Find the hidden clues!

Filmische Computerspiel-Adaptionen sind en vogue! Das neuartige Genre „Computerspiel-Film“ hat mit der Umsetzung von „Resident Evil“ (1996/2002) einen frühen Höhepunkt erreicht und die Tatsache, dass selbst wenig begabte Regisseure wie Uwe Boll mit Filmen wie „House of the Dead“ (1998/2003) und „Alone in the Dark“ (1993/2005) einen Treffer nach dem Anderen landen, zeigt, dass Hollywood großen Bedarf an Umsetzungswilligen hat. Doch wie kaum ein anderes Medium sperrt sich das Computerspiel gegen seine Nacherzählung im Film – selbst proto-filmische Games wie „Silent Hill“ (1999) können als Film (2006) ihre Herkunft nicht ganz leugnen.

Christophe Gans’ Adaption lehnt sich eng an die Erzählung des Spiels an: Rose Da Silva (hier ist die Hauptfigur eine Frau, gespielt von Radha Mitchell) hat ihre Tochter Sharon (Jodelle Ferland) in der entvölkerten Kleinstadt Silent Hill verloren. Sie war mit ihr dort hingereist, nachdem sich das sechsjährige Mädchen beim Schlafwandeln immer wieder in Lebensgefahr gebracht hat und den Namen der Stadt, den es im Wachzustand gar nicht kannte, vor sich hin murmelte. Nachdem Psychologen und Ärzte nicht helfen konnten, entschloss sich die Mutter, mit ihrer Tochter das geträumte Städtchen aufzusuchen. Auf dem Weg dahin wird Rose von der Polizistin Cibyl Bennett (Laurie Holden) verfolgt, entkommt dieser, erleidet aber einen Autounfall, bei dem sie das Bewusstsein verliert. Als sie wieder zu sich kommt, ist Sharon verschwunden. Auf ihrer Suche nach dem Kind bricht plötzlich Dunkelheit herein und fremdartige Wesen erscheinen, die Rose angreifen. Cybill, die Rose gefolgt ist, rettet diese und gemeinsam erkunden Sie das Geheimnis von Silent Hill und finden heraus, dass Sharon eine Doppelgängerin namens Alessa hatte, die von religiösen Eiferern als Hexe verbrannt wurde – ein Feuer, das schließlich die ganze Stadt vernichtete und immer noch im Untergrund schwelt. Diese Hexenjäger leben scheinbar immer noch in Silent Hill und jedes mal, wenn es dunkel wird und die Hölle losbricht, verschanzen sie sich in der Kirche des Ortes. Rose und Cibyl werden zunächst von ihnen aufgenommen, dann jedoch ebenfalls der Hexerei bezichtigt. Auf ihrer Suche nach dem verschwundenen Mädchen werden sie nun nicht mehr nur von den Dämonen verfolgt. Zudem hat sich auch der Vater (Sean Bean) von Sharon auf die Suche nach seiner Tochter und seiner Frau gemacht.

Der grobe Handlungsüberblick verrät bereits, dass „Silent Hill“ – im Gegensatz zum Spiel – ein Überangebot an Handlungszusammenhängen und Rahmenerzählung bereit hält. Die Geschichte um die Hexenverfolgung und den historischen Hintergrund konzentriert sich jedoch vornehmlich auf die zweite Hälfte des Films und sorgt dort dafür, dass die äußerst atmosphärische Spannung, die der erste Teil aufgebaut hat, teilweise regelrecht „zerredet“ wird. Wären da nicht die finalen Szenen der Rache, in welchen die wieder auferstandene Alessa ihre ehemaligen Peinigen wie in einem Lovecraft’schen Alptraum bestraft und die Auftritte des mächtigen Dämons „Pyramid Head“, wäre der Film als Ganzes dramaturgisch kaum zu retten.

So aber ist „Silent Hill“ vor allem durch die Unheimlichkeit seiner Settings, die äußerst fremdartigen und beunruhigend gestalteten Dämonen sowie ein großes Maß an Blutrünstigkeit gekennzeichnet. Dies sind alles Kennzeichen, die schon das Spiel ausgezeichnet haben (eine Indizierung in Deutschland konnte nur durch Umprogrammierung einzelner Szenen verhindert werden), so dass der Verdacht bestätigt zu sein scheint, dass der Film seiner Vorlage – abgesehen von der Rahmenhandlung – kaum etwas hinzuzufügen hat. Und doch findet sich in der Figurenkonstallation eine interessante Erweiterung der Spielidee, die sich als Re-Lektüre desselben verstehen lässt. „Mother is god in the eyes of a child.“ – Dieser Satz fällt mehrfach im Verlauf des Films und deutet bereits auf eine psychologische Disposition hin, die die Beziehung von Rose und Sharon bestimmt. Es geht auch um das (hier reichlich späte) Aufbrechen der Mutter-Kind-Dyade, das vor allem vom Kind als existenzielle Bedrohung erlebt und mit Flucht quittiert wird. Eine Dyade, die uns der Film in seinen ersten Szenen deutlich vor Augen führt und die den Vater im gesamten Verlauf von „Silent Hill“ deshalb eher als Bedrohung denn als Retter kennzeichnet. So ist es auch nicht verwunderlich, dass Rose und Sharon „nicht wirklich“ zu ihm zurückkehren, nachdem sie wieder vereint sind. Eine verzerrte Spiegelung, die diesen Diskurs einerseits plothistorisch zurückverfolgt, ihn andererseits für Rose und Sharon in die Zukunft projiziert, findet sich in der Geschichte von Dahlia und ihrer Tochter Alessa, die zuerst ausgegrenzt und schließlich regelrecht verfolgt wurden und nun teilweise stigmatisiert (Mutter Dahlia) oder selbst das Stigma (das leibhaftige Böse in Form von Alessa) sind.

„Silent Hill“ überzeugt auf diese Weise in seiner stimmigen psychologischen Einfühlung in die Charaktere, die doch auf den ersten Blick etwas holzig gewirkt haben. Als Spielfilm im Ganzen schafft er es jedoch nicht sein Publikum zu fesseln. Dem steht einerseits das Zuviel von Geschichte, andererseits ein Zuviel an Computerspielhaftigkeit entgegen. So ist die Suche der Mutter nach ihrer verschollenen Tochter beinahe sklavisch an dem „find the hidden clue“-Konzept des Adventures orientiert – eine Erzählstruktur, die recht bald ins Auge und auf die Nerven fällt. Ansehenswert ist der Film aber unbedingt, denn es sind neben dem genialen Soundtrack von Jeff Denna (düstere Percussions, Solo-Violinie und atmosphärische Synthesizer-Flächen) vor allem die Visionen der Stadt Silent Hill, der ständige Nebel (Rauch?), der Ascheregen, die Monstren und die sehr guten Horror-Spezialeffekte aus der Schmiede von Patrick Tatopoulus und Paul Jones, die dem doch etwas pixeligen PlayStation-Klassiker ein wenig mehr „Konturen“ nachreichen.

Silent Hill (USA 2006) Regie: Christophe Gans, Buch: Roger Avary, Kamera: Dan Laustsen, Schnitt: Sebastien, Prangere, Musik: Jeff Danna
Darsteller: Radha Mitchell, Sean Bean, Laurie Holden, Deborah Kara Unger, Kim Coates, Jodelle Ferland u.a.
Länge: 126 Minuten
Verlein: Concorede
Start: 11.05.2006


Die DVD von Concorde

Concorde bringt "Silent Hill" in einem 2-Disc-Limited-Edition-Steelbook heraus. Der Film selbst ist auf der ersten DVD, auf der zweiten befindet sich reichhaltiges Zusatzmaterial. Bild und Ton sind makellos und verhelfen dem Film – geradde auf großem Display oder über Videobeamer – zu einer düsteren Zweitauswertung in den eigenen vier Wänden.

Die Ausstattung der DVD im Einzelnen:

Bild:  Widescreen (2.35:1 – anamorph)
Ton:  Dolby Digital 5.1 in Deutsch, Dolby Digital 5.1 in Englisch, DTS Digital 6.1 ES in Deutsch
Untertitel: Deutsch
Extras: Trailer, Making-of, Special Effects Featurette, Stars & Stunts Featurette, Cast & Crew Infos, Produktionsnotizen
FSK: ab 16 Jahre
Preis: 18,99 Euro

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