Call me Fuad

Die Fortsetzungsmanie gerade beim Horrorfilm hat ihre Freunde und Gegner: Wo erstere sich darüber freuen, alte Bekannte wiederzutreffen (was bei besonders langlebigen Filmreihen wohl die wichtigste Motivation des Zuschauers sein dürfte, sich die immergleiche Story anzuschauen), ärgern sich zweitere, dass ein einmal halbwegs erfolgreicher Stoff über die Maßen ökonomisch ausgeschlachtet werden soll. Auf eine Position trifft man vor allem bei den Kritikern gelegentlich, nämlich die Behauptung, dass eine schlechte Fortsetzung sogar (negativen) Einfluss auf das Original habe. So abstrus das zunächst klingt, bei Blood Feast 2 – All U can Eat ist es – jedoch im positiven Sinne – nachvollziehbar.


Nach fast 30-jährigem filmkünstlerisschen Schweigen hat sich der 60er-/70er-Jahre Exploitation-Regisseur Herschell Gordon Lewis wieder hinter die Kamera gewagt. Das internationale Echo auf seine rühen Gore-Filme Blood Feast (USA 1963), 2000 Maniacs (USA 1964) und andere Werke von Seiten der Fans aber auch der Filmgeschichtsschreibung hat nicht locker gelassen. Der Marketing-Fachmann Lewis musste einfach noch einmal ran: „Filme drehen ist wie Malaria – das wird man nie los“, sagt der heute 77-Jährige.

In Blood Feast 2 treffen Fuad Ramses III und Detective Loomis aufeinander. Der erste ist der Enkel des gleichnamigen Serienmörders, der 40 Jahre zuvor einen ägyptischen Catering-Service zur Tarnung seiner blutrünstigen Ishtar-Verehrung betrieben hat. Der zweite ist der Sohn des Detectives, der damals Fuad I das Handwerk gelegt hat. Fuad III will das Geschäft nun wieder eröffnen und distanziert sich von den grauenhaften Machenschaften seines Opas. Als er in einem Hinterzimmer jedoch die Ishtar-Statue von damals entdeckt, gerät er erst in ihren Bann und dann in die Fußstapfen seines mörderischen Vorfahrs. Das hat wie damals zur Folge, das nach und Nach Frauen, bzw. bestimmte Körperteile von Frauen verschwinden. Die sollen nämlich im „ancient egyptian feast“ gekocht werden, um die Todesgöttin Ishtar auf die Erde zu rufen. Die Polizei, vertreten durch den magenschwachen Loomis und seinen dauerhungrigen Kollegen Myers kommen dem Serienmörder nur sehr langsam auf die Spur, so dass es schließlich erst auf dem sich hinter der Hochzeit von Loomis verbergenden Blood Feast selbst zum Showdown kommt.

Lewis wirft mit Blood Feast 2 einen liebevoll-kritischen Blick auf seine eigene Filmografie und diese Blick aus dem Film heraus zurück auf den Zuschauer von heute. Aus nahezu allen Gore-Streifen tauchen Motive auf. Die Karikatur, die Lewis dabei zum Wirken bringt, richtet sich vor allem an die augenscheinliche Plumpheit seiner damaligen Filme: Krude Handlung, schlechte Spezialeffekte, überambitionierte Darsteller und unvergleichlich nervige Musik waren die Aushängeschilder seiner früheren Gore-Pics. Dies alles wiederholt Lewis in Blood Feast 2 – jedoch in Form der Hommage. Der Lustgewinn für den Zuschauer rührt dabei aber keineswegs aus der reinen Veralberung, sondern – im Gegenteil – auf der liebevollen Verklärung, die die Filme bis heute durch das Fanpublikum erfahren haben, dessen Kondensat Blood Feast 2 darstellt.

Und weil Blood Feast 2 ein Film über Kinder und Enkel ist, die glauben, es weiter gebracht zu haben als ihre Vorfahren, findet sich dieses Prinzip nicht nur in der Handlung, sondern auch in der Äshtetik des Films: Da werden Gehirne mit Korkenziehern aus Ohren geprokelt, Augen mit Eisportionierern entfernt und noch entliche andere Geschmacklosigkeiten vorgeführt. Zudem gibt es eine gehörige Portion nackte Frauenhaut zu bestaunen (nackter als damals) und einen Soundtrack, der sich an den des Originals anschmiegt aber ihn um ein paar Instrumente bereichert.

Doch irgendwie sieht das ganze immer noch so aus und hört sich so an, als wäre es aus den 60ern. Stets treffen die Protagonisten vor irgend welchen faltigen Vorhängen zusammen, immer noch sind die Unterhaltungen von größtmöglicher Unverständlichkeit geprägt (dieses Mal jedoch, weil oft mit übervollem Mund gesprochen wird) und sogar das Technicolor-Feeling von damals hat Lewis wieder hinbekommen. Sein Blut ist immer noch roter als Rot.

Blood Feast 2 lässt einen neuen Blick auf seinen Vorgängerfilm zu. Er entschuldigt sich für nichts, bestätigt aber, dass der Aspekt des Neuen, der im 1963er Gore-Film lag, immer noch eine Attraktion sein kann – durch seine Komik des Grotesken. Diese Attraktivität im alten Film neu zu entdecken und nicht mehr so sehr über den Film, sondern jetzt endlich mit ihm zu lachen. Das ist die Aufgabe, die Lewis mit seinem Sequel an die Zuschauer stellt.

Blood Feast 2 – All U can Eat
(USA 2002)
Regie: Herschell Gordon Lewis
Buch: W. Boyd Ford; Kamera: Chrs W. Johnson; Schnitt: Steve Teagle; Musik: Skip Godwin
Darsteller: John McConnell, Mark McLachlan, Melissa Morgan, Toni Wynne, J.P. Delahoussaye
Länge: 99 Minuten

Stefan Höltgen

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