damit: Intentional hat John Reese im ersten Terminator-Film in die Vergangenheit geschickt, um sich selbst von diesem zeugen zu lassen. Angeregt durch diesen Akt der Selbstzeugung und die Tatsache des Zeitparadoxons spiegelt Ligthart den Film an Denkern der Philosophiegeschichte, angefangen bei Platon über Descartes, Fichte, Schopenhauer, Nietzsche, Heidegger bis hin zu Derrida. Auch Theorien der Psychoanalyse (vor allem Lacan) und Medientheorien der Kybernetik (Wiener, Kittler) werden – naheliegend – reflektiert.

Dem Essayhaften des Textes sind die phänomenologische und filmtheoretische „Naivität“ zu verdanken, wie auch die schon fast „fugenhafte“ Redundanz, in der Ligthart seine Thesen immer und immer wieder wiederholt. Sie sollen die Materie für den unbedarfte(re)n Leser vereinfachen, machen jedoch eher misstrauisch gegenüber der Analyse. Schließlich ist es seine Grundthese der Selbstzeugung Connors, mit der das Gedankengebäude steht und fällt – vielleicht ist sie deshalb die am häufigsten wiederholte des Textes. Sie führt die Argumentation direkt in einen Zirkelschluss, weil sie die alleinige Voraussetzung für die vom Autoren apostrophierte Form der „Schleife“ (33) ist, die sich als Leitmotiv in der gesamten Terminator-Reihe wiederfindet: Angefangen von der Erzählung bis hin zu dessen philosophischer Diskursivität ist die Schleife Ligthart zufolge omnipräsent (er deklinit er das Phänomen bis hin zu den Kinorollen, auf denen der Film aufgespult ist, hinunter, vgl. S. 35).

Und dennoch: Trotz der Konstruiertheit der Gedanken zeigt das Buch Möglichkeiten auf, Film jenseits der Kategorien „Unterhaltung“ und „Kunst“ als Anlass zur philosophischen Auseinandersetzung zu sehen. Mehr noch: Die in Terminator aufgeworfenen Fragestellungen erhalten durch Ligthards Perspektive auf sie den Charakter von „Einwürfen in die Debatte“. Film, auf diese Weise für die Philosophie – aber auch für zahlreiche andere Wissenschaften – fruchtbar gemacht, würde damit voll dem Wunsch Alexandre Astrucs gerecht als zeitgemäße Form des wissenschaftlichen Schreibens und Denkens.

Theo Ligthart
Terminator …
Wien: Passagen Verlag 2003
129 Seiten (Taschenbuch)
14,90 Euro

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Stefan Höltgen

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