»Schneller, stärker und besser als jeder andere Mensch«

Das Cyborg-Konzept wies in den frühen 1970er-Jahren bereits eine vielfältige Tradition nicht nur in der Science Fiction, sondern auch der Technik-Debatte auf. Schon bevor der Begriff 1960 durch einen US-amerikanischen Arzt und einen Computerwissenschaftler definiert wurde, fand sich das Konzept  in Literatur und Film: ein Mensch, dessen Körper durch technische Ergänzungen bzw. den Austausch von biologischen durch technische Organe Fähigkeiten erhält, die über die biologischen hinausgehen. Die Tatsache, dass der Cyborg mit „Der 6-Millionen-Dollar-Mann“ 1974 ins Fernsehen kam und dort sogar noch ein Spin-Off nach sich zog, zeigte, wie populär und gleichzeitig angstbesetzt die Vorstellung ist. Universum-Film hat nun die ersten beiden Staffeln der Serie als DVD-Boxen veröffentlicht.

Die Serie basiert auf der literarischen Vorlage des SF-Autors Martin Caidin, der sich bereits davor mit technik-sozialen Fragestellungen und Prognosen im Modus der Utopie beschäftigt hat (etwa in seinem 1968 erschienenen Roman „Der große Computer“/“The God Machine“). Vorlage für „Der 6-Millionen-Dollar-Mann“ ist sein vierteiliger Romanzyklus „Cyborg“ (1972 – 1975) um den Astronauten Steve Austin, der beim Testflug mit einem neuen Raumfahrzeug so schwer verletzt wird, dass einige seiner Organe durch technische Prothesen ersetzt werden müssen: ein Auge, ein Arm und beide Beine. Die  sechs Millionen Dollar teure Operation – daher der Name – befähigt ihn, schneller zu laufen, besser zu sehen und stärker zuzuschlagen als jeder andere Mensch. Unfall, Operation und Eigenschaften werden im Vorspann zu jeder Folge der Serie noch einmal vorgeführt und es wird klargestellt, dass Austin nun sogar „besser“ als jeder andere Mensch ist. Danach hat er sich dann als Agent der Geheimorganisation „Office of Scientific Intelligence“ in gefährlichen Missionen zu bewähren.

Im Prinzip unterscheidet die Serie nur wenig von ähnlichen „Superhelden“-Serien, deren Bandbreite von „McGyver“ bis „Superman“ reicht. Alle Fragen um Gut und Böse, Stärke und Schwäche, Verantwortung, Selbstverständnis usw. finden sich auch hier – allerdings ergänzt um die immer wieder auftauchende, wenn auch unausgesprochene Frage der conditio humana eines teilweise technoiden Menschen. Gehört Austin der Regierung, weil diese seine lebensrettende Operation bezahlt hat? Die Serie schifft immer wieder um die schwierig zu beantwortende Frage herum, indem sie Austin zusätzlich zum extrinsischen Grund (er handelt im Wortsinne im „Regierungsauftrag“) auch einen intrinsischen gibt: Stets haben die Aufträge auch eine für ihn persönliche Seite. Damit rettet er scheinbar seine Selbstbestimmung, schreibt sich aber trotzdem in die Gebrauchslogik seiner Auftraggeber, deren Wünsche immer schon auch seine sind.

Spannend ist darüber hinaus – und dies begründet die Dauer der Serie – das Durchspielen von Freund-Feind-Konstellationen. Auf welche Weise beweist sich der Cyborg im Zusammentreffen mit Schurken, Außerirdischen, Geistern und anderen Cyborgs? Gerade letzere Frage hat über den Serienplot hinaus gewirkt: Als Spinoff der 19. Folge der zweiten Staffel startete 1976 die Serie „The Bionic Woman“, die bis 1978 in drei Staffeln produziert wurde und hier in Deutschland unter dem Titel „Die 7-Millionen-Dollar-Frau“ zu sehen war. Dass sich beide Cyborgs fanden und eine Liaison miteinander eingehen würden, war bereits beim Auftauchen der weiblichen Menschmaschine in der Ursprungsserie klar – und wurde durch den Zuschauerwillen dann mehr und mehr ausgebaut. So bildete das Cyborg-Konzept nicht nur die Folie für verschiedene rein technische Projektionen, sondern ermöglichte auch einen Blick auf die Frage nach den neuen Qualitäten hybriden Lebens, wie etwa der Liebesfähigkeit von Maschinen. Das „Mann“ im Titel entfernt sich dadurch auch etwas vom Superhelden-Attribut zurück zum biologischen Wesen. Und als solcher eben nicht mehr „besserer“ Mensch ließe sich für Austin dann vielleicht doch ein Stück Selbstbestimmung (oder ist es nur das Folgen eines für die Maschine rudimentären biologischen Programms?) zurückerobern.


Das Intro zu jeder Episode

Der 6-Millionen-Dollar Mann – Staffel 1 & 2
(The Six Million Dollar Man, USA 1974-5)
Regie: Dick Moder u.a.; Buch: Martin Caidin u.a.; Musik: Oliver Nelson; Kamera: Enzo A. Martinelli, Arci Edens u.a.
Darsteller: Lee Majors, Richard Anderson, Martin E. Brooks, Lindsay Wagner u.a.
Länge: je 60 Min.
Verleih: Universum-Film

Die DVD-Boxen von Universum

Die beiden ersten Staffelboxen von „Der 6-Millionen-Dollar-Mann“  enthalten 17 (erste) und 22 Folgen (zweite Staffel) der Serie im englischen Originalton und mit deutscher Synchronisation. Zugaben wie Extras oder auch nur Untertitel gibt es leider nicht.

Die Ausstattung im Einzelnen:

Discs: 4 (1. Staffelbox), 5 (2. Staffelbox)
Bild
: 1,33:1 (4:3) – nicht anamorph
Ton: Deutsch (DD 2.0 Mono), Englisch (DD 2.0 Mono)
Laufzeit: 816 Min. (1. Staffelbox), 1008 Min. (2. Staffelbox)
FSK: ab 12 Jahren (1. Staffelbox), ab 16 Jahren (2. Staffelbox)
Preis: 17,99 Euro (1. Staffelbox), 22,90 Euro (2. Staffelbox)

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