Geschenkt ist noch zu teuer

Mehr als jedes andere Subgenre des Horrorfilms gründet der Slasherfilm auf einem Regelsystem, das sich in der 30-jährigen Geschichte des Genres kaum verändert hat. Selbst ein Film wie „Scream“, der Mitte der Neunziger die zweite Welle des Slasherfilms einleitete und in bester postmoderner Tradition angetreten war, seine Regeln aufzudecken, kam nicht darum herum, diesen Regeln minutiös zu folgen. Der Vorwurf, der Slasher erzähle immer die gleiche Geschichte, ist also alles andere als leicht zu entkräften, entbehrt nicht einer gewissen Wahrheit. „Black Christmas“, der neueste Ableger des Genres, macht aus seiner Epigonalität dann auch gar keinen Hehl, zumal er auch noch das Remake veines Vorreiters des Slashergenres aus dem Jahr 1974 ist, Bob Clarks "Jessy – Die Treppe in den Tod"

blackchristmas.jpgDie Geschichte um den armen Außenseiter Billy, den dysfunktionale Familienbande nicht nur zum Gefangenen seiner Eltern machen, sondern auch zum Vater seiner Schwester und schließlich zum Killer, ist zwar der Vorlage entnommen, mittlerweile aber sowieso zum Standard des Slasherinventars zu zählen. Auch dass Billy aus der Haft entwischt und zurück an seine alte Wirkungsstätte kehrt, überrascht den Zuschauer ebenso wenig wie die Tatsache, dass sein Elternhaus mittlerweile zum Studentinnenwohnheim umfunktioniert wurde. So entfaltet sich in den knapp 85 Minuten ein Plot, der nie auch nur den Versuch unternimmt, etwas Eigenes, Neues zu machen. „Black Christmas“ ist erschreckend einfallslos, ohne jegliche Ambitionen heruntergekurbelt und dann wird dem vorhersehbaren Treiben vom ziellos mäandernden Drehbuch auch noch der letzte Punch genommen.

Da stellt sich die Frage, warum man eine solche Geschichte nicht einfach „neu“ erfindet anstatt sich auf einen 30 Jahre alten Film zu berufen. Der Grund dafür dürfte nicht nur darin zu suchen sein, dass Bob Clarks original ein eher unbekannter Vertreter seines Genres ist, sondern auch in dessen praktischem Weihnachtsbezug: Zwischen den zuckersüßen Familienfilmen, die die Multiplexe dieser Tage fluten und in denen die Besinnlichkeit gepriesen und dem Weihnachtsmann gehuldigt wird, stellt ein Film, der die Schattenseiten des Familienlebens aufdeckt und den kultisch verehrten Götzen mit der Zipfelmütze zum Killer macht, einen willkommenen Seitenhieb dar. Doch selbst dieses subversive Element, das sich etwa Charles E. Selliers „Stille Nacht – Horror-Nacht“ oder Edmund Purdoms „Fröhliche Weihnacht“ (beide 1984) sehr geschickt zunutze machen, geht in Glen Morgans Film völlig im Einerlei unter, ist jeglicher Schärfe beraubt und nur noch als schwache Erinnerung vorhanden.

„Black Christmas“ ist ein Film über den man nicht viele Worte verlieren muss, weil man ihm in jeder Sekunde anmerkt, dass noch nicht einmal die Verantwortlichen ihn besonders ernst genommen haben. Insofern passt Glen Morgans Film (dessen „Willard“-Remake auch schon weder Fisch noch Fleisch war) wunderbar in eine Jahreszeit, in der es zur lieben Tradition geworden ist, mit zwar pflichtbewusst, aber leidenschaftslos im Konsumtempel eingekauftem, stets bunt verpacktem, aber völlig leerem und wertlosem Tand um sich zu schmeißen. Ganz schön gemein, dass man „Black Christmas“ im Gegensatz zu dem Ramsch, der sich am Heiligabend unter dem Weihnachtsbaum drängelt, nicht umtauschen kann.

Black Christmas
(Black Christmas, CAN/USA 2006)
Regie: Glen Morgan, Drehbuch: Glen Morgan, Kamera: Robert McLachlan, Musik: Shirley Walker, Schnitt: Chris Willingham
Darsteller: Katie Cassidy, Mary Elizabeth Winstead, Lacey Chabert, Michelle Trachtenberg, Oliver Hudson, Andrea Martin
Verleih: Concorde
Länge: 84 Minuten 

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