Sex, Gewalt & schlechte Filme

Nachruf auf den italienischen "Maniac for the Movies" Joe D'Amato

Eigentlich sollte dieser Artikel ja ein Portrait des italienischen Filmemachers Joe D’Amato als “das typische Beispiel für Pornoregisseure” werden. Dann erfuhr ich jedoch aus einem Splatter-Fanzine (wo sollte man solche Infos auch sonst her bekommen?), dass D’Amato im Januar diesen Jahres das Zeitliche gesegnet hat. Und so entschloss ich mich kurzerhand, einen Nachruf zu schreiben.
”Joe D’Amato” (eigentlich Aristide Massaccesi, am 15.12.36 in Italien geboren) ist nur eines - wenn auch das populärste der Regisseur-Pseudonyme unter dem fast 100 Filme hergestellt wurden. Nach eigenen Angaben hat er den Namen in einem Kalender gelesen und weil italienisch-amerikanische Namen (wie Martin Scorsese oder Brian de Palma) auf Zuschauer eben besser wirken als italienische, ist er letztlich zu seinem Markenzeichen geworden. Alle anderen Pseudonyme hier aufzuzählen würde den Platz einnehmen, den ich mir lieber für eine Würdigung seines Schaffens freihalten möchte.
Seine Laufbahn begonnen hat D’Amato 1952 als Still-Fotograf bei Jean Renoirs Die Goldene Karosse. Knapp 20 Jahre später feierte er dann sein Regiedebüt ... und Kameramann- und Drehbuchautor- und Produzentendebüt.
Joe D’Amatos Filmografie liest sich wie ein Durchgang durch das italienische Rip-Off-Kino: Sexfilme in den Sechzigern und Siebzigern, Splatterfilme (vorwiegend mit dem damals populären Zombie- und Kannibalenthema) in den Achtzigern und schließlich Hardcore-Pornografie in den neunziger Jahren. Letzteres Terrain betrat er jedoch während seiner gesamten Schaffenszeit immer wieder, um seine übrigen Produktionen zu finanzieren. Es ist nun nicht anzunehmen, dass D’Amato ein Konzept gehabt hätte, das derlei “Genre-Hopping“ (wie etwa bei Kubrick oder Jarmusch) zuließ. Vielmehr ist Folgendes das einzige, was all seine Celluloid- und Videoprodukte miteinander verbindet: ”Für mich ist alles nur Geschäft.” Diese Einstellung teilt er wohl mit vielen seiner Filmkollegen aus Italien (Fulci, Bava, Franco uva.). Im Gegensatz zu denen gesteht er jedoch freimütig ein, keinerlei künstlerische Ambitionen gehabt zu haben: ”Es ist nämlich kein Kunst-Produkt, was ich da mache, sondern reines Geschäft.” Ob man das nun schockierend oder ehrlich finden soll, bleibt einem selbst überlassen.
Eines ist jedoch sicher: Seinen Produktionen sieht man diesen ”Background” an. Die Sexfilme z. B. schwimmen größtenteils wie Fettaugen auf der Emanuelle-Suppe (”Erstmal gab es den originalen, französischen Emanuelle-Film, und der hatte richtig Geld gemacht. Und so dachten wir, das können wir auch machen ... und haben einfach nur ihre Hautfarbe geändert”). D’Amato setzte die recht dunkelhäutige Schauspielerin Laura Gemser aus Holland für seine Black Emanuelle-Serie ein, die es immerhin auf sieben Teile brachte.
Als George A. Romero 1979 Dawn of the Dead in die Kinos brachte (den der italienische Coproduzent Dario Argento eigens für den europäischen Markt zu einer härteren Fassung umschnitt), roch D’Amato schnell den Braten und drehte eine Handvoll Zombie- und Kannibalenstreifen, darunter Man Eater, Sado - Stoß das Tor zur Hölle auf, Absurd und In der Gewalt der Zombies. Letzterer ist der einzige, der in Deutschland nicht beschlagnahmt wurde und der Laura Gemser schließlich zu den Zombies verschlug (bei den Kannibalen war sie ja 1977 in Emanuelle and the Last Cannibals schon gewesen).
”Dann war die Zeit für diese Filme schon wieder am Ende. Ich bin eben kein Künstler, sondern ein Geschäftsmann.” Konsequent endete D’Amatos Ausflug in die Gewalt schließlich wieder beim Pornofilm. Und dort ist er einer der fleißigsten Regisseure überhaupt gewesen. Seine Titel (z. B. Hercules, The Erotic Adventures of Marco Polo, Jungle Heat uva.), von denen er jährlich ein Dutzend auf den Markt warf, konnten sogar Darsteller, wie Pornoqueen Kelly Trump verzeichnen.
Am 23. Januar 1999 verstarb der große Meister des - ja, was denn eigentlich? - an Herzversagen. Dort, wo er jetzt ist, kann er kein Geld mehr verdienen. Doch vielleicht begegnet er im Jenseits ja dem einen oder anderen Charakter seiner Filme wieder ... hoffen wir für ihn, dass es nicht die Zombies und Kannibalen sind!


[SH]


(Die Zitate stammen aus einem Interview, das Joe D’Amato 1990 mit der Zeitschrift Splatting Image führte)