Solo für Klarinette

In irgendeinem verkommenen Hochhaus irgendwo in einem dreckigen Winkel von Berlin wird im Anschluss an eine Razzia wegen illegaler Prostitution eine Leiche gefunden. Das Mordinstrument, eine Klarinette, ist schnell aufgespürt, doch ein besonders "delikates" Detail wird dem Zuschauer nicht vorenthalten: Dem Opfer ist ein Part seines Phallus' abgebissen worden. Bernie Komika (Götz George) und sein Kollege Freddie (Tim Bergmann) ermitteln in dem Fall. Dem in 21 Dienstjahren mit 651 Mordfällen, 458 davon aufgeklärt, konfrontierten und dadurch routinierten Bernie fällt ein gelber Regenschirm am Tatort auf. Zudem findet er eine Sicherheitsnadel, die scheinbar belanglos in seine Tasche gleitet. Noch bevor die Wohnung versiegelt werden kann, verschwindet der Schirm. Bernie beobachtet, wie eine in einen roten Ledermantel gehüllte Frau damit in eine Telefonzelle schlüpft. Er verfolgt die "heiße Spur" und findet in der Verdächtigten eine reservierte, kühle, geheimnisvolle Person, deren Anziehungskraft er sich nicht erwehren will. Sein Privatleben ist ohnehin hoffnungslos verfahren, dem geistig verwirrten 14-jährigen Sohn kann er kein guter Vater sein. Und auch wenn er Tag für Tag mit einem Blumenstrauß nach Hause kommt, vermag er es nicht, das zersplitterte Eheleben auch nur ansatzweise zu flicken. Ehefrau Lydia (Barbara Auer) setzt ihn vor die Tür seines tristen Reihenhauses. In einer Absteige lässt er seine Aggressionen brutal an einer Hure aus, im Dienst schlägt er den ihn provozierenden Schwager und gleichzeitig Vorgesetzten Hecht (Christian Redl) nieder, was seine Suspendierung nach sich zieht. Trotzdem sucht er den Kontakt zu Anna (Corinna Harfouch), sein Interesse an ihr ist offenbar nicht mehr beruflicher Natur. Im Zuge eines ständigen Katz- und Maus-Spieles stürzen sich die beiden in eine Art Liebe, die von verzweifelter Erotik gekennzeichnet ist. Natürlich ist Anna die Mörderin, das wird nicht erst klar, als Bernie den gelben Regenschrim entsorgt und ihr die Sicherheitsnadel wieder ansteckt. Und weil es so außer Frage scheint, liegt es nahe, die Kriminalgeschichte nur als Rahmen für ein Bild zu betrachten, indem sich deutlich die drei Grundfarben analog zu den Verwirrungen der Protagonisten vermischen. Der einzig helle gelbe Hoffnungsschimmer, der nach Aufklärung schreit, wird irgendwann im See versenkt und nimmt somit symbolisch ein tragisches Ende vorweg. Selbst die in Rot getauchte Täterin läßt sich dadurch nicht zu ungezügelter Leidenschaft beflügeln. Vor dem Hintergrund eines kühlen Blaus erscheint jeder noch so cholerische Gefühlsausbruch unglaubwürdig. Aussichtslose Vereinsamung mag das zentrale Thema des Streifens sein, basiert er doch auf dem Roman der New Yorker Psychoanalytikerin Elsa Lewin. Die im Titel versprochene Poetik bleibt aus, düstere Schicksale dunkler perspektivloser perverser Gestalten im anonym grauen anstößigen Großstadtmillieu nehmen ihren Platz ein. Pädophile Zeugen, erstarrte Emotionen, Freddie, der eine Beziehung mit einer der zu Anfang festgenommenen Prostituierten eingeht oder Anna, die ihren Anrufbeantworter selbst bespricht vervollkommnen eine geradezu alltäglich anmutende Schizophrenie. Ein Film, der von kurzen, signalschwangeren Dialogen strapaziert wird, der die unendliche Müdigkeit des Polizisten Komika versinnbildlicht, und nur in der dadurch erreichten Langeweile überzeugt.

Solo für Klarinette 
 (D 1998) 
 Regie: Nico Hofmann; 
 Kamera: Hans-Günther Bücking; 
 Darsteller: Götz George, Corinna Harfouch, Barabara Rudnik, Tim Bergmann, Tobias Schenke 
 Länge: 95 Min.; Verleih: Senator Film 

[kom]


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