Kenntnisreichtum und Schwärmerei treiben zuweilen seltsame Blüten.
Geradezu akribisch hat sich Autor Michael Petzel einer der aufwendigsten Recherchen
in der deutschen Filmgeschichte gewidmet, ist doch Karl May hierzulande der
am häufigsten verfilmte Buchautor. Eng hat er dabei mit dem Karl-May-Archiv
Göttingen zusammengearbeitet und einen erheblichen Fundus an Literatur
durchstöbert, um das Buch schließlich zu publizieren, gebunden im
Stile der alten Reihe.
Die jeweiligen Verfilmungen werden chronologisch abgehandelt, sodass nicht nur
die erfolgreichen Kinoproduktionen der 60er zur umfassenden Darstellung gelangen,
sondern auch die Stummfilme der Jahre 1920/21 (Auf den Trümmern des Paradieses,
Die Todeskarawane, Die Teufelsanbeter), allesamt leider verschollen. Weiterhin
sind die Produktionen Durch die Wüste (1936), Die Sklavenkarawane (1958)
und Der Löwe von Babylon (1959) enthalten. Aber auch sämtliche Fernsehproduktionen,
wie z.B. Winnetous Rückkehr aus dem Jahre 1998, hat Petzel nicht ausgeklammert.
Den Schluss bestreiten detailversessene filmografische Angaben zu jedem Streifen
mit Darstellern, Produktionsstab und -daten.
Das Hauptaugenmerk gilt natürlich den "klassischen" Karl-May-Filmen
mit den Hauptdarstellern Pierre Brice als Winnetou, Lex Barker als Old Shatterhand
oder aber Steward Granger als Old Shurehand. Nicht zu vergessen bleibt aber,
dass wiederum andere Schauspieler die Verfilmungen als Sprungbrett für
weitere Erfolge benutzen konnten. Dies betrifft vor allem Götz George,
Mario Adorf, Mario Girotti (alias Terence Hill) oder Uschi Glas, das Halbblut
Apanatschi. Und leider spielte Ralf Wolter im Karl May seine einzigen bedeutenden
Rollen, etwa als Sam Hawkens oder Hadschi Halef Omar.
Die Kinoreihe gab überdies das Startsignal für die Eurowestern, wie
Segio Leones Für eine Handvoll Dollar (1964 mit Clint Eastwood) oder Spiel
mir das Lied vom Tod (1968).
Der erste Film mit Brice/Barker war Der Schatz im Silbersee, und wurde 1962
gedreht (wie so häufig in Jugoslawien) und am 14.12. uraufgeführt.
Nach seinem ungewöhnlichen Erfolg war die Fortsetzung der Reihe beschlossene
Sache, wobei es die Helden auch zeitweise in den Orient oder Lateinamerika verschlug.
Die BRAVO entfachte eine regelrechte Massenhysterie (v.a. um Pierre Brice),
und May-Vorführungen gehörten regelrecht zur Jugendkultur, von Jungen
und Mädchen. Die Serie setzte Rekordmarken und ist die erfolgreichste Kinoreihe
nach dem Zweiten Weltkrieg. Abgerundet werden die Darstellungen durch ihr spezifisches
Presseecho. Und dies war dann doch irgendwann so schlecht, dass die Kinoserie
abgesetzt wurde. Mit Winnetou und Old Shatterhand im Tal der Toten fiel 1968
die (vorerst) letzte Klappe.
Petzels Buch zählt eindeutig zu den echten Liebhaberstücken für
richtige May-Fans. Diesen müssen es nicht vorrangig die Filme angetan haben,
auch die Lektüre einstiger Kindertage ist ja vielleicht ein Anreiz. Einen
großen Bonus verdient das Buch für seine großartige Bebilderung,
manchmal auch abseits des lethargischen Schauspielalltags. Hingegen verliert
sich der Autor allzu oft in piepselige Details, die die Konzentration ein ums
andere Mal pikant herausfordern. Ein liebevolles Stück zu einem stolzen,
nicht unverdienten, Preis.
Michael Petzel Karl-May-Filmbuch. Stories und Bilder aus der deutschen Traumfabrik Karl-May-Verlag Bamberg/Radebeul 58,- DM
[RE]
Es besteht eine eigenartige Diskrepanz zwischen dem, was David Lynch filmt und
dem, was er über dieses Gefilmte sagt. Er verweigert nämlich nicht
nur eine Deutung seiner Filme, sondern scheint die Fragenden auch bewusst in
die Irre führen zu wollen mit Aussagen, die mindestens ebenso kryptisch
sind, wie die Bilder zu denen sie gemacht werden.
Interessanterweise ist aber genau das, was Lynch sagt häufig das Einzige,
was sich über seine Filme sagen lässt. Denn einen hermeneutischen
Zugang, der zu einer schlüssigen Interpretation führen würde,
findet man in keinem Film Lynchs. Allenfalls Signifikanzen - Bedeutungen für
den einzelnen Betrachter -, die mehr gefühlt als gedacht werden, lassen
sich Werken, wie Eraserhead (1978), Blue Velvet (1986) oder Lost Highway (1996)
entnehmen.
Merkwürdig ist nun, könnte man meinen, dass es so derart viele Bücher
über Lynch gibt, die sich vornehmen, etwas über ihn und seine Filme
zu sagen, jedoch alle auf diese Diskrepanz zwischen Bild und Bezeichnung hinweisen.
Zu diesen Büchern hat sich nun ein Interviewband von Chris Rodley gesellt,
der den Meister fast vollständig selbst zu Wort kommen lässt und ihm
die Möglichkeit bietet, das Vakuum mit Aussagen zu füllen.
Die Fragen, die fast allen auf den Nägeln brennen, nämlich Wie
haben Sie dies oder jenes gemacht?, oder, Was bedeutet
,
scheut sich Rodley nicht zu stellen. So fallen dann allerdings die Antworten
aus, wie in vielen Lynch-Interviews zuvor. Auf die Frage zum Beispiel, woraus
das Baby in Eraserhead bestehe, antwortet Lynch: Darüber
will ich nicht reden. Und als Rodley weiter fragt: Haben Sie es
gemacht?, bekommt er zur Antwort: Nein. Ich habe nichts gesagt.
Ich sage überhaupt nichts.
Mit solchen Frage-und-keine-Antwort-Spielchen lässt sich natürlich
kein 350-seitiges Buch füllen. Dennoch lässt sich auch solchen Antworten
einiges entnehmen. Die konsequente Verweigerung, das Gesehene zu Erklären,
begründet sich nämlich auf dem Prinzip von Lynchs Arbeit. Er hat immer
wieder betont, dass er mehr mit dem Bauch als mit dem Kopf filme,
und dass seine Filme auch ebenso rezipiert werden wollen. So wichtig scheint
ihm dies, dass er in Lost Highway gar beginnt, mit der Kopf-Logik derart zu
spielen, dass jeder Zuschauer, der versucht Lynchs bislang letzten Film mit
dem Kopf zu verstehen, hoffnungslos im Dunkeln tappt. Denn auch zu Lost Highway
lassen sich eine Menge detaillierter Untersuchungen anstellen, die - an einem
Ende angelangt - doch nur wieder inkohärente Einzelbeschreibungen ergeben.
Die Stärke des Interview-Buchs (und deshalb heißt es auch Lynch
über Lynch und nicht Lynch über seine Filme) liegt
vielmehr im Beschreiben des Produktionskontextes der mittlerweile acht Lang-,
zwei Kurzfilme, drei Fernsehserien und des einen Musikfilms. Man erfährt
Zahlreiches über die Vorbedingungen, die Produktion an sich, die Darsteller
und wie Lynch auf seine Stoffe stößt. Angereichert wird das ganze
mit dem Aufdecken von Bezügen, wenn Lynch zum Beispiel seine tiefe Verehrung
für Kafka, Waters, Wilder oder Werner Herzog anspricht.
In dieser Hinsicht erfährt man auch fast mehr über Lynchs Filme, als
in den direkten Fragen. Man erfährt, wie die Filme in seinen Bauch hineingekommen
sind. So lassen sich die fragenden Stichelein Rodleys (der, obwohl er bestimmt
von Lynchs Deutungs-Antipathie gewusst hat, immer mit großem Respekt vorgeht)
vernachlässigen und die neun Interviews, die in dem Buch zusammengekommen
sind, als wohl eine der wichtigsten Publikationen zu Lynch bezeichnen.
Dem Verlag der Autoren ist mit Lynch über Lynch ein Beitrag zur deutschsprachigen
Lynch-Diskussion gelungen, der sich einwandfrei in das tadellose Gesamtprogramm
des Verlags eingliedert und der sicherlich nicht nur für Fans und Filmwissenschaftler
interessant ist, sonder ebenso für alle, die ein Auge für diese fremde
und seltsame Welt haben.
Chris Rodley (Hrsg.) Lynch über Lynch (aus dem Amerik. von Marion Kagerer) Verlag der Autoren 24,80 DM (Taschenbuch)
[Stefan Höltgen]
Mit "A strange world. Das Universum des David Lynch" liegt die zweite
deutschsprachige Publikation über David Lynch von 1998 vor. Der Band enthält
auf mehr als 300 Seiten Aufsätze verschiedener Autoren zum Werk des amerikanischen
Regisseurs.
In einem jedoch unterscheidet er sich von allen deutschsprachigen Veröffentlichungen:
Die Beiträge sind sowohl von ihrer Sprache als auch von ihren Themen durchgängig
(film-) wissenschaftlich gehalten. Somit bietet der Ludwig-Verlag nicht nur
einen wichtigen Beitrag zur Forschung sondern stellt auch gleichzeitig einen
Ausschnitt derselben dar. Dass das Buch als Einführung in die Thematik
daher ungeeignet ist, versteht sich von selbst.
Die Aufsätze sind in drei Bereiche segmentiert. Zunächst versucht
Grenzen, Ordnungen, Realitäten eine Topografisierung des viel
zitierten aber dennoch reichlich unerforschten Lychville. Hier wird
versucht die Lynch-typischen Variablen, die so gar nicht in den Kontext üblicher
Genres, wie Thriller, Horror- oder Gruselfilme passen wollen, in Worte zu fassen.
Vor allem der Beitrag Maurice Lahdes über die Traumerfahrung in den Filmen
David Lynchs schafft einen erhellenden Zugang zu Eraserhead, der in einem Großteil
der bisherigen Literatur über diesen offensichtlichen Traumfilm viel zu
kurz gekommen ist.
Das zweite Segment des Buches, überschrieben mit Körper, Konfrontation,
Geschlechter, setzt sich mit dem populärsten und bislang am häufigsten
diskutierten Thema der Lynch-Filme auseinander. In sechs Aufsätzen (unter
ihnen Anne Jerslev, die bereits 1996 eine Monografie zu David Lynch veröffentlicht
hat) sollen die Bezüge der lynchschen Körperphantasien aufgedeckt
werden. Das reicht vom eigenen Körperbild der Außenseiter-Protagonisten
bis hin zu den Beziehungen zwischen Männern und Frauen (am Beispiel Blue
Velvet oder Lost Highway).
Im dritten Teil des Buches untersuchen die Autoren unter der Überschrift
Zeichen, Kommunikation, Referenz die intertextuellen Bezüge
des filmischen Werks Lynchs einerseits untereinander (und betonen damit vor
allem den Werkscharakter) sowie zu anderen Genres und Gattungen. Herausstechend
sind hier vor allem die Beiträge von Petra Kallweit über die Selbstreferenz
in Lost Highway und Twin Peaks sowie der Aufsatz über die Funktion populärer
Musik (mit der Überschrift: from Blue Velvet Underground to Wild
Mainstream) in den Filmen Lynchs.
Der Aufsatzsammlung liegt ein Seminar des Kieler Instituts für neuere deutsche
Literatur und Medien, dass von den Autoren 1997 abgehalten wurde, zugrunde.
Die Beiträge, die für eine sehr spezielle Leserschaft geschrieben
sind, stellen die Bedeutung Lynchs für die Filmkunst in der Postmoderne
und ein tieferes Eindringen in das Oeuvre seines Werks dar.
Eckhard Pabst (Hrsg.) »A strange World« Das Universum des David Lynch Verlag Ludwig 48,00 DM (Taschenbuch)
[Stefan Höltgen]
Das Sachlexikon Film von Rainer Rother (Hrsg.) ist eines der wenigen Filmlexika,
die überhaupt in deutscher Sprache erschienen sind und stellt eine gelungene
Synthese aus Wörterbuch und Sachlexikon dar.
Anhand von vielen Stichworten und Artikeln verschiedenster Autoren wird ein
guter Überblick über Fakten und Zusammenhänge rund um das Medium
gegeben.
Das Buch vermittelt ein solides Basiswissen aus den Bereichen Technik, Genre,
Stil, Fachbegriffe, Produktion, Produzenten, Geschichte und Berufsgruppen. Es
richtet sich ebenso an theoretisch interessierte, wie auch praktischer veranlagte
Filmfreunde.
Bei etwas mehr als dreihundert Seiten versteht sich von selbst, dass es sich
keineswegs um ein enzyklopädisches Werk handeln kann. Sehr spezielle Themen,
wie zum Beispiel "englisches Licht" oder "funktionelles Erzählen"
sucht man auch unter anderen Stichworten vergeblich.
Kritisch anzumerken ist ebenfalls, dass die überwiegende Anzahl der Artikel
eine Sammlung historischer Fakten und Kenndaten ist und zu wenig Raum bleibt
für problemorientierte Darstellung. Am deutlichsten wird das vielleicht
unter Beiträgen wie FSK (Freiwillige Selbstkontrolle der Filmwissenschaft),
bei dem politische, sich daraus ergebende juristische und ökonomische Fakten
in einen gesellschaftlichen Kontext gestellt werden, ohne dabei die Problematik
des unmündigen oder besser entmündigten Rezipienten anzusprechen.
Ähnliche Erscheinungen auch unter dem Stichwort Horrorfilm. Wieder ein
historischer Abriss, Titel, Firmen, Produzenten, Darsteller und sogar der zarte,
äußerst zaghafte Versuch einer Deutung: "[ ...] die Filme spiegeln
die Angst der Amerikaner vor der Atomkraft wieder."
Angst, das ist schon richtig; doch es ist die Angst vor den entfesselten Naturkräften,
eine archaische Angst, die der menschlichen Aufklärung spottet und insofern
als romantisches Naturverhältnis zu charakterisieren wäre. Der Artikel
unterschlägt völlig die stoffgeschichtliche Affinität des Genres
zum Mythos, zu dem, was Menschen von je her bewegt und unser kulturelles Bewußtsein
geprägt hat. Sicher war das lange vor dem Film. Aber auch, wenn es einige
Zeit her ist, dass die puristischen Ästhetiken der Aufklärung und
des Idealismus das Hässliche, Monströse oder Beängstigende so
gründlich aus der kulturgeschichtlichen Theorie-und Symboltradition gestrichen
haben, dass es von einer anerkannten Hochkultur kommend heute nur noch in so
genannten trivialen Formen erscheint, dürfen die Fakten über dieses
Genre nicht einfach unterschlagen werden.
Nur genannt und nicht einmal ausreichend problematisiert ist in diesem Artikel
auch die Frage der Konvention in der Ästhetik des Horrorfilms. Problemorientiert
wäre zum Beispiel, die Simplizität der schablonenartigen Handlungsmuster
aufzuzeigen und sie als eine genreimmanente und unerläßliche Verfahrensweise
zu kennzeichnen.
Alles in allem ist es dem Herausgeber gelungen, ein sehr umfangreiches und vor
allem kompaktes Nachschlagewerk in Sachen Film zu erstellen, dessen Anschaffung
sich vor allen für filmhistorisch und filmtechnisch Interessierte lohnen
dürfte. Wer darüber hinaus noch Problemorientierung wünscht,
wird auch in Zukunft auf die bekannten "Nebenwege" zurückgreifen
müssen.
Rainer Rother (Hrsg.) Sachlexikon Film. Rowohlt Handbuch 6515 335 S., 29,90 DM
[MW]
Gibt es das, lassen sich die Strömungen eines ganzen Kontinents auf einen
Nenner bringen? Die Grunderfahrung, mag man meinen, sei die gleiche: Streben
nach Mündigkeit in immer noch postkolonialer Zeit. Und das Medium Film
dient im Nachfeld der Unabhängigkeit wie andere weitgehend
dem selbstemanzipierenden Finden eigener Perspektiven im Raum von Milieu, Stamm,
Staat und Supranation.
Afrikanisches Kino wird weitgehend als engagiertes, ethnografisches Kino verstanden.
Wobei Ethnografie heute eine andere Semantik hat als die der dokumentarischen
Filme, die das westliche Universitätsmilieu in den 60ern und 70ern von
Afrika produzierte. Filme, die oftmals jovial, mit distanziert-ethnologischem
Blick agierten. Der Konflikt zwischen beiden Positionen ist immanent. Ousmane
Sembène, prominenter senegalesischer Regisseur, warf den nichtafrikanischen
Filmern vor, eine Sicht wie auf Insekten zu haben, weil sie Realität nur
abbildeten und somit die Entwicklung der Wirklichkeit amputierten. Denken kam
nicht vor.
Afrikanisches Kino lässt sich aber keineswegs als Frontstellung gegen oberflächliches
und vermeintlich unauthorisierte filmische Zugänge verstehen. Als Derivat
aus westlichen und eigenen Erfahrungshorizonten, mit Unsicherheiten beider Zugänge,
bleibt der afrikanische Film so vielsprachig wie der Kontinent selbst und bedient
sich nicht unerheblich dokumentarischer Verfahren teils in symbiotischer
Beziehung mit Spielfilmelementen. Das Spektrum des Genres reicht
vom introvertierten, oppositionellen Autorenfilm bis hin zum populären,
unpolitisch-bourgeoisen Massenkino.
In und für Afrika produzierte Filme haben, verallgemeinert gesagt, eine
Rolle zu erfüllen, einen Auftrag, der lautet, engagierte Werke von hoher
Qualität zu schaffen, die die landesspezifischen sozial-kulturellen Wirklichkeiten
reflektieren. Von afrikanischen Filmen erwartet man, in die Présence
Africaine zu blicken. Allerdings gibt es in der Chronologie afrikanischen Films
graduelle Unterschiede bezüglich der autoralen Intentionen. Waren die Produktionen
in der Frühphase zunächst tatsächlich antikolonialistisch geprägt,
entwickelte sich in zweiter Generation ein Kino der Kontroversen zwischen
den Filmemachern und der politischen Führung, die jetzt afrikanisch und
teils noch perfider war (N. Frank Ukadike).
Zeitgenössische Ausdrucksformen sind hingegen oft kritische Analysen
von Selbst und Welt, die sich der Vermittlung und der Interpretation
der schwierigen Gegenwart widmen, wie der Filmwissenschaftler Jude Akudinobi
bemerkt. Synchron existiert der ideologiefreie Zugang, Filme imaginativen und
träumerischen Charakters zu entwerfen. Afrika brauche engagierte
Filme, räumt die junge Regisseurin Régine Fanta Nacro ein. Aber
sie habe große Lust, sich dem Imaginären zu widmen: Ich will
nicht, dass man sagt, nur weil ich Afrikanerin bin, soll ich engagiertes Kino
machen.
Afrikanisches Kino ist spannungsvoll. Es bezieht seinen Reiz aus der Synthese
von Moderne und dem Schatten, den das afrikanische kulturelle Erbe über
jene wirft. Im globalen Maßstab ist es noch lange eine Randerscheinung,
ein chancenarmer Eindringling. Aber gerade weil der afrikanische Film im engeren
Sinn ein Spartenprodukt bleiben wird, ein Fremder selbst auf dem eigenen Kontinent,
werden die künstlerischen Impulse und Ambitionen wach gehalten.
Das von Marie-Hélène Gutberlet und Hans-Peter Metzler in der arte-Edition
herausgegebene Buch Afrikanisches Kino ist eine Textsammlung, die
einen ersten, orientierenden Zugang zum afrikanischen Film bietet. Vorrangig
neuere Essays und Interviews von souveränem Ernst lassen die Gemeinsamkeiten
im Wesen afrikanischer Produktionen deutlich werden. Erzählende, fragende
und exemplifizierende Texte, die die Narration paradigmatischer Werke untersuchen,
wechseln sich ab. Leider reihen sich die einzelnen Beiträge sehr bruchstückhaft
aneinander und bleiben ohne Supervision. Da sind sie dann dem afrikanischen
Film sehr ähnlich.
M.-H. Gutberlet und H.-P. Metzler (Hrsg.) Afrikanisches Kino Horlemann 1997, arte edition. 262 S. pb. 32,00 DM
[Ron Winkler]