Diesel brennt nicht!

Man könnte meinen, man durchlebt die alptraumhafte Zusammenfassung des Teen-Horrorfilms von seinen Anfängen bis in die Gegenwart: Der Prolog von „Trespassing“ zeigt uns, wie ein junger Mann, der mit seinen Eltern in den Sümpfen von Louisiana lebt, zum wahnsinnigen Serienmörder wird. Seinen Vater ersticht er mit einer Heckenschere (von da ab sein bevorzugtes Mordinstrument), seine Mütter überschüttet er mit Diesel und zündet sie bei lebendigem Leibe an. Dann – eine Einblendung verrät uns „20 Jahre später“ – unternehmen fünf Studenten einen Wochenendausflug in das Haus, wo das alles begann. Von den dort stattgefundenen Taten wissen sie nichts – ihr Ausflug hat ein sozialpsychologisches Forschungsmotiv: „Stimmt es, dass das illegale Eindringen in ein gesperrtes Gebiet zwangsläufig Hysterie und Gewalt bei den Eindringlingen auslöst, wie gängige Horrormythen behaupten?“ Da die Eindringlinge nun zufällig in das Territorium und Haus des dort noch lebenden wahnsinnigen Killers eindringen, bestätigen sich die Thesen auf gleichsam wunder- und grausame Weise.

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»Viewing is Horror«

Der Horrorfilm bezieht sein Grauen nicht selten aus dem Unfassbaren, das sich im Menschen selbst verbirgt. Dazu lotet er mysteriöse und geheime Gruppen aus, die sich der Alltagserfahrung entziehen und eben durch ihre Abgeschiedenheit oder ihre extrem ritualisierte Lebensweise das Fremde als Enklave auf ideale Weise in der Gesellschaft selbst zu verorten verstehen. Etliche Horrorfilme spielen in Klöstern, handeln von Sekten bezeihungsweise sind in Irrenanstalten situiert oder stellen psychotische Figuren ins Zentrum ihrer Erzählungen.
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Viel Blut – Wenig Hirn

Alle paar Jahre kommt es vor, dass ein übermütiger Regisseur den Splatterfilm um eine Komödie bereichern will. Um die Körper-Grotesken herum werden dann reichlich skurrile Erzählungen ersonnen, die die Gewalt auf möglichst komödiantische Weise in diese einbetten sollen. Dass Gewaltdarstellung und Körperzerstörug selbst schon ab einem gewissen Grad in den Slapstick abgleiten, hat der Sam Raimi schon 1982 mit „The Evil Dead“ bewiesen – einer Splatterkomödie, deren komisches Potenzial auf Grund ihrer Gewalteskapaden zunächst nur schwer als solches zu erkennen war. Doch mit Stuard Gordons „Re-Animator“ und sätestens 5 Jahre später mit Peter Jacksons „Bad Taste“ ist das Komödiatische am Horriblen nachdrücklich deutlich geworden.

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One Point O

Unser Protagonist – Simon J. – schließt die Türe zu seinem Appartment auf: Ein karger Raum mit braunen Tapeten, in leicht flackerndes Neonlicht getaucht, spärlich möbliert. Und am Boden ein Paket, ohne Absender oder Empfänger. Niemand weiß, wie es dorthin gekommen ist, oder erst Recht, was ein leeres Paket für einen Sinn haben soll.
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Aliens prefer to be blondes

Man hat sich im Zuge der „Teenysierung“ des Horrorfilms seit 1996 ja einiges ein- und gefallen lassen (müssen): Gemeingefährliche Lehrer („The Faculty“) böse Serienmörder, die Vergangenes rächen („I know what you did …“), böse Serienmörder, die Jungfräulichkeit rächen („Cherry Falls“), Eltern, die sich gegen ihre Kinder verschwören („Disturbing Behaviour“). Die Varianten scheinen unerschöpflich – aber auch nur deswegen, weil sich am großen Plot-Konstrukt nie etwas ändert – allenfalls die Bedrohung mal aus einer anderen Richtung kommt. Eine Bedrohung die es oft nur auf eines abgesehen hat: Das Erwachsenwerden der Teenager, das sich durch Geschlechtsreife kennzeichnet, zu unterdrücken.

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Ich habe keine Angst

1978, Sommer, Süditalien. Es ist so heiß, wie schon lange nicht mehr. Die Weizenfelder sind goldgelb und wiegen sich im Wind. Kein Regen. Man bleibt im Haus bis die Sonne untergeht. Nur den Kindern macht die Hitze nichts aus. Sie spielen – die menschenverlassene Welt ist ihr Spielplatz. Als der kleine Michele mit seinen Freunden auf einem verlassenen Bauernhof spielt, entdeckt er ein Loch in der Erde und als er in das Loch hinabschaut, sieht er ein Bein. Er erzählt seinen Freunden nichts davon und kommt am nächsten Tag wieder. In dem Loch lebt ein kleiner, gleichaltriger Junge, der glaubt, dass er tot sei. Michele freundet sich mit ihm an und bringt ihm regelmäßig Essen und Trinken. In den Nachrichten erfährt Michele, dass der Junge Filippo heißt und entführt wurde. Seine Mutter sorgt sich um ihn. Michele weiß zwar nicht, was „entführt“ bedeutet, erzählt Filippo jedoch von dessen Mutter. Zuhause bei Michele gibt es indes Veränderungen: Ein fremder Mann zieht ein und die Erwachsenen des kleinen Ortes benehmen sich eigenartig. Bald schon bekommt Michele heraus, dass sie den kleinen Filippo in das Loch gesperrt haben. Er versteht nicht warum und will ihn befreien. Dabei wird er von den Erwachsenen überrascht. Als nun auch Hubschrauber über das Dorf fliegen, die nach dem Entführten suchen, entscheiden die Erwachsenen, Filippo zu töten. Michele, der sie bei ihren Plänen belauscht hat, versteht zwar immer noch nichts, weiß aber, was zu tun ist.
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Die offenen Adern der Nordamerikaner

Der Kalender der Azteken war in Zyklen von 52 Jahren unterteilt. Im 12. Jahr sollte ihr Gott des Windes, des Himmels, des Krieges – Schöpfergott Quetzalcoatl von Osten zurückkehren und das goldene Zeitalter einläuten. Zufällig war dieses 12. Jahr nach dem damals noch gültigen julianischen Kalender das Jahr 1519 und aus dem Osten kam nicht Quetzalcoatl, sondern Hernan Cortez, der vom damaligen König der Azteken, Moctezuma II für den angekommenen Gott gehalten wurde, weshalb sein Volk ihm widerstandslos das Land übereignete.
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My Girl

My Girl, Thailand 2003, diverse Regisseure

Eine Straße bestimmt das Leben des kleinen Jaeb. Der Verkehr darauf (sowie die infolge eines dort beobachteten Unfalls entstandene Angst davor) begrenzt das Territorium, in dem er sich entfalten kann, begrenzt gleichermaßen die Gebiete, in denen unterschiedliche Grundschüler-Cliquen das Sagen haben und determiniert somit auch den Freundeskreis der hier aufwachsenden Kinder. Im Falle von Jaeb sind das ein paar Mädchen aus der Nachbarschaft, vor allem die süße Noi Nah, die nur zwei Häuser weiter wohnt und die kaum älter ist als er selbst. Während beider Mütter sich recht nahe stehen, sind die Väter Konkurrenten auf einem schmalen Feld: Beide betreiben Friseursalons. Zwischen beiden eingekeilt ein kleiner Lebensmittelladen, dessen Betreiber infolge der eitlen Anwandlungen der beiden Barbiere für einen simplen Haarschnitt durch die ganze Stadt fahren muss.
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