GOLDEN LEMONS

Mit den GOLDENEN ZITRONEN auf US-Tour. An sich schon ein Kuriosum, wenn man den Status deutscher Bands in den USA, vor allem aber auch die erschwerten Umstände, unter denen in den USA, aufgrund ihrer geographischen Gegebenheiten, Musiktouren nur möglich sind, etwas kennt, und das in jeder Hinsicht. Nur noch absurder erscheint da die Tourbegleitung: Selbsternannter „Rockstar“ Wesley Willis, ein schizophrener Autist, der sich auf der Bühne, wie er sagt, die Dämonen aus der Seele schreit und Lieder über Osama Bin Laden macht, und die Band GRAND BUFFET, die mit ihrem naiven Plastikpop-Rap so eine Art Kinderzimmerversion von EMINEM darstellt. Freakshow also, im allerbesten Sinne.

Und auch: Culture Clash der Befindlichkeiten, der Lebensläufe. „Konkret“- und „Jungle World“-Leser machen ’ne Punkband, spielen mit der „Ästhetik der Nervosität“, wie sie selber sagen (und, bekannterweise, auch glaubhaft auf Platte und auf der Bühne performen), machen eigentlich ja eher Diskurspop im besten Sinne, fühlen sich hierzulande ja schon nicht heimisch, und dann die große weite Welt der USA. Wie man sich verhalten soll, wie man sich überhaupt verhält, als heimatloser Vaterlandsverräter, weit draußen in der Ferne, wo man doch in erster Linie doch nur ein Vertreter des Vaterlandes ist, der Wahrnehmung nach.

Joerg Siepmann dokumentiert in GOLDEN LEMONS diese bemerkenswerte Tour, diese Welten, die aufeinander prallen, und hält dabei Eindrücke fest, die auch jenseits des Music Biz von Interesse sind, entfernt sich sogar wohltuend von klassischen Tour-Ritualen, schafft vielmehr ein Portrait der zwangsläufigen Absurditäten, hüben wie drüben gleichermaßen. Eine junge, etwas naiv und befremdlich anmutende US-Amerikanerin bringt es im Tourbus, nachdem ihre Freundin auf Wodka eine Arie gesungen hat, auf den Punkt: „I feel like the world kinda screwed up!“ Dem kann man sich anschließen – ein Film von der Unmöglichkeit eines festen Standpunktes nach dem 11. September, der über allem diffus zu schweben scheint, gerade und besonders eben auch als sich selbst gar nicht mal so sehr als Deutscher empfindender „deutscher Linker“ in den USA.

Gelungen, dieser Film, und das ohne wenn und aber! Und dass die GOLDIES, die jüngst und wild ihr 18jähriges im Berliner SO36 feierten, noch immer „Für immer Punk“ sind, zeigt eine Szene als sie in der Wueste fröhlich einen Kaktus fällen. Mir doch egal. „Do you believe in rock’n’roll? Well, we don’t!“

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