So gesehen:

Antifaschistische Star-Wars-Rezeption

Wir erlauben uns aus gegebenem Anlass - auch die Weltrevolution ist ja so eine Art Untergang (zumindest für die Bourgeoisie, den Faschismus und die Reaktion) - eine unlängst in der Göttinger Zweiwochenantifaschrift “EinSatz!” (Nr. 40, September 99) erschienen Kritik über Star Wars - Episode 1: Die dunkle Bedrohung wiederzugeben:


»Hollywood. WelcheR Linke erinnert sich nicht voll Wohlgefühl an die Zeiten, als man aus dem Kino kam und allen Gestalten sofort ihre “wahre” Identität zuordnen konnte? Damals gab es in Hollywood genau drei “Arten” von Menschen: Amerikaner, Sowjets und Nazis. Wobei die beiden letzteren Gruppen sich oftmals in etwas vereinten, was nach klassisch totalitaristischen Vorstellungen Hitler und Stalin miteinander gezeugt haben mußten. Diese Form der Propaganda war für die Linke sicher ärgerlich, aber immerhin wußte sie, woran sie war und was zu kritisieren war. Doch auch Hollywood geht mit der Zeit, oder vielleicht geht die Zeit mit Hollywood. Und so ist bei “Star Wars - Episode 1: Die dunkle Bedrohung” der Name Programm. Vergeblich suchen wir nach den Russen, die wir in den anderen drei Teilen so treffsicher an ihren grau-braunen Uniformen erkannten, vergeblich nach einem Darth Vader in SS-Kluft. Das Böse besitzt nicht einmal mehr ein Imperium, liegt also nicht mehr inder Sowjetunion - Es ist überall, sinister, manipulierend, wie die “Russenmafia”.
Auch “Star Wars” muß also unter neuen Vorzeichen betrachtet werden - und da diese teilweise weit Reaktionäreres implizieren als in den 70-ern und 80-ern, ist es nur passend, daß es sich bei “Die dunkle Bedrohung” um ein Prequel handelt.
Gleich zu Beginn schlägt einem “Die unersättliche Handelsföderation” der Nimoudianer entgegen. Wer jetzt das Weltjudentum erwartet, irrt - für’s Erste. Stattdessen beglücken die Nimoudianer die amerikanischen Zuschauer mit einem japanischen Akzent. Wie passend für die Amerikaner, die sich doch seit 1990 vor keiner Militärmacht mehr fürchten. Die japanische Wirtschaftsmacht ist allerdings eine “dunkle Bedrohung”.
Doch auch für die Anhänger der “neuen Mitte” Deutschlands ist das Feindbild richtig gewählt: Schließlich wußten die schon in ihrer “wilden” Jugend, daß geldgierige Technokraten mit riesigen Droidenarmeen das kapitalistische Böse verkörpern. Und das spricht nun für die Olivgrünen mit Akzent, schließlich liegt es jetzt, wo sie selbst an der Macht sind, im Ausland. Wer nun fürchtet, den häßlichen Juden missen zu müssen, wird eines besseren belehrt. Als nächstes Original des Gruselkabinetts für grüne Neo-Spießer begegnet uns der Schrotthändler Watto. Er hat eine große Nase und ist habgierig. Deshalb wirken bei ihm auch keine Jedi-Tricks, nur Geld. Watto läßt arbeiten, und zwar vorzugsweise hübsche kleine Jungen. Wer wünscht sich da nicht, daß diese häßliche Rüsselnase mal dazu gezwungen wird, selbst richtig anzupacken - Arbeit macht ja frei.
Nach all diesen dunklen Bedrohungen braucht das Publikum verständlicherweise ein bißchen Erholung - die in Gestalt der Gungan-“Knuddelneger” daherkommt. Die sind religiös, haben einen amüsanten Slang, den Groove im Blut und sind ansonsten rech einfach gestrickte Naturkinder, die von einer geschlechtsumgewandelten Übermutter regiert werden. Und alles was sie wollen ist - wie könnte es anders sein - Respekt. Den gibt ihnen der moderne Multi-Kulti-Weiße natürlich gerne, schließlich ist er aufgeklärt und weiß, daß er sich keine Zacken aus der Krone bricht. Damit sind die Gungans auch schon eingebunden ins Gesellschaftsprojekt der Naboo und haben sich das Privileg erworben, für diese auf dem Schlachtfeld niedergemetzelt zu werden. Daß sie dabei nie ihren Sinn für Humor verlieren, versteht sich vonselbst. Die reine Computergeneriertheit dieser Wesen wird zum inhaltstragenden Element - die Gungans sind beliebig viele, beliebig ersetzbar und sehen, mal abgesehen von ihren Anführern, alle gleich aus.
Soweit also zu den zeitgemäßen Implikationen des “Star Wars” der Gegenwart. Und wie ist es um die künstlerische Seite bestellt? Die hält, trotz nervender Wunderkinder, albernem Knuddel-Humors und hausbackener Dramaturgie, was sie verspricht: “Die dunkle Bedrohung” hat das Feeling, hat die Effekte, hat die Charaktere - und die “neue Mitte” im Blut.«

Nach dieser erschöpfenden Analyse wissen nun endlich auch wir, worum es in Episode 1 geht.

(witzig) gefunden von [Stefan Höltgen]