»Im Zukunftswelt kann nichts geschehen.«

Nur drei Filmjahre, nachdem der Freizeitpark „Delos“ wegen technischer Störungen (die Roboter hatten fast alle Besucher umgebraucht) schließen musste, konnte er mit erweitertem Angebot wieder öffnen. Die Kartenpreise sind von 1000 auf 1200 US$ angehoben worden, die „Western-Welt“ wurde geschlossen und neben der „Römischen Welt“ und der „Mittelalter-Welt“ gibt es jetzt eine „Zukunfts-Welt“, in der die Besucher Ausflüge in den Weltraum und exotische, futuristische Abenteuer erleben können. „Passieren kann“, laut der optimistischen PR von „Delos“ nichts. Das glaubt das Journalisten-Pärchen Chuck Browning (Pter Fonda) und Tracy Ballard (Blythe Danner) nicht und lässt sich vor Ort die Interna des Roboter-Parks vorführen. Dabei stoßen sie auf Roboter, die, anders als drei Jahre zuvor, nun gar nicht mehr von Menschen zu unterscheiden sind. Das eröffnet potenziellen Verschwörungen natürlich Tür und Tor.

Dass „Futureworld“ kaum noch etwas mit Michael Crichtons „Westworld“ zu tun hat, außer, dass derselbe Handlungsort gewählt wurde, ist überdeutlich. Regisseur Heffron, der zuvor ausschließlich fürs Fernsehen gearbeitet hatte, lässt seinem Erstlingswerk (im selben Jahr wie „Futureworld“ erschien unter seiner Regie noch der Selbstjustiz-Thriller „Trackdown“) eine ganz andere Dramaturgie und einen ganz anderen Unterton angedeihen. War „Westworld“ noch mit ironischen Seitenhieben auf die hyperrealistische US-amerikansiche Unterhaltungsindustrie gespickt, so weicht diese in „Futureworld“ einem düsteren Verschwörungsplot. Die späten 1970er-Jahre haben nicht wenige Filme dieser Couleur hervorgebracht und gerade das Thema der politischen Unterwanderung der USA durch fremde Mächte schien zu dieser Zeit hochaktuelle im Kultur-Diskurs.

Dass es zwei Journalisten sind, die den Skandal von „Delos“ aufklären, hat seinen Grund wahrscheinlich ebenso in dieser zeitgenössischen Kultur-Topografie. Wichtige Militärs, Staatsmänner, Industrielle und eben auch die beiden Berichterstatter sollen nämlich durch Roboter-Doubles ausgetauscht werden, um möglichst Vertreter aller drei Mächte zu kontrollieren. Die Leitung von „Delos“ möchte auf diese Weise mit vorgeblich pazifistischen Intentionen in die Weltpolitik eingreifen und die Medien derartig manipulieren, dass immer mehr VIPs den Freizeitpark besuchen. Dass niemand diese Doubles auf den ersten Blick erkennen kann, sie sich auf den zweiten aber durch eine gewisse Emotionslosigkeit auszeichen ist ein wichtiges Element. „Futureworld“ reiht sich damit ein eine Kette von Verschwörungsfilmen ein, die das so genannte „Capgras-Syndrom“ in ihre Plots implementieren. Es beschreibt eine psychische Störung, bei der der Betroffene glaubt, dass ein ihm nahestehender Mensch durch einen Doppelgänger ausgetauscht wurde. 1977 hat Philip Kaufman dieses Motiv in seinem „Body Snatchers“-Remake aufgegriffen und auf die Spitze getrieben.

Hinter der Doppelgänger-Verschwörung steht nach kanonischer Interpretation immer eine politische Paranoia, die die US-amerikanische Demokratie durch gefühllose Mächte (d. h. Kommunisten) unterwandert sieht. Dass dies im Fall von „Futureworld“ nun Roboter sind, führt dieses Motiv gewissermaßen an seinen Endpunkt. Die Protagonisten, ja selbst die Hersteller der Roboter, können die Originale nicht mehr von den Kopien unterscheiden, weil die neueste Roboter-Technologie eben gar keine Maschinen, sondern Doppelgänger aus Fleisch und Blut hervorgebracht hat, die durch Hypnose-Techniken programmiert wurden. Zunächst daran, dass das Reporterpärchen ein „unnachahmliches“ Love-Interest zueinander etwickelt, lässt sich Mensch noch von Maschine unterscheiden. Doch subtiler gibt es noch ein zweites Erkennungszeichen: Die beiden lügen, wie es nur Journalisten können.

Ihre Lügen sind nämlich nicht bloß inhaltlich-informationeller Natur (das könnten die Roboter wohl ebenso), sie haben auch performativen Charakter: Dass, was Zeitungskollumnist Chuck in „Delos“ veranstaltet, könnte man am ehesten als investigativen Journalismus bezeichnen – und der funktioniert vor allem dadurch, dass man sich als jemand anderes ausgibt als man eigentlich ist. Im Falle Chucks sehen die „Delos“-Verantwortlichen einen kritischen Lokal-Reporter der Tagespresse, bekommen es aber mit einem Saboteur und Meister der Verstellung zu tun. In gewisser Weise scheitert die Verschwörung also daran, dass man sich zwei wesentlich gewieftere Verschwörer ins Haus geholt hat. Was „Futureworld“ damit über den Journalisten-Ethos aussagt ist durchaus nicht eindeutig. Ist es nun gut oder schlecht, dass der Pressemensch Chuck alles für eine gute Story tut – bis hin zur Selbstverleugnung? Die Welt mag er damit zwar retten, das Bild der „dritten Macht im Staat“ – der Presse – stabilisiert dadurch jedoch seine ambivalente Rolle als „Verschwörer innerhalb der Verschwörung“ – ein weiterer Topos des paranoiden Verschwörungsfilms.

Futureworld
(USA 1976)
Regie: Richard T. Heffron; Buch: George Schenck & Mayo Simon; Musik: Fred Karlin; Kamera: Gene Polito & Howard Schwartz; Schnitt: James Mitchell
Darsteller: Peter Fonda, Blythe Danner, Arthur Hill, Yul Brynner, John P. Ryan, Stuart Margolin u. a.
Länge: 103 Minuten
Verleih: KOCH Media

Die DVD von KOCH

Von KOCH erscheint „Futureworld“erstmalig auf dem deutschen DVD-Markt. Zur DVD gehören ein vierseitiges Bookletmit einem Essay über den Film und biografischen Informationen über Peter Fonda. Das bemerkenswertes Gimmick ist jedoch die vollständige 60-minütige Super8-Version des Films in den Extras.

Die Ausstattung der DVD im Einzelnen:

Bild: 1.85:1 (16:9)
Ton: Deutsch (DD 2.0), Englisch (DD 2.0)
Untertitel: keine
Extas: Super8-Fassung (4:3, deutsch), deutscher Trailer, Bildergalerie
Wendecover: Ja
FSK: ab 12 Jahren
Preis: 9,95 Euro

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