Ein sinnloses Spektakel

Der Tod von Laurie Strode zu Beginn des achten Halloween-Films wirkt wie eine Weissagung: Jamie Lee Curtis, die „Scream Queen“, muss nie wieder in einem der sicherlich folgenden Sequels spielen. Es sei denn, ein Regisseur käme auf die (dummdreiste) Idee, sie aus dem Jenseits wieder auferstehen zu lassen. Halloween – das war einmal, im wahrsten Sinn des Wortes, das war einmal ein exzellenter Horror, zumindest was den ersten, zweiten, vierten und vielleicht noch siebten Teil der Geschichte betrifft. Der Rest ist sozusagen fast ungenießbares Abfallprodukt. Für Teil 8 gilt dies nicht minder.

Michael Myers (Brad Loree) lebt. Halbschwester Laurie Strode (Jamie Lee Curtis) hatte einen anderen geköpft und sitzt sozusagen „umsonst“ in der Psychiatrie. Wen hat sie dann eigentlich geköpft?? Lange hat er gebraucht, bis er zu Laurie zurückfindet (solange bis ein Regisseur, der auch den zweiten Teil von „Halloween“ drehte, die „Geschichte“, die keine mehr ist, ins nächste Jahrtausend „hinüberrettet“, sprich: verhunzt) und sich jetzt daran macht, ihr den Garaus zu machen. Schon diese Einleitung zu „Halloween: Resurrection“ entbehrt nicht einer gewissen Dämlichkeit, weil dieser Prolog letztlich nur darin seinen Grund findet, einen neuen Halloween-Film auf den Markt zu bringen. Laurie war der ursprüngliche Grund für Myers mörderisches Treiben. Jetzt ist er auferstanden und sie tot. Nach der Logik von „Halloween“ (1978) müsste der Film also nach 15 Minuten enden.

Zudem offenbart der Prolog, was für den ganzen Film Richtschnur sein sollte: fehlende Logik. Laurie schafft es, Myers in eine Schlinge laufen zu lassen. Er hängt mit dem Kopf nach unten hoch oben neben dem Dach der Psychiatrie, wehrlos. Laurie – ja wohl nicht ganz unerfahren im Umgang mit dem weiß-maskierten Brüderchen – müsste nur die Schnur durchtrennen und Myers ein für allemal in die ewigen Jagdgründe schicken. Statt dessen will sie sich erst einmal davon überzeugen, dass es diesmal auch wirklich Myers ist und versucht, ihm die Maske herunter zu nehmen. (Was veranlasste Jamie Lee Curtis, sich eine solch fade Rolle andrehen zu lassen?) Myers ergreift seine Chance, packt Laurie und das war’s. Jeder einigermaßen intelligente Mensch hätte zunächst dem Leben des Ungetüms ein Ende gesetzt; hinter die Maske hätte man auch danach noch schauen können. Oder nicht?

Und so geht es wenig munter weiter. Eine Gruppe von sechs Jugendlichen wird von einem TV-Produzenten, Freddie Harris (Rapper Busta Rhymes), samt Assistentin Nora (Tyra Banks) im Rahmen des „Dangertainments“ dazu animiert, im Haus Myers eine Reality-Show abzuziehen. Das Haus ist vernagelt, innen verfallen, dunkel. Die Show wird im Internet live übertragen.

Die Jungstars, die Rosenthal auffährt, u.a. Sean Patrick Thomas („Save the Last Dance“) und Thomas Ian Nicholas („American Pie“), Katee Sackhoff und Bianca Kajlich als Psychologiestudentin Sara, die von Anfang an ein ungutes Gefühl hat, sind derart unfähig, irgend etwas an schauspielerischer Leistung zu produzieren, dass einem die Haare zu Berge stehen. Lediglich Bianca Kajlich hat einige lichte Momente. Sie alle repräsentieren nicht einen Querschnitt durch die „Jugend von heute“, sondern durch ein mehr oder weniger abgeschmacktes Bild, das sich manche Leute von der „Jugend von heute“ machen. Besonders einfältig in diese Richtung spielt Katee Sackhoff als Jenna. Auch Rapper Rhymes hätte es lieber lassen sollen. Als Sara bei ihm anläutet, um ihm zu sagen, dass sie aussteigen wolle, erklärt er ihr, sie brauche doch keine Angst zu haben, es werde alles gut gehen usw. usf. Die Dialoge sind alles andere, nur nicht intelligent.

Dementsprechend die Handlung: Natürlich taucht der richtige Myers auf und tötet einen nach dem anderen – bis nur noch Sara und Freddie übrig bleiben. Brad Loree kann sich darauf beschränken, leichten Schrittes durch sein Elternhaus zu wandeln und zuzustechen. Er, das absolut Böse, ist die beste Rolle in einem Film, der sich im besonderen durch Charakterlosigkeit auszeichnet. Die sechs Jugendlichen sind nichts, aber auch gar nichts anderes als Schachfiguren, deren einziger Zweck darin besteht zu sterben. Selbst als der Kopf einer der Jugendlichen die Treppe herunter kullert, schaut man verständnislos in die Runde. Denn es geht hier nicht um Suspense und Atmosphäre, sondern lediglich um eine Folge von Morden, die Saras Internet-Bekanntschaft Myles (Ryan Merriman) mit ein paar anderen Halloween-Party-Jugendlichen am Bildschirm verfolgt. Der Rest der Außenwelt kommt in diesem Film nicht vor.

Als klar ist, dass sich Myers im Haus befindet, wird nicht sofort die Polizei gerufen, sondern man verlässt sich auf den Palm-Pilot, über den Sara und Myles kommunizieren. Hat keiner der jungen Leute im Haus ein Handy, um Hilfe zu holen? Angeblich glaubt die Polizei, die Myles dann irgendwann anruft, nicht, dass in dem Haus wirklich Myers zugange ist – eine Polizei, die nach sieben Halloween-Filmen nun weiß Gott wissen müsste, was der Name Myers bedeutet und deshalb jedem Verdacht nachgehen würde. Zudem: Was ist mit der ermordeten Laurie? Liegt sie immer noch im Garten der Psychiatrie? Und die anderen, die Myers dort ermordet hat? Nun, einem von ihnen hat er sein blutbeschmiertes Messer in die Hand gedrückt, um den Verdacht auf ihn zu lenken. So einfach und nur vordergründig glaubwürdig kann man inszenieren.

Will man den Film in seiner Substanz zusammenfassen, so bleibt von „Halloween“ (1978) – nichts. Und ansonsten? Ein maskierter Mörder watet durch ein verfallenes Haus und tötet ungefähr ein halbes Dutzend Leute. Das bleibt. Am Schluss wird Myers, halb verbrannt, in einen Leichensack gesteckt und es dürfte kaum schwer zu erraten sein, was passiert, als er in die Pathologie gebracht wird. Die Fortsetzung dieses schwachsinnigen Spektakels ist gesichert. Busta Rhymes setzt dem Ganzen noch die Krone auf. Als Sara und Freddie am Schluss von Reportern belagert werden, wird er gefragt, was er zu Myers sagen könne. Freddie sagt’s: Myers ist ein brutaler Mörder. Das sagt er in sechs oder sieben Sätzen mit verschiedenen Worten. Ich fasse es nicht.

Kann man dem Film etwas zugute halten? Vielleicht die Szenen, in denen Myers Sara verfolgt, also etwa fünf bis acht Minuten des Streifens. Es ist erstaunlich, wie wenig manche Regisseure über Suspense und Atmosphäre zu wissen scheinen. Ihnen reicht ein maskierter Mörder mit Messer und die Aussicht, durch ein paar Jung-Stars, die diesen Film aus ihrer Filmografie lieber streichen sollten, Kasse machen zu können. „Halloween“ (1978), das war ein Film, der eine Atmosphäre der Angst erzeugen konnte, der die Hölle auf Erden, die permanente Bedrohung, das Dunkle, die dunklen Seite der Seele überzeugend auf die Leinwand brachte und nicht zu Unrecht in die Nachfolge von Hitchcocks „Psycho“ gestellt werden kann. „Halloween: Resurrection“ macht das alles vergessen. Man könnte auch sagen: Das ist nur ein Schein-Sequel. Denn von der Geschichte, die über Laurie und Myers damals erzählt wurde, und ihre sämtlichen Implikationen bleibt in diesem neuen Film nichts übrig.

Halloween: Resurrection
(Halloween: Resurrection)
USA 2002, 94 Minuten
Regie: Rick Rosenthal
Drehbuch: Larry Brand, Sean Hood, nach den Charakteren von Debra Hill und John Carpenter
Musik: John Carpenter, Danny Lux, Jen Miller
Kamera: David Geddes
Schnitt: Robert A. Ferretti
Spezialeffekte: –
Hauptdarsteller: Brad Loree, Busta Rhymes, Bianca Kajlich,
Tyra Banks, Katee Sackhoff, Ryan Merriman, u.a.

Ulrich Behrens

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