Quo Vadis Capitol?

Kommentar

Skeptisch durfte man sein, angesichts der Menschenmassen vorm Capitol anlässlich des Starts von The 6th Sense. “Passen die denn da alle rein?”, hätte eine Frage sein können, die man sich stellt. “Reichen denn die Kassen des Capitols überhaupt aus, um das viele Geld entgegenzunehmen?”, eine andere. Sie haben wohl gereicht. Und man hat dort nun wieder herausgefunden, dass Geld nicht stinkt.
Schien mit der Eröffnung des CineStar im Dezember 1998 das Überleben des einstmals einzigen Jenaer Kinos noch fraglich, so entschlossen sich die Betreiber schnell, mit einem eigenen Konzept dem drohenden Untergang die Stirn zu bieten: Studentenpreise. Dass die sich allemal rechnen in einer Studentenstadt und angesichts von 14 DM Eintritt im örtlichen Multiplex, ist offensichtlich.
Das Capitol entwickelte sich seitdem zur echten Alternative in der Jenaer Kinolandschaft: attraktive Preise für Filme, die nicht ganz ins Programmkino passen, aber für ein Multiplex oft noch zu “künstlerisch”, also zu wenig gewinnträchtig waren. Ob die Betreiber des Capitol nun diese cineastische Nische für sich belegt zu haben glaubten oder ihnen angesichts der wahnsinnigen Besuchermassen, die Bruce Willis bestaunen wollten, das Geld zu Kopf gestiegen war, kann nur vermutet werden.
Sicher ist, dass das Capitol jetzt wieder die Preiskurbel in Betrieb genommen hat. Montags und Dienstags ist jetzt “Kinotag” und der kostet 7 DM für alle. Nur für Studenten kostet der Eintritt dann 7 DM am Mittwoch und Donnerstag. Alle anderen zahlen 9 DM. Die größte Preissteigerung hat man sich für’s Wochenende aufgespart: 8 DM für Studenten und 12 DM (!) für alle anderen.
Das erinnert an Zeiten, zu denen es noch keine Konkurrenz gab. Damals waren die Preise ganz fix über die 10 DM geklettert, einzig mit der Begründung, dass Renovierungsarbeiten zu bezahlen wären. Doch eigentlich ist ja nun “alles abbezahlt” (Zit. H.-J. Schicht, frame25 3/99).
Ein Preis von 7 bis 8 DM für Studenten wäre ja zu verkraften, wenn man dafür nicht Unannehmlichkeiten in Kauf nehmen müsste, die es fast überlegenswert erscheinen lassen, das Doppelte beim CineStar auszugeben: Leinwände, die eigentlich gar keine sind (eher löchrige Plastikplanen mit sichtbaren Rissen) und Saalwände, die so dünn sind, dass man zwar einen Film sieht, aber noch zwei weitere hört.
Wird also wieder Geld für eine Renovierung gespart, die diesmal vielleicht optische und akustische Ansprüche mit erfüllt? Will man - darauf bauend, dass der langsam ansteigende Preis schon niemandem auffällt - zumindest hier CineStar-Niveau erreichen? Oder geht es einfach darum, vom großen Kuchen ein etwas größeres Stück abhaben zu wollen?

[Stefan Höltgen]