Sau(g)stark
Die Rückkehr der 68er

1968 wurde der Vampir Jean Pierre Le Grand (Zenza Raggi) von seinem finsteren Vampirboss O'Doule (Harry Hunter) zur Strafe dafür, dass er seine Geliebte nicht aussaugen wollte, für 30 Jahre zum Scheintotdasein verurteilt. 1998 erwacht er wieder zum "Leben" und verliebt sich abermals. Diesmal in Kathrin Dumont (Madalina Ray), die Freundin eines Professors Namens Edgar Bodine (Ron Jeremy!). Um nun nicht wieder in Gefahr zu geraten, die Geliebte töten zu müssen, planen Jean Pierre und Katherine O'Doul auf die klassische Weise zu beseitigen. Leider kommt ihnen dabei der gehörnte Habilitierte in die Quere, wird kurzerhand von Vampiren überfallen und sachgerecht gepfählt. Doch O'Doul hat auf teuflische Weise den Plan der beiden geahnt und ihn durchkreuzt ... Das klingt nach dem so ziemlich langweiligsten Vampirfilm, den man sich vorstellen kann - und das wäre er auch, wenn er nicht nebenher auch noch ein Hardcoreporno wäre. Und als solcher gewann Baron of Darkness 1998 auf der Venus, der Oscar-Verleihung für Rammelfilme in Berlin, den Preis als "bester Film". Die Offenlegung des erotischen Subtextes der Vampirstoffe dürfte kaum das Hauptanliegen des Regisseurs Max Belocchio gewesen sein. Vielmehr sah er wohl die finanzielle Verlockung, die seit der Renaissance der Kostümpornos (eingeleitet durch Joe D'Amato) das Genre geschüttelt und zunehmend Distanz zwischen sich und die zahllosen Billigproduktionen ˆ la "Harry Pirvat" gebracht hat. Um so enttäuschender daher, dass der zweifellos (für einen Porno) finanziell aufwendig produzierte Film nur auf Video gedreht wurde. Angesichts der Länge von 194 Minuten muss man sich allerdings fragen, welche eine Zielgruppe solch ein Film ansprechen will: Pornofans finden die halbherzig erzählte Geschichte zwischen den Nummern sicherlich uninteressant; Gruselfilmfans dürfte der stupide Plot und die völlige Überspielung der Darsteller schnell auf die Nerven gehen. A propos Schauspieler: Da hat Baron of Darkness dann doch etwas zu bieten: Einerseits den wohl hässlichsten "Dracula" der Filmgeschichte in Person des Jean Pierre Le Grand (warum der wohl so heißt!) und andererseits ein Wiedersehen mit einer Pornoikone der 80er Jahre: Ron Jeremy, den Insidern sicherlich nicht zuletzt aus Filmen, wie Big Bad Mama Jama bekannt. Jeremy, der auch schon in Nicht-Hardcorefilmen mitgearbeitet hat, spielt durch seine witzige Darstellung (auch beim Geschlechtsakt) alle übrigen Mimen schnell an die Wand. Da wundert es auch nicht, dass der an sich absolut marginal angelegte Charakter des Prof. Bodine erst in den letzten Minuten verschwindet. Jemanden wie Jeremy wollte wohl auch Regisseur Belocchio bis zum Schluss aussaugen.

Baron of Darkness (1 + 2) 
 (D/I 1997/8) 
 Regie & Buch: Max Belochcio; 
 Kamera: Zoli Aragnos, 
 Musik: Markus Steinlein; 
 Darst.: Madalina Ray, Zenza Raggi, Ron Jeremy uvm. 
 Länge 194 Min.; Verleih: Filmproduktion Goldlight 

[Stefan Höltgen]


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