„Isaac“ – Intuitives synthetisches autonomes Angriffs-Commando. Und, wie uns der deutsche Untertitel glauben machen möchte: „Die finale Waffe“. Tatsächlich ist Isaac (Rich Franklin) das Ergebnis eines streng geheimen Rüstungsprogramms der Regierung, das zum Tode verurteilte Mörder zu perfekten Kampfmaschinen für den militärischen Einsatz umbauen will. John Steads Film „Cyborg Soldier“ setzt ein mit der Flucht Isaacs aus jenem Labor, in dem er zur Menschmaschine aufgerüstet und zum Töten umprogrammiert wurde, und folgt ihm auf seiner Flucht vor dem Killerkommando des skrupellosen Dr. Hart (Bruce Greenwood). Der Zufall führt ihn dabei mit der Polizistin Lindsey Reardon (Tiffani Thiessen) zusammen, die eher unbedarft zwischen die Fronten dieses Konfliktes gerät. Im Verlauf der Flucht kehrt die Erinnerung Isaacs an sein früheres Leben langsam zurück, und die finsteren Machenschaften Harts decken sich allmählich auf bis hin zur abschließenden Konfrontation, die sich persönlicher als erwartet gestaltet…
In der Gestalt des Maschinenmenschen manifestierten sich von jeher Sehnsüchte und Problematiken des Aktionskinos. Einerseits galt sie der Science Fiction in schöner Regelmäßigkeit als Spiegel, in dem die verlorenen Menschen ihrer dystopischen Welten ihre längst abhandene Menschlichkeit wiederfanden. Andererseits wird sie zur strukturellen Metapher, die den grundlegenden Zwiespalt des Actionfilms beschreibt, der stets aufs Neue zwischen technokratischer Maschinisierung und dem nachgerade neurotischen Zwang zum Herunterbrechen des überlebensgroßen Geschehens auf menschliches Maß zerrissen zu werden droht. Im Gegensatz zum offenkundig Maschinellen des Roboters und dem antropomorphen Androiden jedoch ist der Cyborg stets beides: gewesener Mensch, an den Spuren des Humanismus sich wider die eigene Programmierung und die Außenwahrnehmung festklammernd, und Maschine, posthumane, mit übermenschlichen Begabungen ausgestattete Existenzform. Hybridwesen, in keiner Welt wirklich zuhause, ewigem Zweifel um die eigene Ontologie ausgeliefert – vom melancholischen „Blade Runner“ Rick Deckard, der seine eigene Menschlichkeit als artifiziell akzeptieren muss, über Paul Verhoevens „RoboCop“ bis hin zu Marcus Wright in McGs fabelhaftem „Terminator Salvation“ oder zur verwirrt-traurigen Young-Goon in Park Chan-Wooks „I’m a Cyborg But That’s OK“, die ihre Menschlichkeit abzuwerfen sucht und sich folgerichtig in einen grellen Science-Fiction-Traum hineinphantasiert.
Als perfekte Waffensysteme werden die Cyborgs des Science-Fiction-Kinos fürgewöhnlich konzipiert – und vielleicht ist Isaac aus „Cyborg Soldier“ im Grunde wirklich die perfekte Waffe. Das hieße hier: die menschlichste Waffe, insofern er sich in Testreihen als des Tötens unfähig erweist, sofern er keiner Attacke ausgesetzt ist. Eine Waffe für ein Zeitalter strikter Verteidigungskriege also, eine pazifistische Waffe. Würde ein Waffensystem nach dem Modell von Isaac folglich zum Einsatz kommen, so würde dies nicht nur den Schutz gegen potentielle Angreifer bedeuten, sondern auch eine Absicherung gegen kriegerische Übergriffe aus den eigenen Reihen bedeuten. Eine kontextabhängige Waffe, die nur noch auf die eigene Bedrohung reagieren könnte und der grenzen- und übergesetzlichen Machtausübung des Stärkeren einen Riegel vorschieben würde, somit die eigene Militärpolitik nachhaltig prägen würde. Schlussendlich ist es auch in „Cyborg Soldier“ der Befehl, Unschuldige zu töten, der Isaac dazu bringt, aus seinem Gefängnis und seiner vorgesehenen Rolle als Killermaschine auszubrechen und sich auf die Suche nach seiner gelöschten Erinnerung und vergessenen Menschlichkeit zu machen. Und einmal mehr ist es am Ende der Maschinenmensch, der im Selbstopfer ein korruptes System zerstört und sich spätestens im eigenen Vergehen als letzter wahrer Kämpfer für das Menschliche in einer von instrumenteller Vernunft geprägten Welt erweist.
John Steads Film überrascht vielleicht vor allem durch seine Seriosität: Mit einfachsten Mitteln und kleinem Budget inszeniert, hält er sich doch über weite Strecken in weiter Distanz vom Trashterrain des Gros der Cyborg-Actioner der 1980er und 1990er Jahre, mit denen das B-Kino auf den großen Erfolg von James Camerons zwei „Terminator“-Filmen reagierte. Stattdessen gibt sich „Cyborg Soldier“ als geradezu klassisch entwickeltes Science-Fiction-Kino, irgendwo zwischen „RoboCop“ und John Carpenters „Starman“. Angenehm ernsthaft und meisterhaft verdichtet, findet er eine ganze Reihe großartiger Bilder einerseits in den verschneiten Wäldern Kanadas, andererseits in den klaustrophobischen Fluren des geheimen Laborsystems. Großes Kino im kleinen Format.
Cyborg Soldier
(USA 2008)
Regie: John Stead; Buch: John Stead, John Flock, Christopher Warre Smets; Musik: Ryan Latham; Kamera: David Mitchell; Schnitt: Mark Sanders
Darsteller: Rich Franklin, Bruce Greenwood, Tiffani Thiessen, Aaron Abrams, Wendy Anderson, Steve Lucescu, Simon Northwood, Kevin Rushton, Brian Frank u.a.
Länge: 85 Min.
Verleih: Kinowelt
Zur DVD von Kinowelt
Die Bild- und Tonqualität der Kinowelt-DVD sind hervorragend. Als Bonusmaterial ist immerhin ein 15-minütiges Making-of enthalten sowie 2 Trailer und eine Fotogalerie.
Bild: 1,78:1
Ton: Deutsch (Dolby Digital 5.1, Dolby Digital Stereo), Englisch (Dolby Digital 5.1)
Untertitel: Deutsch
Extras: Making-of, Trailer, Fotogalerie
FSK: Keine Jugendfreigabe
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