Kinski: Paganini
Wie der Titel bereits andeutet, besteht eine hohe Identifikation des Regisseurs mit seiner Hauptfigur, dem Violinvirtuosen Paganini. Und wenn man einen Film als Lebenswerk bezeichnen kann, dann wohl diesen. Schon seit den 60er Jahren geisterte dieses Projekt im Kopf des exzentrischen Schauspielers herum, das ging sogar soweit, dass sich Kinski zu kleiden und frisieren begann wie Paganini aus dem 19. Jahrhundert. Und so wie man Kinski kennt, ist auch sein Film: wild, ausgelassen, unerwartet, lüstern, dämonisch, egomanisch und maßlosĘ... Paganini, der mehr als ein Musiker ist, mit seinem irren Blick, seinem abgelebten Gesicht und wild umherflatterndem Haar, lebt seine Musik. Das wird schon in den Anfangsszenen deutlich, als er minutenlang auf der Bühne zu sehen ist und mit wild zuckenden Bewegungen zu spielen beginnt. Die Musik (gespielt vom Paganini-Experten Salvatore Accardo) zieht sich fast einheitlich durch den gesamten Film, wobei er seinem Instrument so hohe und schnelle Töne entlockt, dass man schon beim Zuschauen wie gelähmt und voller Schrecken im Kinosessel hockt. Wohingegen die Menge der Zuschauer im Film, die sich dichtgedrängt vor der Bühne versammelt hat und fast ausschließlich aus Frauen besteht, voller Entzücken zu schreien beginnt und in orgasmusähnliche Zustände versetzt wird. Mit einer eigentümlich verschachtelten Erzählweise werden einige Stationen in Paganinis Leben gezeigt, in dem es sich hauptsächlich um seine unbändige Leidenschaft für minderjährige Frauen dreht, die er befriedigt oder von denen er sich befriedigen lässt. Und durch eine ähnlich starke Besessenheit für die Musik und wilde Fahrten mit der Pferdekutsche zeigt sich seine exzessive Energie, die auch der Film ausstrahlt. Seine wilden zuckenden Bewegungen, ob bei Musik oder Sex, bringen eine unheimliche Unruhe ins Bild. Die einzigen Ruhepunkte im Film und im Leben Kinski-Paganinis scheinen seine hingebungsvolle abgöttische Liebe zu seinem Sohn Achilles (gespielt von Kinskis Sohn Nicolai) zu sein. Doch hat man sich als Kinozuschauer gerade an die Ruhe gewöhnt, wird man schon wieder einem wahren Feuerwerk von Tönen ausgesetzt. Ein Spiel von Musik, in dessen Ausläufer eines Anfalls von Wahnsinn und besessenem Violinspiels das Leben Paganinis beendet wird, endet auch der Film, der einen nach der "Vorstellung" wie gerädert aus dem Kino entlässt.
Kinski Paganini (I/F 1989) Regie & Buch: Klaus Kinski; Kamera: Pier Luigi Santi; Musik: Nicolai Paganini; Darst: Klaus Kinski, Debora Kinski, Nicolai Kinski, Dalila DiLazzaro, Tosca d'Aquino u.a. Länge: 81 Min.; Verleih: Carsten Frank
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